Название: Mann und Weib
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Das war der Gasthof, in welchem Anne Silvester allein, mit keinem weiteren Gepäck als einer kleinen Handtasche absteigen wollte; das war die Frau, deren Abneigung, sie bei sich aufzunehmen, Anne naiv genug war mit ihrer Börse überwinden zu wollen.
»Bitte, nennen Sie mir den Preis, ich bin bereit, ihn im Voraus zu bezahlen.«
Ihre Majestät Mrs. Inchbare würdigte der Börse keines Blickes.
»Die Sache ist die, Madame«, antwortete sie, ich kann Ihr Geld nicht nehmen, wenn ich Ihnen die verlangten Zimmer im Hause nicht geben kann. Das Craig Fernie Hotel ist ein Familien-Hotel und hat für die Aufrechthaltung seines guten Rufes zu sorgen.
Sie sehen mir viel zu gut aus, mein liebes Kind, um allein zu reisen.«
Es gab eine Zeit, wo Anne eine solche Bemerkung gebührend zurückgewiesen haben würde. Die harte Nothwendigkeit ihrer gegenwärtigen Lage machte sie jetzt geduldiger.
»Ich habe Ihnen schon gesagt«, erwiderte sie, »daß mein Mann mir noch heute hierher folgen wird« – und bei diesen Worten seufzte sie schwer und sank, unfähig länger zu stehen, in den nächsten Stuhl.
Mrs. Inchbare empfand bei ihrem Anblick gerade so viel Mitleid, wie sie geäußert haben würde, wenn ein verlaufener Hund mit wunden Füßen vor ihrer Thür niedergefallen wäre.
»Nun, lassen Sie es gut sein, bleiben Sie eine Weile hier und ruhen sich aus, dafür nehmen wir nichts und wir wollen dann sehen, ob Ihr Mann kommt, ich möchte lieber ihm als Ihnen die Zimmer vermiethen und somit guten Morgen!«
Mit dieser schließlichen Kundgebung ihres königlichen Willens zog sich die Beherrscherin des Gasthofes zurück; Anne antwortete nichts. Sie wartete bis die Wirthin das Zimmer verlassen hatte und that sich dann nicht länger Gewalt an. In ihrer Lage mußte sie jeden gegen sie ausgesprochenen Argwohn doppelt als eine Beleidigung empfinden. Heiße Thränen der Scham entrannen ihren Augen und ein furchtbares Herzweh bemächtigte sich ihrer. Plötzlich hörte sie ein kleines Geräusch im Zimmer; sie stutzte, sah aus und entdeckte in einer Ecke des Zimmers einen Mann, der die Möbel vom Staube reinigte und offenbar ein Kellner im Wirthshause war. Er hatte sie bei ihrer Ankunft in das Wohnzimmer geführt und sich daselbst bis zu diesem Augenblick so ruhig verhalten, daß sie ihn gar nicht gewahrt hatte.
Es war ein alter Mann, mit einem blinden und verschleierten und einem thränenden, munter blickenden Auge, mit kahlem Kopf, gichtischen Füßen, einer Nase, die mit Recht als die größte und rötheste von ganz Schottland berühmt war, und einem Munde, den die milde Weisheit des Alters in einem sanften Lächeln geheimnißvoll umspielte.
In der Berührung mit dieser verderbten Welt zeigte er in seinem Wesen die glückliche Mischung zweier Extreme, der vollkommensten Unabhängigkeit und der demüthigsten Servilität, deren nur ein Schotte fähig ist. Eine ungeheure natürliche Unverschämtheit, welche die Leute amüsirt, aber nicht verletzt, und eine unberechenbare Schlauheit, die sich gewöhnlich hinter der Doppelmaske einer eigenthümlich vorurtheilsvollen Befangenheit und eines trockenen Humors verbirgt, war die solide moralische Grundlage, auf welcher der Charakter dieses alten Mannes beruhte.
Keine noch so große Quantität von Whisky war im Stande, ihn betrunken zu machen und kein noch so leidenschaftliches Klingeln vermochte je seine Bewegungen zu beschleunigen. Das war der Oberkellner im Craig-Fernie-Hotel, weit und breit bekannt als Mr. Bishopriggs, Mrs. Inchbare’s rechte Hand!
»Was machen Sie da?« fragte Anne in scharfem Tone.
Bishopriggs drehte sich auf seinen gichtischen Füßen um, schwenkte sein Staubtuch ruhig in der Luft und sah Anne mit einem milden Lächeln an. »Ich? ich wische den Staub von den Möbeln und bringe das Zimmer für Sie hübsch in Ordnung!«
»Für mich? Haben Sie nicht gehört, was die Wirthin gesagt hat?«
Bishopriggs näherte sich ihr vertraulich und wies mit einem sehr unsichern Zeigefinger auf die Börse welche Anne noch in der Hand hielt.
»Machen Sie sich keine Sorge wegen der Wirthin«, sagte das weise Haupt der Kellner von Craig-Fernie; »Ihre Börse spricht für Sie Madame; stecken Sie sie ein«, rief er, indem er die Versuchung mit seinem Staubtuch von sich jagen zu wollen schien; »stecken Sie sie ein. So lange Menschen, Menschen sind, sage ich, hat eine Frau, die Geld in der Börse hat, überall ihren Werth!«
Anne’s Geduld, die härtere Proben bestanden hatte, riß bei diesen Worten.
»Was fällt Ihnen ein, daß Sie so vertraulich mit mir reden?« fragte sie, zornig auffahrend.
Bishopriggs nahm das Staubtuch unter den Arm und schickte sich an, Anne zu überzeugen, daß er die Ansicht der Wirthin über ihre Lage theile, ohne in der Strenge der Prinzipien mit ihr übereinzustimmen. »Es giebt keinen Menschen auf der Welt, sagte er, der mehr Nachsicht für menschliche Schwächen hätte als ich. O, warum soll ich nicht vertraulich mit Ihnen sein, ich, der ich alt genug wäre, Ihr Vater zu sein und gerne bereit bin, diese Rolle zu übernehmen. Kommen Sie, liebes Kind, bestellen Sie sich ein Bischen Mittagessen. Einerlei ob der Mann da ist oder nicht, Sie haben einen Magen und müssen essen. Wir haben Fisch und Geflügel oder vielleicht ziehen Sie Hammelbraten vor, den Sie aufgebraten bekommen können, wenn die Table d’hote vorüber ist!«
Es gab nur eine Art« ihn los zu werden. Bestellen Sie für mich, was Sie wollen, nur lassen Sie mich allein!«
Bishopriggs war mit dem ersten Theil dieses Satzes vollkommen einverstanden und nahm von dem zweiten nicht die geringste Notiz. »Uebertragen Sie mir nur die Wahrnehmung Ihrer Interessen, das ist das Klügste was Sie thun können, fragen Sie nur nach Bishopriggs, so heiße ich, wenn Sie eines anständigen, respectablen Mannes bedürfen, um Ihnen ein Rath zu geben. Setzen Sie sich doch! Aber nicht in den Lehnstuhl, den braucht Ihr Mann, wenn er kommt.«
Mit diesem passenden Scherz ging der ehrwürdige Bishopriggs Augenzwinkernd zur Thür hinaus. Anne sah nach der Uhr. Nach ihrer Berechnung konnte es nicht mehr lange dauern, bis Geoffrey im Gasthof eintreffen mußte, wenn er Windygates zur verabredeten Zeit verlassen hatte. – Noch ein wenig Geduld und die Skrupel der Wirthin würden beseitigt und die harte Prüfungsstunde für sie vorüber sein. Hätte sie nicht anderswo mit ihm zusammen treffen können, als in diesem barbarischen Hause, unter diesen barbarischen Menschen? Nein, außer in Windygates hatte sie in ganz СКАЧАТЬ