Kreidekreis. Klabund
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Название: Kreidekreis

Автор: Klabund

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ vieler Grade. Ich gebe das Spiel auf, aber nur, um ein besseres Spiel zu beginnen.

      HAITANG: Und welches Spiel?

      PAO: Das Spiel der Liebe.

      HAITANG: Das Spiel der Liebe? Ich wußte nicht, daß die Liebe ein Spiel sei. Als mein Vater sagte: Ich liebe dich, da war seine Stirn gefurcht, sein Auge glänzte, da spielte er nicht mit mir.

      PAO: Die Liebe des Vaters, die Liebe des Mannes: es ist ein Unterschied wie zwischen Blumenliebe und Tierliebe. Blumen lieben einander vielleicht wie Vater und Tochter. Löwen lieben einander wie Mann und Frau.

      HAITANG: Ich bin noch keine Frau, bin nur ein Mädchen. Soll ein Löwe eine Blume lieben? Seien Sie nur eine Vase, in die man eine Blume stellt für einige Stunden. Soll ich Ihnen das Blumenschiff unseres großen lyrischen Meisters Su Tung Po rezitieren?

      Im Meere hinter Brandungsschaum und Riff

      Schwimmt wie ein Kormoran das Blumenschiff.

      Ich bin nicht gegen seinen Duft gefeit.

      Ich heb den Arm. Das Schiff ist allzu weit.

      Mimosen hängen traubengleich am Bug.

      Ein Fächer schlägt den Takt zum Ruderzug.

      Ich werfe eine Blume in das Meer,

      Die treibt nun auf den Wellen hin und her.

      Vielleicht, daß, wenn der Wind sich abends dreht,

      Er meine Blume bis zur Barke weht . . .

      (Einen Augenblick Schweigen.)

      Können Sie mir dies Gedicht kommentieren?

      PAO: Ich wandle am Strand des Meeres. Die Wogen schäumen: Vergänglichkeit . . . Vergänglichkeit . . . Ich denke des blauen Meeres von Ku Ku-Noor, des toten Meeres, wo die Gebeine der Unbestatteten am Strande verwesen. Welches Kind, welcher Enkel soll mir die Ahnengebräuche erweisen, soll mich bestatten, da mir die Mutter meiner künftigen Kinder ihr jungfräuliches Herz verweigert? Wie die Wellen sich am Riff brechen, so bricht mein strömendes Herz am starren Herzen der Geliebten. Wie fern weilt sie mir! Auf den Wogen des Meeres, unerreichbar weit wie der Kormoran, gleitet, in der Silhouette einem Kormoran nicht unähnlich, dort nicht ein Schiff der Freude, des Gesanges und des Tanzes auf Bastschuhen, der leichten Lust und der schweren Liebe, ein Blumenschiff? Der Gesang klingt zu mir einsam Wandelnden hinüber; herüber weht ein Duft von Blumen und Parfümen. Ein Mädchen winkt mit dem Fächer, mit dem sie den Takt der Ruderschläge begleitet, nach dem Lande. Langsam gleitet das Blumenschiff. Mir ist es, als trüge meine Freundin dahin . . . dahin . . . Wohl wäre es möglich, das Schiff zu halten mit einem Ruf, daß es auf mich den Kurs nähme, aber was gewönne ich? Ich vermöchte wohl mit Gold das Blumenmädchen zur Hingabe, doch niemals zur Liebe der geliebten und liebenden Seele zu zwingen.

      HAITANG: Liebe muß herzlich und sinnvoll mit der reinsten Leidenschaft, dem herrlichsten Herzen errungen, sie kann nicht erzwungen werden.

      PAO: Nichts anderes vermag ich, als dem Blumenschiff eine Blume zuzuwerfen

      (er wirft Haitang eine Blume zu, die sie aufnimmt)

      als Symbol meines Herzens. Vielleicht, daß die Winde des Schicksals es an den Ort seiner Bestimmung führen.

      HAITANG: Sie sind so nachdenklich! Soll ich Sie erheitern? Soll ich tanzen? Ich kann den Tanz der vier Jahreszeiten, den Tanz des Südwindes, den komischen Tanz des Herdgottes. Soll ich spielen? Die ewige Frühlingsmusik? Soll ich singen? Das Lied vom weißen Haupt?

      Wie der Schnee so weiß,

      Wie der Mond so weiß

      Werden unsre Häupter einmal sein.

      Soll ich etwas malen oder zeichnen? Hier ist ein Stück Kreide, mit dem Herr Tong am Türpfosten wohl säumige Schuldner aufzuschreiben pflegt. Ich werde hier auf die schwarze Tapete mit der weißen Kreide einen Kreis zeichnen. (Tut es.)

      PAO: Der Kreis ist das Symbol des Himmelsgewölbes, der Kreis ist das Symbol des Ringes, der Gatten aneinander schmiedet, Herzring an Herzring reiht.

      HAITANG: Was außerhalb dieses Kreises ist, ist das Nichts. Was innerhalb dieses Kreises ist, ist das All. Wie verbinden sich Nichts und All? Im Kreise, der sich drehend fortbewegt,

      (zeichnet Speichen in den Kreis)

      im Rad, das rollt. Ich bin an das Rad geschmiedet, das Rad des Schicksalswagens, den die Sonnenrosse durch die Äonen mit sich reißen. Ein junger Gott steht mit feuriger Peitsche im Wagen und treibt die Rosse. Er achtet meines Jammers und meiner Tränen nicht.

      PAO: Ich knie vor dir, Kwanyin, Göttin der Reinheit.

      HAITANG: Stehen Sie auf, was tun Sie? (Wischt die Speichen aus dem Kreise.)

      Sehen Sie den Kreis, er ist schon wieder leer. jetzt umrundet er das Symbol des Spiegels, in dem ich mich eitel drehe und wende.

      (Dreht sich vor dem Kreis wie vor einem Spiegel.)

      PAO: Lösen Sie ihn, Schwester vom grünen Gürtel.

      HAITANG: In dieser Hand, die noch keinen Mann geliebkost hat, steht mein Schicksal geschrieben. Wie verläuft die Linie meines Lebens? Ich sehe es im Spiegel, verkehrt.

      PAO: Ich werde diesen Spiegel zerschlagen. (Ballt die Faust.)

      HAITANG: Dann schlagen Sie auch das Bild im Spiegel und schlagen mich. Wollen Sie mich schlagen? Ich bin schon einmal heute geschlagen worden.

      PAO: Wer schlug Sie? Ich werde ihn stäupen lassen.

      HAITANG: Ich habe seinen Namen vergessen; es war kein böser, es war nur ein schwacher Mensch. Aber sehen Sie, ich will dem Spiegel einen anderen Charakter geben, ich schreibe ein paar Zauberzeichen in den Kreidekreis,

      (macht mit der Kreide ein paar Striche)

      und schon blickt aus dem Spiegel Ihr Gesicht. Finden Sie sich ähnlich?

      (Lachend.)

      Habe ich Sie gut getroffen?

      PAO: Sie haben mich getroffen, Sie haben mich gut getroffen, Sie haben mich ins Herz getroffen.

      HAITANG (zu dem Bild):

      Ich wollte, dieser wäre mein Freund . . .

      Zwei schwarze Vögel seine Blicke sich wiegen,

      Die mit den Adlern um die Wette fliegen.

      Lange Wimpern schatten ihre Glut,

      Wie Weidengesträuch, das vor einem Waldsee ruht.

      Seine Hände leuchten schlank;

      Blasser Erinnerungen sind sie krank.

      Aber die Lippen hat er schmalrot zusammengebissen,

      Als wollten sie nichts von Küssen

      Und nichts von Lächeln mehr wissen.

      Weh, sie sind wie des großen Räubers gedoppeltes Schwert,

      Das rotsingend durch meine schlaflosen Nächte fährt. –

      Immer, wenn ich morgens in den Spiegel sehe, werde ich an Sie denken.

      PAO: Ich lasse mir jeden Spiegel gefallen, den Sie mir vorhalten. Wie aber, wenn ein anderer mein Bild innerhalb des Kreidekreises auswischt oder auslöscht und sich an seine Stelle setzt?

      (Ein СКАЧАТЬ