Lu die Kokotte. Artur Landsberger
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Название: Lu die Kokotte

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ gingen die Treppe hinunter, bestiegen den Wagen und fuhren, ohne ein Wort zu sprechen, zur Wohnung des Universitätsprofessors.

– — – — – — – — – —

      X

      »Was werden wir wieder zu hören bekommen?« sagte der Geheimrat Walther, als er ins Arbeitszimmer des Professors trat und ihn, wie den Oberlehrer, der gewohnheitsgemäß fünf Minuten vor der vereinbarten Stunde erschienen war, begrüßte.

      »Er wird nicht mehr zahlen wollen«, erwiderte der Professor; und der Oberlehrer nickte, rieb sich die Hände vor Vergnügen und sagte:

      »Meine Frau hat einen seinen Spürsinn; schon am vorigen Ultimo hat sie’s vorausgesagt; . . . wie schade, daß wir kein Telephon haben, es würde ihr Freude machen . . .«

      Ein Blick des Professors strafte ihn; und um seine Entgleisung gut zu machen, fuhr er fort: »Nicht als ob meine Frau den Leuten das Almosen nicht gönnt! Nur sind wir nach allem Vorangegangenen der Meinung, daß die Hälfte auch genug gewesen wäre!«

      »Man soll der Wohltätigkeit keine Schranken setzen«, dozierte der Professor. – Gewiß wäre die Hälfte übergenug, dachte er; er hat ganz recht . . . aber man spricht es nicht aus.

      »Und was geschieht wirklich,« fragte besorgt Geheimrat Walther, »wenn dieser Mohr seine Zahlungen an Kerstens aus irgendeinem Grunde einstellt? Wie soll ich es erklären, daß ich plötzlich ohne jeden Grund meine Hand von der Familie ziehe, nachdem ich monatelang, ohne mich sonst um sie zu kümmern, pünktlich und regelmäßig bezahlt habe?«

      »Hast du dich denn für eine bestimmte Zeit verpflichtet?« fragte der Professor.

      »Das nicht«, erwiderte Walther.

      »Also liegt auch keine juristische Verbindlichkeit vor!« erklärte er. »Und moralisch, glaube ich, haben wir alles getan, was in Anbetracht der Verhältnisse möglich war.«

      Abermals stimmte der Oberlehrer bei: »Meine Frau meint sogar, daß es moralischer gewesen wäre, man hätte sich gar nicht mehr um sie gekümmert; und ich muß sagen, in gewissem Sinne hat sie nicht ganz unrecht; denn das echte deutsche Familienleben hatte in diesem Hause wohl nie eine Heimstatt.« Und dabei dehnte sich seine breite Brust, daß es aussah, als müsse der enge Gehrock auseinander platzen.

      Im selben Augenblick meldete das Mädchen den Kommerzienrat Mohr und Aletto.

      »Ich lasse bitten«, rief der Professor, und in der Tür erschien Mohr und Aletto.

      Der Kommerzienrat stellte vor. Die Herren verbeugten sich.

      »Und welchem Umstande verdanken wir Ihre Anwesenheit?« fragte der Professor, zu Aletto gewandt.

      »Sie werden gleich hören«, antwortete Mohr; »ich werde Ihre Zeit wohl etwas länger in Anspruch nehmen – es wäre daher vielleicht gut, wenn wir uns setzen.«

      »Bitte!« sagte der Professor, und sie setzten sich um einen runden Tisch herum, der in der Mitte des Zimmers stand.

      Der Oberlehrer zog aus Gewohnheit sogleich Bleistift und Notizbuch aus der Tasche; der Professor hauchte an sein Pincenez und bearbeitete es mit seinem Leinentuch; der Geheimrat faltete die Hände und dachte an seine Geschäfte. Und der Kommerzienrat, dem zumute war, als handle es sich um ein wichtiges Geschäft, das ihm ein anderer streitig machte, schnalzte mit der Zunge und begann:

      »Um mich kurz zu fassen: dieser Herr hier bewirbt sich um die Hand des Fräulein Kersten.«

      »Was?« sagten alle drei zur gleichen Zeit und rissen die Mäuler auf und waren so erstaunt, daß sie gar nicht daran dachten, sie wieder zu schließen.

      »Er kam zu mir und bat mich als Vormund pflichtgemäß um meine Einwilligung. Natürlich fühlte ich mich außerstande, zu entscheiden, wer von uns beiden der Würdigere ist.«

      Es entstand eine Pause, in der einer den andern fragend ansah. Dem Geheimrat lag es auf den Lippen, ob denn der neue Bewerber auch die finanziellen Lasten, die mit diesem Personenwechsel verbunden waren, übernehmen würde; aber er dachte, es wäre taktvoller, wenn erst mal die ideelle Seite der Sache behandelt würde.

      »Ich begreife gar nicht«» sagte denn auch schon der Professor, »ich dachte, daß die Frage längst entschieden sei. Also sind es ältere Rechte, die dieser Herr geltend macht.«

      »Nein!« antwortete Aletto.

      »Worauf sonst stützen Sie Ihre Forderung?« fragte er ihn.

      »Welche Forderung?« fragte Aletto.

      Der Professor sah erst ihn, dann den Kommerzienrat an; schüttelte den Kopf und sagte nach einer Weile:

      »Ja, ich denke, Sie fordern, daß wir in Ihre Ehe mit der bewußten Dame einwilligen. Sie werden uns dann also schon erklären müssen, worauf Sie eigentlich Ihren Anspruch gründen.«

      »Auf unsere Liebe!« erwiderte Aletto mit dem selbstverständlichsten Gesichte von der Welt.

      »Pappelapapp!« fuhr ihn der Professor an. »Für solche Luxusartikel scheint mir augenblicklich die ganze Situation der Familie wenig zugeschnitten zu sein. Aber selbst wenn sie es wäre, so würde sich der spezielle Fall doch damit erledigen, daß Herr Kommerzienrat Mohr, was Ihnen nicht bekannt zu sein scheint, bereits der von der Familie anerkannte künftige Gatte der betreffenden Dame ist. Und damit erübrigt sich wohl jede weitere Diskussion.«

      Aletto wollte erwidern. Aber Mohr kam ihm zuvor.

      »Sie werden begreifen, meine Herren, daß ich lediglich aus der Priorität nicht ein Recht herleiten möchte; da müssen doch andere Faktoren den Ausschlag geben.«

      »Vergessen Sie nicht, daß wir in einem Rechtsstaat leben,« belehrte ihn der Professor, »in dem alles seine Ordnung hat. Das wäre ja helle Anarchie! Denken Sie doch, wo das hinführen würde!«

      Aletto sah bald: mit diesen Leuten zu diskutieren, war zwecklos. Diese Menschen ließen sich nicht überzeugen; sie klebten an Begriffen und verurteilten alles, was nicht herdenmäßig ihre ausgetretene Straße ging. Nur was sie dachten und taten, war das Normale; während alles, was nicht in dem engen Kreise ihrer beschränkten Einsicht lag, für sie nicht existierte.

      »Schließlich ist aber eine Ehe doch nicht nur ein Zweckverband!« sagte Mohr sehr gegen seine Überzeugung. »Ich weiß mich von allen Sentiments frei; aber am Ende muß doch auch so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl vorhanden sein. – Und was die geschäftliche Seite der Angelegenheit betrifft, so würde durch den Eintritt des Herrn Aletto in meine Position die Lage unverändert bleiben.«

      Geheimrat Walther begann wieder Interesse zu gewinnen.

      »Denn,« fuhr Mohr fort, »Herr Aletto verpflichtet sich zu den gleichen Leistungen, wie ich sie der Familie Kersten gegenüber übernommen habe!«

      Ganz gegen seine Absicht sagte der Geheimrat: »Soo!«

      »Es bliebe also lediglich das Ideelle, womit wir uns zu beschäftigen hätten. Und da« – er wurde pathetisch – »muß ich denn doch sagen, daß der große Altersunterschied zwischen Fräulein Luise und mir entschieden zugunsten des Herrn Aletto spricht. Hinzu kommt – und das bedingt moralisch meinen Verzicht«, daß Fräulein Luise sich bereits für Herrn Aletto, also gegen mich, entschieden hat.«

      »Das ist ja unglaublich!« rief der Oberlehrer.

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