Старик-годовик. Владимир Даль
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Старик-годовик - Владимир Даль страница 16

Название: Старик-годовик

Автор: Владимир Даль

Издательство:

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 978-5-699-47121-8

isbn:

СКАЧАТЬ eine Bezeichnung als Philosoph17, denn Guys liebt zu sehr die „choses visibles, tangibles, condensés à l’état plastique“, um sich für das Reich der metaphysischen Dinge erwärmen zu können. Es bleibt die Charakterisierung als „moraliste pittoresque“ nach Art La Bruyères übrig.

      Auf diesen allgemeineren Teil folgt der spezielle, der sich mit Guys’ Verhältnis zum Leben in der Großstadt beschäftigt und in dessen Mittelpunkt – getreu dem Bild des „peintre de mœurs“ – das Verhältnis zur Menschenmenge gerückt wird. Schon in der Kapitelüberschrift war Guys in Anspielung auf den Titel der Poeschen Erzählung als „homme des foules“ bezeichnet worden. Bei Poe ist der „man of the crowd“ jedoch ein alter Mann, dem der Erzähler eine Nacht und einen Tag lang auf seiner Suche nach Menschen durch die Straßen der Stadt folgt, bevor er begreift, dass der Alte „the type and the genius of deep crime“ ist, der nicht allein sein kann18. Indem Baudelaire die Titelbezeichnung auf den Künstler Guys anwendet, dessen Verhalten demjenigen von Poes Erzähler gleicht, spielt er – wie übrigens schon Poe – mit den beiden Erzählebenen und deutet den „homme des foules“ im Sinne der Wahrnehmungsfähigkeit und Kreativität des Künstlers um, nicht ohne die satanische Beimischung der Figur des Poeschen Alten beizubehalten.

      Guys’ Verhältnis zur Menschenmenge beschreibt er darauf in aller Ausführlichkeit, wobei er noch stärker auf eine poetische und bildhafte Ausdrucksweise setzt als in Les Foules.

      La foule est son domaine, comme l’air est celui de l’oiseau, comme l’eau celui du poisson. Sa passion et sa profession, c’est d’épouser la foule. Pour le parfait flâneur, pour l’observateur passionné, c’est une immense jouissance que d’élire domicile dans le nombre, dans l’ondoyant, dans le mouvement, dans le fugitif et l’infini. Être hors de chez soi, et pourtant se sentir partout chez soi; voir le monde, être au centre du monde et rester caché au monde, tels sont quelques-uns des moindres plaisirs de ces esprits indépendants, passionnés, impartiaux, que la langue ne peut que maladroitement définir. L’observateur est un prince qui jouit partout de son incognito. L’amateur de la vie fait du monde sa famille, comme l’amateur du beau sexe compose sa famille de toutes les beautés trouvées, trouvables et introuvables; comme l’amateur de ta­bleaux vit dans une société enchantée de rêves peints sur toile. (S. 691f.)

      Die Menge ist Guys’ Lebenselement wie die Luft das des Vogels und das Wasser das des Fisches. Seine Leidenschaft und sein Bestreben ist es, in ihr aufzugehen („épouser la foule“). Als vollkommener Flaneur und leidenschaftlicher Beobachter („parfait flâneur“, „observateur passionné“) sucht er sich seine Heimstatt in ihrer wogenden Zahl, ihrer bewegten Flüchtigkeit und ihrer Unendlichkeit, die er genießt. Mit „une immense jouissance“, „le nombre“, „l’infini“ verwendet Baudelaire hier wieder Begriffe aus seinen Beschreibungen ekstatischer Zustände, „le fugitif“ verweist dazu auf das moderne Schöne. Das macht offenkundig, dass Guys inmitten der Menschenmenge den künstlerischen Enthusiasmus sucht. Deshalb wird er auch ein „parfait flâneur“ genannt, womit Baudelaire ihn vom gewöhnlichen Flaneur absetzt, der, wie man im Livre des cent-et-un erfahren konnte, die Menge aufsucht, weil er sie zum Leben braucht und ohne ihre ständige Bewegung vor Langeweile vergeht:

      Le voyez-vous mon flâneur, le parapluie sous le bras, les mains croisées derrière le dos; comme il s’avance librement au milieu de cette foule dont il est le centre, et qui ne s’en doute pas! Tout, autour de lui, ne parait marcher, courir, se croiser, que pour occuper ses yeux, provoquer ses réflexions, animer son existence de ce mouvement loin duquel sa pensée languit. […] Entouré de gens qui ont l’air de poursuivre, pendant toute la journée, un quart d’heure qu’ils ont perdu le matin, il est maître de son temps et de lui-même; il savoure le plaisir de respirer, de regarder, d’être calme au milieu de cette agitation empressée; de vivre enfin […]19

      Guys’ Motiv ist hingegen, wie schon beim Dichter, der „implacable appétit d’émotion, de connaissance et de beauté“, aus dem sich der künstlerische Enthusiasmus nährt und das Werk entsteht20. Dieses Ziel unterscheidet ihn vom „pur flâneur“, der das bloße „plaisir fugitif de la circonstance“ sucht – ein Unterschied, der gern übersehen wird:

      Ainsi il va, il court, il cherche. Que cherche-t-il? À coup sûr, cet homme, tel que je l’ai dépeint, ce solitaire doué d’une imagination active, toujours voyageant à travers le grand désert d’hommes, a un but plus élevé que celui d’un pur flâneur, un but plus général, autre que le plaisir fugitif de la circonstance.21

      Der „observateur passionné“, wie Guys zusätzlich genannt wird, erinnert wieder an die Leidenschaft des Beobachtens beim Erzähler von Balzacs Facino Cane und damit an eine weitere großstädtische Leitfigur der Zeit22. Guys’ „passion insatiable […] de voir et de sentir“ hatte Baudelaire zuvor schon gerühmt.

      Guys’ Eintauchen in die Menschenmenge wird in weiteren Bildern und Vergleichen ausgeführt, zunächst in Reisebildern, die seine Aufgeschlossenheit für alles Neue veranschaulichen: In der Fremde zu sein und sich doch überall zuhause zu fühlen, sich mitten in der Welt zu befinden und doch verborgen zu bleiben, das seien die Freuden solch unabhängiger, leidenschaftlicher Geister, die immer die Distanz des Beobachters wahren, dem Fürsten gleich, der sein Incognito genießt. Dann folgen die zum Teil schon aus Les Foules bekannten Metaphern und Vergleiche erotischer und verwandtschaftlicher Art, „l’amateur“ und „sa famille“ („L’amateur de la vie fait du monde sa famille, comme l’amateur du beau sexe compose sa famille de toutes les beautés trouvées, trouvables et introuvables“) und das bereits erwähnte „épouser“ („Sa passion et sa profession, c’est d’épouser la foule“). Sie erreichen hier jedoch nicht den Intensitätsgrad, den sie in Les Foules hatten („cette ineffable orgie“, „cette sainte prostitution de l’âme“). Stattdessen kommen moderne technische Vergleiche für das spannungsvolle Verhältnis von Menge und darstellendem Künstler hinzu:

      Ainsi l’amoureux de la vie universelle entre dans la foule comme dans un immense réservoir d’électricité. On peut aussi le comparer, lui, à un miroir aussi immense que cette foule; à un kaléidoscope doué d’une conscience, qui à chacun de ses mouvements, représente la vie multiple et la grâce de tous les éléments de la vie. (S. 692)

      Das „immense réservoir d’électricité“ ist die unerschöpfliche Inspirationsquelle, welche die Menge als eine den Enthusiasmus fördernde Umgebung und als Themenreservoir darstellt, während Guys selbst mit einem riesigen Spiegel und einem mit Bewusstsein versehenen Kaleidoskop verglichen wird, das mit jeder Bewegung die Vielfalt und Schönheit des Lebens wiedergibt. Die Vergleiche mit Spiegel und Kaleidoskop23 unterstreichen, dass der Maler ein der äußeren Realität zugewandter Augenmensch ist, der die „choses visibles, tangibles, condensés à l’état plastique“ liebt und sie wiedergibt, wie sie sich ihm zeigen. Der Dichter in Les Foules lebte dagegen vor allem in und von seiner Phantasie, mit deren Hilfe er den Menschen ergründete („entrer dans le personnage de chacun“). Das lässt die erotischen Metaphern in seinem Fall angebrachter erscheinen. Grundsätzlich gleichen sich jedoch Maler wie Dichter in ihrer künstlerischen Hingabe an die Menge und im Enthusiasmus, den diese in ihnen entfacht.

      Der Augenmensch in Guys wird auch erkennbar, wenn beschrieben wird, wie er die Schönheit der Großstadt und ihrer Menschen wahrnimmt und wie er darüber in den enthusiastischen Zustand gerät. Kaum ist er am Morgen erwacht, stürzt er sich in das taghelle Leben der Großstadt.

      „Quel ordre impérieux! quelle fanfare de lumière! […] Que de choses éclairées j’aurais pu voir et que je n’ai pas vues!“ Et il part! et il regarde couler le fleuve de la vitalité, si majestueux et si brillant. Il admire l’éternelle beauté et l’étonnante harmonie de la vie dans les capitales, harmonie si providentiellement maintenue dans le tumulte de la liberté humaine. Il contemple les paysages de la grande ville, paysages de pierre СКАЧАТЬ