Название: Der kleine Ritter
Автор: Генрик Сенкевич
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Hier versank der Prälat in Gedanken, dann erhob er die Augen und sprach weiter:
»Gott ist mächtig über alle, – wer weiß, welches seine Entschlüsse sind, wer weiß! Wenn ich bedenke, wie der gesamte Adel Euch glaubt und vertraut, so beobachte ich wahrhaftig mit Erstaunen, daß mir Hoffnung ins Herz kommt. Sagt mir aufrichtig, hat es für Euch je etwas Unmögliches gegeben?«
»Nie!« antwortete Sagloba mit Überzeugung.
»Zu schroff darf man diese Kandidatur nicht gleich aufstellen. Mag erst der Name an die Ohren der Menschen schlagen, aber mag er den Gegnern nicht zu drohend erscheinen. Mögen sie lieber lachen und höhnen, um nicht zu kräftige Hindernisse in den Weg zu legen … Vielleicht gibt auch der Himmel, daß er plötzlich in die Höhe kommt, wenn die anderen Parteien gegenseitig ihre Bemühungen vernichten; bahnt ihm langsam den Weg, werdet nicht müde in der Arbeit, denn er ist Euer Kandidat, würdig Eures Verstandes, Eurer Erfahrung … Gott segne Euch in diesen Bestrebungen!«
»Soll ich voraussetzen,« fragte Sagloba, »daß Ew. Hochwürden auch an den Fürsten Michael gedacht haben?«
Der Priester zog aus dem Ärmel ein kleines Büchlein, auf welchem in schwarzen Buchstaben der Titel stand: Censura candidatorum.
»Lest; diese Schrift soll für mich antworten.«
Bei diesen Worten schickte sich der Priester an aufzubrechen; Sagloba aber hielt ihn zurück und sagte:
»Gestattet mir, Hochwürden, noch etwas zu sagen. Vor allem danke ich Gott, daß das kleine Siegel sich in Händen befindet, welche die Menschen wie Wachs zu kneten verstehen.«
»Wie?« fragte der Kanzler verwundert.
»Dann aber sage ich Ew. Hochwürden von vornherein, daß die Kandidatur des Fürsten Michael mir sehr gefällt, denn ich habe seinen Vater gekannt und geliebt und habe mich unter seiner Führung samt meinen Freunden geschlagen, die auch aufjubeln werden bei dem Gedanken, daß sie dem Sohne die Liebe werden erzeigen können, die sie gegen den großen Vater hatten. Darum erfasse ich mit beiden Händen die Kandidatur; noch heute werde ich mit dem Herrn Unterkämmerer Krschyzki sprechen, mit dem ich nahe bekannt und befreundet bin, und der große Achtung beim Adel genießt, denn es ist wahrlich schwer, ihn nicht zu lieben. Wir werden dann beide tun, was in unseren Kräften steht, und gebe Gott, daß wir etwas erwirken!«
»Mögen Euch die Engel geleiten!« versetzte der Priester, »wenn dem so ist, so sind wir fertig.«
»Mit Erlaubnis, Hochwürden, noch sind wir nicht ganz fertig. Ich möchte nicht, daß Ew. Hochwürden denken: Ich habe ihm meine eigenen desiderata eingeredet, ich habe ihm eingeredet, daß er aus eigenem Verstande des Fürsten Michael Kandidatur erfunden hat; mit einem Worte, ich habe den Narren in meiner Hand geknetet, als ob es Wachs wäre … Hochwürden, ich werde den Fürsten Michael darum aufstellen, weil ich ihn liebe – da liegt's. Daß er Euer Hochwürden, wie ich sehe, auch gefällt – desto besser … Ich werde ihn aufstellen, der Fürstenwitwe zuliebe, meinen Freunden zuliebe, dem Vertrauen zuliebe, das ich zu dem Verstande habe« – hier verneigte sich Sagloba – »aus welchem diese Minerva entsprungen ist, aber nicht etwa deshalb, weil ich mir wie ein kleines Kind hätte einreden lassen, es wäre meine Invention; nicht deshalb endlich, weil ich ein Narr bin, sondern deshalb, weil der alte Sagloba, wenn ihm ein kluger Mann etwas Kluges sagt, einschlägt und Topp! ruft.«
Hier verneigte sich der Edelmann noch einmal und verstummte. Der Priester war anfänglich stark verwirrt, aber da er die gute Laune des Edelmannes sah, und da die Sache den gewünschten Verlauf nahm, so lachte er aus vollem Halse, faßte sich an den Kopf und wiederholte:
»Ulysses, Ulysses, beim Himmel, ein wahrer Ulysses! Mein lieber Freund und Bruder, wer was Gutes schaffen will, muß die Menschen verschieden zu nehmen wissen; aber mit Euch, sehe ich, muß man geradezu ins Schwarze. Ihr habt mir vortrefflich gefallen!«
»Ganz wie Fürst Michael mir.«
»Schenke Euch Gott Gesundheit. Ja, ich bin geschlagen, aber ich freue mich darüber! Ihr habt wohl Grütze im Kopf … Und dieser Siegelring, wenn er sich zum Andenken an unsere Begegnung eignet …«
Sagloba fiel ihm ins Wort: »… Und dieser Siegelring bleibe an seinem Platze.«
»Tut es schon für mich!«
»Das kann nimmer sein; vielleicht ein andermal … später einmal, nach der Wahl.«
Der Priester-Unterkanzler hatte begriffen und drängte nicht länger; aber er ging mit strahlendem Gesicht hinaus.
Sagloba begleitete ihn bis vor das Tor und brummte, als er zurückkam:
»Ha! Ich habe ihm eine Lehre gegeben, in mir hat er seinesgleichen gefunden … Aber die Ehre! Hier werden die Würdenträger vor dem Tore Auffahrt halten, um einander zuvorzukommen … bin doch neugierig, was die Frauen dort denken werden.«
Die Frauen waren in der Tat voll Bewunderung, und Sagloba wuchs bis zur Decke, besonders in den Augen der Frau Makowiezka. Sie rief ihm auch, kaum daß er sich zeigte, mit großem Feuer entgegen:
»Ihr habt den weisen Salomo übertroffen!«
Und er war sehr aufgeräumt.
»Wen habe ich übertroffen? Wartet nur, meine Gnädige, Ihr werdet hier die Hetmane und die Bischöfe und die Senatoren sehen, man wird sie kaum noch loswerden können, wir werden uns noch vor ihnen verstecken müssen.«
Das weitere Gespräch unterbrach das Eintreten Ketlings.
»Ketling, willst du eine Beförderung?« rief ihm Sagloba, noch ganz von seiner eigenen Bedeutung berauscht, entgegen.
»Nein,« erwiderte der Ritter traurig, »denn ich werde wieder auf lange Zeit fort müssen.«
Sagloba sah ihn aufmerksamer an.
»Warum bist du so niedergeschlagen?«
»Eben weil ich fort muß.«
»Wohin?«
»Ich habe Briefe aus Schottland empfangen von den alten Freunden meines Vaters und den meinigen. Meine Angelegenheiten erfordern durchaus, daß ich hinkomme, vielleicht auf lange … Es tut mir leid, von Euch zu scheiden, aber – ich muß!«
Sagloba trat in die Mitte des Zimmers, blickte bald Frau Makowiezka, bald die Mädchen an und fragte:
»Habt ihr's gehört? Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!«
Obwohl Sagloba die Nachricht von Ketlings Reise mit Erstaunen aufnahm, kamen ihm doch keine Vermutungen, denn man konnte leicht annehmen, daß Karl II. der Dienste gedachte, welche die Familie Ketling in den Tagen des Sturmes dem Throne erwiesen, und daß er dem letzten Abkömmling dieser Familie seine Dankbarkeit bezeigen wollte. Es konnte sogar auffällig erscheinen, wenn es anders gewesen wäre. Ketling hatte überdies Herrn Sagloba »überseeische Briefe« gezeigt und ihn schließlich ganz überzeugt. Andererseits aber drohte gerade die Reise alle Pläne des alten Edelmannes zu zerstören, und darum dachte er mit Sorge an das, was kommen würde. Wolodyjowski konnte, wie sein Brief merken ließ, jede Stunde eintreffen.
»Und die Winde haben ihm in der Steppe den letzten Rest der Trauer fortgeweht,« СКАЧАТЬ