Werner von Siemens. Fürst Artur
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Название: Werner von Siemens

Автор: Fürst Artur

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Berlin trat er auf, und seine Versammlungen wurden von vielen jungen Offizieren und Beamten besucht, die damals sämtlich liberal dachten.

      Werner Siemens hatte sich nicht allzusehr um diese Bewegung gekümmert, da seine naturwissenschaftlich-technischen Bemühungen ihn weit davon hinwegtrugen. Aber er sollte durch eine zunächst ganz äußerliche Berührung doch recht eng damit verknüpft werden. Über diesen Vorgang berichtet er in den »Lebenserinnerungen«:

      »Gerade als dieser Rongekultus auf seinem Höhepunkte angelangt war, machte ich mit sämtlichen Offizieren der Artilleriewerkstatt – neun an der Zahl – nach Schluß der Arbeit eine Promenade im Tiergarten. »Unter den Zelten« fanden wir viele Leute versammelt, die lebhaften Reden zuhörten, in denen alle Gesinnungsgenossen aufgefordert wurden, für Johannes Ronge und gegen die Dunkelmänner Stellung zu nehmen. Die Reden waren gut und wirkten vielleicht gerade deswegen so überzeugend und hinreißend, weil man in Preußen bis dahin an öffentliche Reden nicht gewöhnt war.

      »Als mir daher beim Fortgehen ein Bogen zur Unterschrift vorgelegt wurde, der mit teilweise bekannten Namen schon beinahe bedeckt war, nahm ich keinen Anstand, auch den meinigen hinzuzufügen. Meinem Beispiel folgten die übrigen zum Teil viel älteren Offiziere ohne Ausnahme. Es dachte sich eigentlich keiner dabei etwas Schlimmes. Jeder hielt es nur für anständig, seine Überzeugung auch seinerseits offen auszusprechen.

      »Aber groß war mein Schreck, als ich am anderen Morgen beim Kaffee einen Blick in die Vossische Zeitung warf und als Leitartikel einen »Protest gegen Reaktion und Muckertum« und an der Spitze der Unterschriften meinen Namen und nach ihm die meiner Kameraden fand.«

      Die Offiziere erfuhren bald, daß sie zur Strafe aus der Artilleriewerkstatt zu ihren Truppenteilen zurückversetzt werden sollten. Für Siemens drohte also die Gefahr, wieder nach Wittenberg zu kommen, wo natürlich weitere Bestrebungen auf dem Gebiet der Telegraphie unmöglich gewesen wären.

      Dagegen empörte sich alles in ihm, und er war schon stark genug, nicht bloß gegen das Schicksal zu wüten, sondern es zu meistern. Er faßte einen Entschluß, der bei jedem anderen als bei einem Menschen von genialer Kraft abenteuerlich zu nennen wäre.

      Etwas Besonderes mußte geschehen, um sein weiteres Verbleiben in Berlin zu ermöglichen, das sah er klar. Er mußte eine bedeutende Erfindung machen, und zwar sofort, auf der Stelle! Es war gar keine Zeit zu verlieren.

      Doch eine solche Eingebung greift man nicht aus der Luft. Siemens ließ darum alle ihm in letzter Zeit bekannt gewordenen Erfindungen an seinem Auge vorüberziehen, um zu sehen, ob darunter nicht eine wäre, die er in auffallender Weise fördern könnte. In einer schlaflosen Nacht fiel ihm da die Schießbaumwolle ein, die vor kurzem von Professor Schönbein in Basel erfunden worden war. Man setzte damals in artilleristischen Kreisen große Hoffnung in diesen Stoff, der bei weitem kräftiger explodierte als das bisher verwendete Schwarzpulver. Störend war nur, daß sich die Schießbaumwolle sehr schnell zersetzte und daher praktisch nicht verwendbar war.

      Siemens beschloß in seiner Not, die Schießbaumwolle haltbar zu machen, und ging sogleich mit loderndem Eifer an die Versuche. Von seinem alten Lehrer in der Chemie, Erdmann, erwirkte er sich die Erlaubnis, in dessen Laboratorium in der Königlichen Tierarzneischule experimentieren zu dürfen. Dort versuchte er und versuchte immer von neuem, Baumwolle mit Salpetersäure zu tränken. Er nahm immer stärker konzentrierte Lösungen, aber die größere Luftbeständigkeit wollte sich nicht einstellen.

      Schließlich hatte er schon so viel Salpetersäure verbraucht, daß der Vorrat zu Ende zu gehen drohte. Da begann er ihn durch Mischung mit Schwefelsäure zu »strecken«. Und siehe da! Plötzlich hatte er, als er die Baumwolle mit dieser Mischung tränkte, ein vorzügliches Produkt vor sich, das sich nicht zersetzte und ganz ausgezeichnet explodierte. Ja, die Explosionsfähigkeit war sogar noch besser, als Siemens selbst es vermutete, wie er bald zu seinem Schrecken erfahren sollte.

      Bis in die Nacht hinein hatte er in seiner Freude über das Gelingen der Versuche eine stattliche Menge der neuen guten Schießbaumwolle hergestellt und sie in den Ofen des Laboratoriums zum Trocknen gelegt. »Als ich nach kurzem Schlaf am frühen Morgen wieder nach dem Laboratorium ging,« so erzählt er, »fand ich den Professor trauernd unter Trümmern in der Mitte des Zimmers stehen. Beim Heizen des Trockenofens hatte sich die Schießbaumwolle entzündet und den Ofen zerstört. Ein Blick machte mir dies und zugleich das vollständige Gelingen meiner Versuche klar. Der Professor, mit dem ich in meiner Freude im Zimmer herumzutanzen suchte, schien mich anfangs für geistig gestört zu halten. Es kostete mir Mühe, ihn zu beruhigen und zur schnellen Wiederaufnahme der Versuche zu bewegen. Um elf Uhr morgens hatte ich schon ein ansehnliches Quantum Schießwolle gut verpackt und sandte es mit einem dienstlichen Schreiben direkt an den Kriegsminister.«

      Im Ministerium erkannte man sofort die Wichtigkeit der neuen Zusammensetzung und ließ Schießversuche damit anstellen. Und wenn das Präparat auch in späteren Zeiten die Hoffnungen nicht erfüllte, die man damals darauf setzte, so war ihm doch der Erfolg beschieden, Siemens vor der Strafversetzung zu bewahren. Da man ihn in der Pulverfabrik zu Spandau für den weiteren Ausbau der Erfindung dringend brauchte, so war von der Verbannung nach Wittenberg keine Rede mehr, und von den Kameraden, die jenes Ronge-Manifest unterzeichnet hatten, blieb er als einziger in Berlin zurück. Kühne Selbsthilfe hatte ihn vor dem Verderben bewahrt.

      Die Vervollkommnung des Telegraphen wurde darauf weiter eifrig betrieben, obwohl Siemens sich davon eine geschwinde Rettung aus der immer noch andauernden finanziellen Trübsal nicht versprechen konnte. Bald hatte er auf diesem Gebiet Erfindungen von großer und bleibender Bedeutung gemacht, so unter anderem die erste brauchbare Leitungsisolation hergestellt, wovon wir noch ausführlich hören werden; schon erwog er, ob es nicht günstig für ihn wäre, den Abschied vom Militär zu nehmen, um sich ganz der Telegraphentechnik zu widmen; schon gründete er eine kleine Werkstatt zur Ausführung der von ihm erfundenen Apparate, da wird er noch einmal von politischen Ereignissen aus seiner Bahn gerissen.

      Revolution und Krieg

      Das Jahr 1848 hatte seine drohenden Wolken heraufgeschickt. Ohne darauf vorbereitet zu sein, hörte Siemens plötzlich in sein Laboratorium den Donner der Revolution hineinrollen. Er fühlte bald, daß jetzt keine Zeit wäre, technische Neuerungen für den Staat zu schaffen, aber er stellte sich nicht entmutigt beiseite, um besseres Wetter abzuwarten, er verließ nicht mit einer sentimentalen Träne im Auge den wieder einmal morsch gewordenen Bau seiner Zukunft, sondern er gab sofort darauf acht, was er der Gegenwart Brauchbares leisten könnte.

      In Berlin spielten sich die großen Ereignisse der Märztage ab. Siemens, der innerlich an der Bewegung teilnahm, mußte doch persönlich allen Kundgebungen fernbleiben, weil er des Königs Rock trug. Andererseits schloß ihn die Trennung von seinem Truppenteil, die eine Folge seiner Abkommandierung war, von jeder militärischen Aktion aus.

      Bald darauf brach die Empörung der Schleswig-Holsteiner gegen die dänische Herrschaft aus. Die Stadt Kiel befreite sich zuerst, und bald waren die Dänen aus Schleswig vertrieben. Sie rüsteten sich zur Wiedereroberung und drohten, besonders Kiel durch ein Bombardement zu strafen.

      Siemens' Schwager Himly war als Professor der Chemie schon seit längerer Zeit in Kiel ansässig, und die Schwester Mathilde schrieb nach Berlin angstvolle Briefe, denn sie sah schon ihr am Hafen gelegenes Haus von dänischen Kanonen zerstört. Die Einfahrt in die Föhrde war für die feindlichen Schiffe leicht, da die kleine Festung Friedrichsort, die den Hafeneingang sperrte, sich noch in dänischen Händen befand.

      Der Hilferuf der Schwester löste in Werner Siemens einen Gedanken von größter Tragweite aus. Er wollte den Verwandten zu Hilfe eilen und überlegte sich, wie man wohl imstande sein könne, die Dänen von der Einfahrt in den Hafen zurückzuhalten. Als das einzig mögliche Mittel erschien ihm die Versenkung von großen Pulvermengen in das Wasser des Hafens so, daß sie beim СКАЧАТЬ