Die Welt auf Schienen. Fürst Artur
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Название: Die Welt auf Schienen

Автор: Fürst Artur

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ wurde in ganz England mit höchster Spannung erwartet. Viele ahnten, daß hier ein höchst wichtiges Ergebnis sich zutragen würde. Nach englischer Art, die damals so war, wie sie noch heute ist, glaubte eine englische Zeitschrift die Bedeutung des Kampfs nicht besser kennzeichnen zu können, als indem sie erklärte, daß auch die vornehme Welt dem Vorgang gegenüber soviel Teilnahme zeige, als wenn es sich um das St. Leger, das bedeutendste aller Pferderennen, handle. Eine große Menschenmenge strömte herbei, um das eigenartige Schauspiel mit anzusehen. Als „Schlachtfeld“ war eine 35 Kilometer lange, ganz ebene Strecke auf der Bahnlinie Manchester-Liverpool in der Nähe von Rainhill ausersehen.

      Folgende Lokomotiven wurden zum Wettbewerb angemeldet:

      1. „The Novelty“ („Die Neuheit“) von Braithwaite und Ericsson;

      2. „Le Sans Pareil“ („Die Unvergleichliche“) von Hackworth;

      3. „The Perseverance“ („Die Ausdauer“) von Burstall;

      4. „The Rocket“ („Die Rakete“) von Stephenson.

      Noch eine fünfte Maschine wollte mitfahren: der „Zyklopenfuß“ von Brandreth. Sie wurde durch ein im Innern ihres Gehäuses aufgestelltes – Pferd fortbewegt. Da dies dem Sinn des Preisausschreibens nicht entsprach, das nur Dampflokomotiven in Betracht zog, so mußte sie abgewiesen werden. Bei der „Ausdauer“ zeigte es sich alsbald, daß sie die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht würde erreichen können, und sie trat daher gleichfalls von dem eigentlichen Wettbewerb zurück. An diesem nahmen also tatsächlich nur drei Maschinen teil.

      Am 6. Oktober 1829 fand die Vorprüfung der Maschinen statt.

      Es entspricht Stephensons ganzer Art, daß seine Lokomotive, obgleich sie bestimmungsgemäß nicht als erste fahren sollte, doch zuerst fertig war. Aus diesem Grund gestattete man ihr, außer dem Wettbewerb eine erste Versuchsfahrt zu machen. Sie legte hierbei unter des Erbauers eigener Führung 19 Kilometer in 53 Minuten zurück.

      Darauf fuhr die „Neuheit“ vor. Ihr Verdampfungsraum lag senkrecht über der Feuerbüchse, von dort lief ein zweifach gekrümmtes Flammrohr durch einen zylindrischen, wagerecht liegenden Kesselteil. Gleich hinter dem Schornstein war ein besonderes Gebläse aufgebaut, das der Feuerung Frischluft zudrückte. Die Maschine hatte keinen Tender, sondern trug den Kohlevorrat auf dem Rücken des Kessels; der Behälter für das Speisewasser befand sich darunter.

      „Die Unvergleichliche“ besaß nur ein hin und her gehendes Flammrohr. Schornstein und Feuerung befanden sich also auf derselben Seite. Ihre Zulassung zum Wettbewerb machte Schwierigkeiten, da sie etwas schwerer war, als es den Vorschriften entsprach. Sie wurde aber schließlich doch angenommen.

      Am Tag darauf sollte der eigentliche Wettbewerb beginnen. Er konnte jedoch nicht stattfinden, da die Blasebälge der „Neuheit“ in Unordnung geraten waren und auch am Kessel der „Unvergleichlichen“ sich Fehler gezeigt hatten. Um die versammelten Zuschauer nicht zu sehr zu enttäuschen, ließ Stephenson wieder seine „Rakete“ vorfahren, hängte einen Wagen mit 30 Personen daran und durchfuhr die Bahn mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 Kilometern. Der Jubel und das Staunen über diese Leistung waren außerordentlich.

      Der 8. Oktober endlich brachte den wirklichen Beginn des Wettbewerbs. Die „Rakete“ machte ihre Fahrten. Zwanzigmal durcheilte sie, wie es vorgeschrieben war, die Bahn, ohne daß sich irgendein Fehler an der Maschine zeigte. Die höchste erreichte Geschwindigkeit betrug an diesem Tag 46 Kilometer in der Stunde, was bei den Zuschauern ein geradezu ungläubiges Staunen erregte. Einer der Leiter der Bahngesellschaft, der bis dahin stets für die Anwendung ortsfester Maschinen eingetreten war, hob voll Bewunderung beide Hände in die Höhe und rief aus: „Endlich hat Georg Stephenson gezeigt, was er kann.“ Er war, wie alle anderen, für immer zu der Lokomotive bekehrt.

      Wider Erwarten konnten die Ausbesserungsarbeiten an der Gebläsemaschine der „Neuheit“ nicht rechtzeitig beendet werden. Erst am 10. Oktober vermochte sie zu fahren. Doch gleich als sie das erstemal über die Bahn ging, brach ein Rohr an der Druckpumpe, so daß die Maschine fortgebracht werden mußte.

      „Die Unvergleichliche“ war gar erst am 13. Oktober bereit, aber auch an ihr barst alsbald ein Pumpenrohr.

      „Die Rakete“ fuhr am folgenden Tag noch einmal ohne jede Schwierigkeit, und nun war man bereit, ihr den Preis zuzuerkennen. Doch die Besitzer der „Neuheit“ wollten noch einmal Gelegenheit haben, ihre Maschine zu zeigen. Kaum war diese jedoch auf der Bahn, als wiederum ein Bruch an einem wichtigen Teil eintrat. Dem Verlangen der „Unvergleichlichen“, gleichfalls noch einmal zugelassen zu werden, wurde nicht mehr Folge gegeben, da die Preisrichter nun genug mißlungene Fahrten gesehen hatten.

      Nach dieser ganzen Kette von Unfällen, von denen die anderen Lokomotiven ereilt wurden, kann man wohl sagen, daß ihr Bau für die gestellten Anforderungen nicht ausreichend war. Es ist daher keinem Zufall zuzuschreiben, daß Stephensons Erzeugnis allein sich bewährte.

      Nachdem also die „Neuheit“ zum alten Eisen geworfen, und die „Unvergleichliche“ einem Wrack glich, erhielt die „Rakete“ den Preis von 500 Pfund Sterling. Freudig bewegt ließ Stephenson die Lokomotive nun nochmals vorfahren und allein, ohne angehängten Wagen, die Bahn durcheilen. Jetzt wurde die von niemandem erwartete und für die damalige Zeit ganz unerhörte Geschwindigkeit von 56 Kilometern in der Stunde erreicht. Damit war der Sieg der Lokomotive für immer entschieden. Niemand sprach mehr von Pferden, Seilbahnen und ähnlichen Dingen. Sie waren fortab überlebt. Die Aktien der Bahngesellschaft stiegen sofort um zehn vom Hundert.

      Wie die „Rakete“ an den Tagen von Rainhill wirklich ausgesehen hat, wissen wir leider heute nicht mehr mit Sicherheit. Sie hat sehr lange auf der Manchester-Liverpool-Bahn Dienste getan und dann noch in einem Bergwerk Kohlen geschleppt. Während dieser Zeit ist sie oft umgebaut worden. Die heute im Kensington-Museum zu London stehende „Rakete“, die unser Titelbild zeigt, dürfte nur noch wenige Bauteile der ursprünglichen Maschine enthalten.

      Die Eröffnung der Bahnstrecke Manchester-Liverpool fand am 15. September 1830 statt. Dieser Tag bedeutet den Anbruch des Verkehrszeitalters. Die erste Eisenbahnlinie, die auch heutigen Anforderungen gegenüber einigermaßen bestehen könnte, begann ihren Betrieb. Auch das damalige England fühlte die Bedeutung dieses Ereignisses. Es wurde als eine Art Vaterlandsfest begangen. An der ganzen Bahnlinie entlang hatten sich wiederum Tausende von Zuschauern eingefunden, die durch Soldaten vom Betreten der Geleise abgehalten werden mußten.

      Für die erste Fahrt, die von Liverpool aus stattfand, standen acht von Stephenson in Newcastle gebaute Lokomotiven zur Verfügung. Acht Züge wurden fertig gemacht, in denen sich etwa 600 Personen befanden. Viele bedeutende Persönlichkeiten hatten sich zur ersten Fahrt eingefunden. So der Nationalheld Herzog Wellington, der damals Ministerpräsident war, der Staatssekretär Robert Peel und der von den Bewohnern Liverpools in das Unterhaus gewählte Abgeordnete Huskisson, der ja von Beginn an ein lebhafter Verteidiger der Bahn im Unterhaus gewesen war.

      Der erste Zug wurde von der Lokomotive „Northumbrian“ gezogen. Jeder Wagen hatte einen eigenen Namen wie „Traveller“, „Chinese“ oder „Wellington“. Das Gepäck der Reisenden lag auf dem Dach. Die vornehmsten Fahrgäste hatten ihre eigenen Kutschen auf Plattformwagen setzen lassen und fuhren auf deren Sitzen teilweise unter freiem Himmel mit. Die Güterwagen glichen Vogelkäfigen, denn man hatte sie der größeren Leichtigkeit wegen nur aus Gitterstäben zusammengesetzt. Durch den Tunnel unter Liverpool konnte keiner der Züge mit der Lokomotive gefahren werden, da der Qualm die in den offenen Wagen Sitzenden allzusehr belästigt hätte. So mußten die Züge zu Stephensons großem Verdruß durch die Felsbohrung an Seilen hinuntergelassen werden, und dann erst wurden die Lokomotiven vorgespannt.

      Ungefähr auf halbem Weg, beim Bahnhof Parkside, wurde halt gemacht, weil hier die Lokomotiven Wasser nehmen mußten. СКАЧАТЬ