Das Lob der Narrheit. Erasmus Desiderius
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Название: Das Lob der Narrheit

Автор: Erasmus Desiderius

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ alles geschändet, geht alles zu Grunde, dadurch sonst das Leben bereichert, und geschmückt wird. Wozu nützt die Schönheit, das edelste Geschenck der unsterblichen Götter, wenn sie garstig befleckt wird? Wozu die Jugend, wenn des Alters gährender Gram sie angestecket hat? Was wirst du bey dem beglücktesten Leben zu Hause und draussen mit Anständigkeit thun (und auf diese kömmt hauptsächlich alles an) wenn dir nicht die sich selbst liebende Philautia, die ich billig als meine leibliche Schwester verehre, mit ihrer Geschicklichkeit beysteht? O tapfer vertheidigt sie durchgehends meine Sache!

      Nun, was kannst du närrischers thun, als dir selbst gefallen? dich selbst bewundern? Was schönes, holdes, einnehmendes, kannst du zu Stande bringen, wenn du mißvergnügt mit dir selbst bist? Wenn du dieses Gewürze des Lebens wegschafst, so steht der Redner mit seinem Gewäsche frostig da; nur höhnisches Mitleiden ertrillert sich der Tonkünstler; der sich müde erarbeitende Schauspieler wird ausgepfiffen; zum Gelächter wird der Dichter samt seinen Musen; der Mahler erpinselt sich Verachtung; bey seinen Lebenspillen hungert der Arzt sich zu Tode; wenn du dich schön wie Nireus zu seyn dünkst, jugendlich wie Phaon, weise wie Minerva, so wird man dich für garstig halten wie Thersites war, veraltet wie Nestor, tumm wie ein Schwein. Ja, unumgänglich nöthig ists, daß jeder sich schmeichle, und sich selbst mit einem Beyfällchen anpreise, wenn er sich bey andern in Gunst schwingen will. Endlich, da die Glückseligkeit hauptsächlich darum besteht, daß du wirklich nichts anders seyn willst, als was du bist, so hast du dich mit der Grundregel meiner Philautia bekannt zu machen, die also lautet: Niemand werde seines Looses überdrüssig, seines Witzes, seiner Abkunft, seines Vaterlandes, seiner Auferziehung. Der Irrländer wünsche sich nicht ein Italiäner zu seyn, der Thracier ein Athenienser, der Scythe ein Bürger des gesegneten Schlarafenlandes. Herrlicher Kunstgriff der Natur, der so verschiedene Dinge ins gleiche Gleis bringt! Wo sie bey ihrer Gabenaustheilung etwas kärglich zu Werke gegangen, läßt sie den Abgang durch die Philautia ersetzen – nur den Abgang? – Ich rede wie eine wirkliche Närrin, sie theilt auf diese Weise ihr herrlichstes Geschenke mit.

      Ich darf wohl sagen: ohne meinen Antrieb geschicht keine edle That; wo schöne Künste betrieben werden, preisen sie mich als ihre Erfinderinn. Muß man sich nicht an den Krieg wenden, wenn man belobte Heldenthaten in ihrem Elemente finden möchte? Nun, was kann wohl närrischer seyn, als um einer Ursache willen, die man selbst nicht anzugeben weiß, sich in einen Streit einlassen, bey dem man beiderseits mehr Böses als Gutes einzuerndten hat? Von dem, der da mit seiner Haut bezahlt, kräht kein Hahn nicht. Wenn die beyden Heere in Schlachtordnung gegen einander stehen, und die Hörner im frischern Tone zum Angriffe geblasen haben: wozu taugen dann jene Söhne der Weisheit, durch Nachgrüblen erschöpft, beym dünnen und kalten Geblüte kaum den Athem zu ziehen vermögend? Solcher ist man da benöthigt, derer Adern vom dicken und fetten Geblüte strotzen; desto kühner, um so viel unverständiger sie sind. Oder will man sich mit Fleisse einen Demosthenes zum Soldaten wählen? Kaum kam der Feind ihm ins Gesicht, so warf er, nach dem Rathe des Archilochus, herzhaft den Schild weg; unter dem Hasenpanier sah man den feigen Soldaten an dem weisen Redner.

      Auf Klugheit, heißts, kömmt im Kriege vieles an. O ja, an einem Feldherren; aber auf eine kriegerische, nicht eine philosophische! Mit Schmarotzern, Hurenjägern, Strassenräubern, Meuchelmördern, Bauernklötzen, Tummköpfen, Bankerottierern, und dergleichen Abschaume des Menschengeschlechtes, nicht mit bey der Nachtlampe verrauchten Philosophen, werden solche herrlichen Ding erfochten. Sokrates, der nach dem eben nicht weisen Ausspruche des Apollo einzige Weise, kann zum Gewährsmanne dienen. Er unterfieng sich, etwas, ich weiß nicht was, öffentlich zu betreiben; und unter dem Hohngelächter der ganzen Versammlung schlich er sich vom Rednerstuhle weg. Und doch war der Mann nicht Narrs genug, sich mit dem Titel des Weisen zu brüsten; er gab ihn dem Gotte zurück; er hielt dafür, ein Weiser solle sich in die Verwaltung des gemeinen Wesens nicht mengen; nur hätte er noch hinzusetzen sollen: jeder, der seinen Platz in der Zunft der Menschen behaupten wolle, müsse sich der Weisheit enthalten. Anbey, hatte er es nicht blos der Weisheit zu verdanken, daß er verklagt worden; und sich den Schirlingsbecher wählen mußte? Ueber Wolken und Hirngespinste philosophierend, einen Flohfuß messend, das Mückensumsen bewundernd, vergaß er, Dinge zu erlernen, die zum gemeinen Leben unentbehrlich sind.

      Zum Schutzredner seines sich in Lebensgefahr befindenden Lehrers wirft sich der Schüler Plato auf. Ein mannhafter Vertheidiger! weil ein Geräusch entsteht, verstummt er, ehe er von seinem ersten Satze die Hälfte herausgemartert hatte. Und was soll ich vom Theophrast sagen? Kaum hatte er eine Rede angefangen, so blieb er mit offenem Munde stehen, als ob ein Wolf ihm in die Quer gekommen wäre. Wie würde der Mann den Soldaten Muth zur Schlacht gemacht haben! Isokrates war zu furchtsam, als daß er es jemals gewagt hätte, den Mund aufzuthun. Cicero, der Vater der römischen Beredsamkeit, fieng seine Reden, gleich einen gluchsenden Schuljungen, mit einem unangenehmen Stammeln an; Fabius ist so gut, daß er behauptet, daraus erkenne man einen verständigen die Gefahr einsehenden Redner; er hätte besser gethan, rund und ehrlich heraus zu sagen: zur schicklichen Betreibung öffentlicher Geschäfte tauge die Weisheit nicht. Was würden Leute, die vor Furcht halb todt sind, wenn sie sich blos in ein Wortgefecht einlassen sollen, da ausrichten, wo man die Sache mit dem Schwerdt ausfechten muß?

      Nun gehe man, und erhebe den berühmten Ausspruch des Plato bis in den Himmel: „Beglückt wäre das Land, wo Philosophen herrschten, oder Beherrscher zu Philosophen würden.“ Wenn man die Geschichtsschreiber zu Rathe zieht, so zeigt sichs, daß es nirgends schlimmer zugegangen, als wo die Herrschaft einem Philosophosten oder Buchgelehrten zu Theile geworden. Man kann sich hier kecklich auf die Catonen berufen: durch wahnsinnige Anklagen störte der Eine die Ruhe der Republik; und der Andere richtete die Freyheit derselben zu Grunde, indem er sie allzuweislich vertheidigte. Man denke sich hier auch den Brutus, Cassius, die Gracchen, und selbst den Cicero, welcher der römischen Republik zu einer eben so schädlichen Pest ward, als Demosthenes der atheniensischen. Gesetzt, Marcus Antoninus sey ein guter Kaiser gewesen; bin ich deßwegen genöthigt, meinen Satz aufzugeben? gewiß nicht: eben deßwegen, weil er ein Philosoph war, wird er seinen Unterthanen lästig und verhaßt. Ja, gesetzt er sey für sich gut gewesen, so fügte er doch durch Hinderlassung seines Sohnes dem Reiche einen weit grössern Schaden zu, als er ihm durch seine Regierung nützlich gewesen. Solche weisen Leute sind, wie in allen übrigen Dingen, also besonders im Kinderzeugen, höchst unglücklich; und dieses, wie mich deucht, hat die Natur vorsichtig geordnet, damit diese Seuche der Weisheit unter den Sterblichen nicht zu viel um sich fasse. So wissen wir von dem Cicero, daß er einen aus der Art geschlagenen Sohn gehabt hat; und von den Kindern des weisen Sokrates hat man die feine Anmerkung gemacht, sie seyen der Mutter ähnlicher als dem Vater; das ist, Narren gewesen.

      Es würde noch alles zu ertragen seyn, wenn diese Philosophen gleich zur Verwaltung der öffentlichen Geschäfte so ungeschickt wären, als der Esel zum Lautenschlagen; insofern sie nur nicht auch zur Betreibung der Angelegenheiten des gemeinen Lebens eben so schief befunden würden. Bitte einen Weisen zu Gaste; er wird durch ein düsteres Schweigen, oder durch ein lästiges Frägeln, die Freude der Gesellschaft stören. Fordere ihn zum Tanz auf; er wird so flink als ein Camel umher tramplen. Nimm ihn zu einem öffentlichen Schauspiele mit; sein Gesicht wird die Zuschauer ihres Vergnügens berauben; der weise Cato, der seine feyerliche Mine nicht ablegen will, wird genöthigt werden, die Bühne zu verlassen. Er kömmt in eine Gesellschaft, und alles verblaßt, als ob ein Wolf sich hätte sehen lassen. Wo es zu thun ist, um etwas zu kaufen, um einen Handel zu treffen, kurz, um etwas vorzunehmen, ohne welches man im gemeinen Leben nicht bestehen kann, da wird man diesen Weisen ehender für einen Klotz als für einen Menschen ansehen. Also kann er sich, dem Vaterlande, den Seinigen, zu nichts dienen, weil die gemeinsten Dinge, Meynungen, Einrichtungen, ihm ganz spanische Dörfer sind.

      Bey den Unternehmungen der Sterblichen ist alles voll Thorheit: Narren unterhalten sich mit Narren. Dem, der sich allen widersetzen will, möcht ich den Rath erteilen, in die Fußstapfen Timons zu treten, in eine Einöde zu wandern, und sich da seiner Weisheit satt zu erfreuen.

      Ich lenke wieder ein. Welche Macht hat stein- und eichenharte rohe Menschen ins gesellschaftliche Leben vereint? Die Schmeicheley. Sie wird durch die Leyer des Amphion und des Orpheus angedeutet. Was hat das römische Volk, da es unter sich aufs äusserste СКАЧАТЬ