Reise in Südamerika. Zweiter Band.. Freiherr von Ernst Bibra
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СКАЧАТЬ kleinen Fluß, worauf wir mehrere Stunden steil bergauf eilten und endlich auf einem ziemlich breiten Bergrücken ankamen.

      Der Charakter der Landschaft hatte sich allmälig bedeutend geändert. Wir hatten vorher wohl Wald und pittoreske Felsenparthieen, gefährliche Bergpfade und strömende Gewässer in wilden Schluchten, aber immer fehlte der Typus der tiefen Ruhe und Einsamkeit, der das eigentliche Hochgebirge bezeichnet. Jetzt aber war auf der Höhe der Pflanzenwuchs bereits verschwunden und nur in Schluchten tief unter uns zogen sich noch in schmalen Streifen die Vorposten der Vegetation dahin. Drohende Schneeberge hingen über uns, während wir auf kahlem nacktem Gesteine fortritten. Die Thäler wurden großartiger, und hie und da öffnete sich eine prachtvolle Fernsicht, um bald wieder durch einen schwarzen, halb mit Schnee bedeckten Bergriesen verhüllt zu werden. Es war die hohe Cordillera, in welcher wir uns befanden, das sagte uns schon der eisige Hauch, der bisweilen von den nächsten Bergen wehte, und uns den Poncho umnehmen hieß. Wir hatten während der Rast das Gepäcke vertheilt und die Reservepferde mit einem Theile belastet, so konnten wir um so rascher reiten, denn das that jetzt Noth. Der Jäger hatte früher diese Gegenden besucht und einen passenden Platz gefunden zum Lager. Wir mußten diesen wo möglich noch heute zu erreichen suchen, um Holz zur Feuerung, Futter für die Thiere und Wasser zu haben. Kurz vor Einbruch der Nacht lenkten wir wieder abwärts, meist auf Pfaden, die das Guanaco getreten hatte, kamen wieder in eine wenigstens etwas bewaldete Thalschlucht, und machten endlich an einer etwa 50 Schritte breiten Stelle desselben, unweit eines rasch strömenden Bergwassers Halt. Es wurde zur Entlastung der Thiere geschritten und rasch von zusammengelesenem Holze ein Feuer entzündet, von unseren Satteldecken ein Lager bereitet, und ein aus Maisbrod und rohem Charque bestehendes Abendbrod eingenommen. Dann legten wir uns zur Ruhe, und als ich des andern Morgens in meinen Mantel gewickelt, die Augen aufschlug, verwunderte ich mich fast, im Freien und nicht unter Segeth's gastlichem Dache zu Santjago erwacht zu sein.

      Die Pferde hatten sich in jener ersten Nacht keine zehn Schritte von uns entfernt, sondern waren dichtgedrängt in unserer nächsten Nähe geblieben; als sie später das Terrain kennen gelernt hatten, entfernten sie sich stundenweit von unserm Lagerplatze, stets aber zusammenhaltend und eine kleine Heerde bildend.

      Sogleich nach unserm Erwachen wurden Anstalten zu größerem Comfort getroffen. Die Schlucht, welche wir in Besitz genommen hatten, strich direkt von Nord nach Süd, und war gegen Ost und West durch steile Abhänge eingeschlossen. Der kleine aber reißende Gebirgsfluß floß auf der westlichen Seite, und wir brauchten auf diese Weise nur einige Schritte zu gehen, um frisches Wasser zu haben. Ich vermag kaum zu schildern, wie erquickend und stärkend das tägliche Baden in diesen lärmend und brausend dahin strömenden Fluthen auf mich eingewirkt hat, welches ich sogleich nach dem Erwachen vornahm, während die Knechte den Kaffee bereiteten.

      Große und zum Theile vollkommen abgerundete Steine, welche ringsum zerstreut lagen, ohne Zweifel von mächtigen periodischen Anschwellungen des Flusses dorthin geführt, wurden von uns als Tische benützt, und während Jose Maria, der die Rolle des Kochkünstlers übernahm, einen derselben als Küchentisch in Beschlag nahm, wurde der andere von mir zum Präparir-Tisch bestimmt. Die Schlucht fiel gegen Süd ab und theilte sich in mehrere andere Thäler, während sie, gegen Nord aufwärts steigend, einige Stunden von unserem Lager durch schneebedeckte Felsmassen geschlossen wurde.

      Der Jäger und ich richteten uns ein grobes Tuch, in welchem ein Theil der mitgebrachten Vorräthe eingeschlagen waren, zum Zelte zu, welches zwar nur etwa den Kopf und einen Theil des Leibes bedeckte, und vorne und hinten geöffnet war, indessen doch in Etwas gegen den fallenden Thau schützte. Wir hatten von Santjago Nägel mitgenommen, welche in einige Bäume geschlagen wurden und zum Aufhängen der Instrumente, des Barometers, Thermometers und Hygrometers, der Waffen und anderen Utensilien dienten, und so war unsere einfache Einrichtung bald vollendet.

      Aehnlich wie in der Stadt wurde auch hier die Zeit eingetheilt, indem ein Tag zum Sammeln, Jagen und Beobachten, der andere zum Präpariren und Ordnen des Erworbenen bestimmt wurde. Bisweilen zusammen, meist aber vereinzelt, oder von einem der Knechte begleitet, unternahmen wir unsere Streifzüge, von welchen wir manchmal bei Zeiten, oft aber erst spät in der Nacht heimkehrten, denn wir hatten die Umgegend bald so kennen gelernt, daß an kein Verirren mehr zu denken war.

      Große Gelehrte, so wie auch andere Reisende haben die Cordillera geschildert und die mächtigen Eindrücke, welche sie auf den Besuchenden hervorbringt, und ich glaube nicht, daß je einer derselben zu viel gesagt hat von der Großartigkeit jener Massen. Der Charakter des wild Pittoresken ist zwar stets der vorherrschende, aber in so unendlich vielen Abstufungen und häufig in so rascher Abwechslung, daß eben wie mir dünkt, hierin einer der größten Reize jenes mächtigen Gebirges liegt. Das Gebirge steigt fortwährend terassenförmig in die Höhe. Man steht auf einer solchen Terasse und vor uns steigt eine mit Firnschnee allenthalben bedeckte Felswand an, die man unbedingt für den höchsten Punkt der Umgebung halten muß. Endlich ist es gelungen, nicht ohne Gefahr einen Ausweg zu finden, man klettert an steilen Felsen, man geht über tiefe, hart gefrorene Schneemassen, welche glücklicherweise eine Schlucht ausfüllen, und der Fels, der anfänglich immer höher zu werden scheint, je höher man klimmt, ist endlich erstiegen. Man ist auf einer Ebene, wo sich kaum Schnee befindet, ja wo vielleicht selbst hie und da eine einzelne Saxi fraga am Gesteine wuchert. Aber in einiger Entfernung steigt eine neue Felswand empor, mächtiger als die vorige und spottend jedem Versuche, sie zu ersteigen. Ist aber bei einer oder der andern dies vielleicht doch gelungen, so wiederholt sich oben das Schauspiel und man sieht, daß in einer unzähligen Menge solcher Riesenstufen das Gebirge anwärts steigt. Häufig ist auf solchen Ebenen der lachendste Sonnenschein und eine fast drückende Hitze, aber vom Rande des Plateaus blickt man in ein Wolkenmeer, welches unterhalb sich ausbreitet und aus welchem in der Sonne glänzend, nur einzelne schneebedeckte Spitzen hervorragen. Plötzlich, man weiß nicht wie, denn nicht der leiseste Luftzug regt sich, sind die Wolken fast sämmtlich verschwunden, und nur in einer schwarzen kraterartigen Vertiefung mit steil abwärts fallenden Wänden, ist eine dichte Masse derselben geblieben. Ohne Zweifel sind solche Bildungen, die ich mehrfach getroffen, ausgebrannte Krater, oder wenigstens solche, die sich in tausendjähriger Ruhe befinden. Man wartet, um von oben herab gemächlich in's Innere des zu unsern Füßen liegenden vulkanischen Kessels blicken zu können, bis die Wolken auch aus ihm verschwunden sind, aber plötzlich gerathen dieselben in eine wallende Bewegung, sie erheben sich, breiten sich aus und man ist rasch und ehe man es vermuthet, selbst in eine Nebelschicht eingehüllt, so daß man kaum auf einige Schritte zu sehen vermag.

      Schwer wäre in solchen Fällen der Rückweg zu finden, weilten jene Wolkenschichten lange auf ein- und derselben Stelle, aber rasch wie sie gekommen, verschwinden sie auch wieder. –

      Einen eigenthümlichen Eindruck machen die oft mehrere Stunden langen Felsenthäler, die bald mehr erweitert, bald aber so enge geschlossen sind, daß ihre Sohle kaum zwanzig Schritte Breite hat. Während oben auf den Felskämmen, welche die Thalwände bilden, eine freundliche Sonne ruht, ja, erlaubt es der Stand derselben, Sonnenblicke oft bis in's Thal reichen, so ist nicht selten die Schlucht durch eine dichte Wolkenmasse geschlossen, welche Stunden lang an ein und derselben Stelle verweilt, bis sie sich gänzlich vertheilt oder verschwindet und ein doleritischer Kegel vor uns steht, der halb mit Gletschereis bedeckt ist, welches das tiefe Schwarz des Gesteins noch mehr hervorhebt. Aus solchen doleritischen oder basaltischen Kegelbergen brechen stets Quellen hervor, oder stürzen sich von den schneeigen Wänden derselben herab, wie denn wohl überhaupt die meisten dieser wild und tief gefurchten Thäler heftigen Wasserströmungen früherer Zeit ihren Ursprung verdanken mögen.

      Auch der Proceß der Verwitterung hat an manchen Stellen stattgefunden und theilweise eine eigene Erscheinung hervorgerufen. Größere, häufig von der Sonne getroffene, bald wieder von ziehenden Wolken berührte Flächen nicht ganz abschüssiger Felswände, sind mit verwittertem und zersetztem Gerölle bedeckt. Durch eigenthümliche plattenförmige Spaltung mancher Gesteine hat das von oben herab kommende Wasser des gethauten Schnees sich hier bisweilen gefangen, aus den verwitterten Felsarten ist Erde geworden, stets befeuchtet durch nachsickerndes Wasser und so sind grünende Oasen entstanden unweit der Grenze СКАЧАТЬ