Deutsche Humoristen. Otto Ernst Schmidt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Deutsche Humoristen - Otto Ernst Schmidt страница 5

Название: Deutsche Humoristen

Автор: Otto Ernst Schmidt

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ mit einem Male – bum – bam – bum – bam – bum – bam – was ist das? Da fängt es draußen an zu dröhnen und zu summen und zu singen und zu klingen – bum – bam – bum – bam – richtiges, offenbares Glockengeläut, und das so laut und fest, als ob der Kirchturm nicht ein paar hundert Schritt von meinem Kahn ab sein könnte.

      Allmächtiger Gott, dacht' ich, was sind das für Neuigkeiten? Entweder bist du wahnsinnig geworden von der Angst, oder – und mir kam die alte Geschichte in den Sinn, daß in der versunkenen Stadt Vineta manchmal die Glocken läuten sollen unter Wasser: aber wer das Läuten gehört hat, ist ein verlorener Mann und sieht das Land nie wieder – Und das bist du jetzt, und also sind das deine Totenglocken.

      Aber Vineta liegt weit draußen in der Ostsee bei Streckelberg, wie kann man da das Läuten bis hier hören? Ja, dafür sind es Zauberglocken; christliche Glocken läuten auch erst nach dem Tode, nicht vorher.

      Indessen ging das draußen ruhig weiter – bum – bam – bum – bam – immer schöner, immer freundlicher.

      Ich machte die Augen zu, und da kam es mir vor, als ob es die Weihnachtsglocken wären. Und ich faltete die Hände und dachte an die Zeiten früher, wenn am heiligen Abend die Glocken gingen und dann gleich der Baum angesteckt wurde und aufgebaut war – mein Gott, was alles für Herrlichkeiten! – Und wie nachher immer mein erstes gewesen, noch schnell am Abend zu Heinz Wichards zu laufen, seine Sachen zu besehen und meine zu zeigen und zu teilen, was zu teilen war – ja wahrhaftig, wir hatten alles Gute damals geteilt als gute, treue Kameraden, ohne Neid und giftige Eifersucht bis –

      Und in diesem Augenblick hatte ich nur den einen Wunsch und eine recht bitterliche Sehnsucht, meinen Heinz nur einmal noch vor meinem Ende zu sehen, ihm um den Hals zu fallen und – na, ihm eine Kleinigkeit abzubitten.

      Bum – bam – bum – bam –

      Und nun klang es langsam, feierlich aus und wurde ganz still, ganz still.

      Und an der schauerlichen Stille merkte ich erst sicher, daß die wunderbaren Glockentöne doch kein Hirngespinst, sondern irgend etwas Wirkliches gewesen waren.

      Ich hielt es nicht mehr aus in der dumpfen Kajüte, stand auf und ging aus der Tür ins Freie.

      Da war es schon Morgen, ein trüber und regnerischer Morgen, aber Tageslicht.

      Da tat ich einen lauten Schrei, aber wahrhaftig, zuerst nur vor Schreck und nicht vor Freude.

      Dicht neben mir lag noch ein zweiter langer Haffkahn, ebenso eingefroren – und weiterhin ein anderer Küstenfahrer – und da eine holländische Kuff – und da ein abgetakelter Schoner – alle dicht nebeneinander, als ob das so sein müßte mitten auf dem Haff.

      Und wieder besserhin – allmächtiger Vater – da lag ein großer Schiffsrumpf, aber nicht im Eis, sondern auf dem Stapel, halbfertig – und fünfzig Schritt von mir ist Land – Häuser – ein Kirchturm – ein altes Schloß – ganz offenkundig und reinlich unser altes pommersches Herzogsschloß –

      Und nun faßte ich noch einmal an meinen Kopf und dacht', ich wäre wahnsinnig geworden vor Angst und Verzweiflung.

      Aber ganz und gar nicht. Ich war klar und vernünftig wie nie.

      Na nu kam's alles 'raus. Da hatte ich Unglückswurm also die ganze Nacht in meinem Elend gesessen, fünfzig Schritt weit von meinem Ziel. Und wäre gestern ganz bequem noch zur rechten Zeit gekommen, wenn ich's nur gewußt hätte. Aber welcher Mensch sollte auch auf den Gedanken kommen, daß er vom Haff, ohne es zu merken, auf die überschwemmten Wiesen geraten kann!

      Na, Gott sei gelobt und gepriesen, daß ich's nicht gewußt habe! Das bißchen Angst habe ich redlich verdient, und alles Übrige war in schönster Ordnung.

      Aber eine tolle Sache war's doch. Solchen Augenblick wie den erlebt man nicht zweimal im Leben.

      Ich hätte jetzt aber wer weiß was drum gegeben, wenn die Glocken noch einmal geläutet hätten. Aber das taten sie nicht, sondern blieben in ihrem Schweigen.

      Da packte mich die Sehnsucht nach einem Menschengesicht, und am meisten nach meinem alten Heinz. – Und eine Viertelstunde später hatte ich meinen Heinz und konnte ihm nach Herzenslust um den Hals fallen und ihm eine Kleinigkeit abbitten. Und ich habe ihm, weiß Gott, nichts vorgelogen. Von der Stunde an sind wir die alten Freunde geblieben wie in unserer Kindheit, soweit seine jetzige Gelehrsamkeit das zuläßt.

      Mit der schönen Hersilie aber gab es zuletzt noch eine neue Überraschung.

      Der Heinz nämlich lachte so recht gemütlich und sagte:

      »O lieber Junge, unsere Hersilie ist schon seit dem Sommer – lange ehe ihr Vater starb – heimlich verlobt mit einem jungen Leutnant; nur daß sie leider vorläufig noch nicht ans Heiraten denken können, weil sie beide zu arm sind. Aber auch ohne das wäre es mir gar nicht eingefallen, noch an die alte Flamme zu denken – weißt du, ich habe inzwischen schon eine neue Jugendliebe verschmerzt – sondern ich bin wirklich nur um die antiken Fragmente hergekommen. Mit den Dingern bin ich freilich auch angeführt, ich habe sie gestern Abend noch besichtigt; sie sind rein gar nichts wert, nicht einmal der Frauentorso in der Hausnische, höchst mittelmäßige Arbeit aus spätrömischer Zeit, wie sie in Italien und Griechenland an jeder Landstraße zu finden sind. Wunderlich genug, daß der Alte sich mit dem Kram geschleppt hat; er muß doch nicht viel davon verstanden haben.

      Übrigens ein merkwürdiges Beispiel, wie einem die jugendliche Illusion mitspielt oder die idealisierende Kraft der Erinnerung: ich hätte darauf geschworen, der Torso wäre ein gutes Stück und eines guten Preises wert. – Mit Hersilien ist's anders: die ist ein nett Mädchen und nicht häßlicher geworden, und nicht dumm. Ob sie aber zur Gelehrtenfrau gepaßt hätte, ist mir doch fraglich, und zur Seemannsfrau vielleicht erst recht nicht. Darüber können wir uns beruhigen. Aber ein nett Mädchen ist sie.«

      So urteilte mein Heinz, und er ist wirklich ein Kenner, für Marmor sowohl wie für Frauenzimmer.

      Otto Ernst:

      Die Gemeinschaft der Brüder vom geruhigen Leben

      Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers und des Verlegers abgedruckt aus dem Buche »Vom geruhigen Leben. Humoristische Plaudereien über groß und kleine Kinder« (Leipzig: Verlag von L. Staackmann, 1903).

Die Gemeinschaft der Brüder vom geruhigen Leben

      Wer je in seinem Leben den vortrefflichen Roman »Auch Einer« des noch vortrefflicheren Humoristen Friedrich Theodor Vischer gelesen hat, der wird sich auch in späteren Jahren noch mit Behagen erinnern, daß der Dichter ein Erkleckliches und Erquickliches zu reden weiß von der »Tücke des Objekts«. Man wird sich desgleichen erinnern, daß der Dichter unter solcher »Tücke des Objekts« die große Summe der kleinen Hindernisse versteht, die uns von äußeren und zufälligen Umständen gerade bei unseren wichtigsten und erhabensten Handlungen in den Weg geworfen werden. Eine große Tat vollbringen, ist keine Kunst, wenn man im entscheidenden Augenblicke nicht durch Niesen oder durch das Platzen einer Naht an ihrer Vollbringung gehindert wird. Das ist der Sinn der Vischerschen »Tücke des Objekts«.

      Hat nun der mehrfach benannte Poet aus Württemberg die Vermessenheit besessen, den Humor des hirnzerschlitzenden Nasen-Rachenkatarrhs und der unzeitig geplatzten Hosennähte recht ausführlich zu kultivieren, solcher Dinge also, die eines großen Hintergrundes durchaus entbehren und die geradezu dem schlimmen Verdachte Raum geben, der Autor habe ehrenhafte deutsche Mitbürger mit Bewußtsein zum Lachen gereizt: so geht der ganz unwürdige Verfasser dieser Plauderei in seinem Unterfangen gar so weit, der reinen Vernunft jenes Spaßmachers noch СКАЧАТЬ