Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer. Andree Richard
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СКАЧАТЬ Adler, Geier und Falken, die hier ihre Horst- und Zufluchtsstätten finden. Die Vegetation prangt in außerordentlicher Fülle; in allen Thälern und Schluchten sprudeln Gebirgswasser; im dichten Gestrüpp und in den Gräsern hausen Reptilien in Menge, von der Pythonschlange und Naja bis zur kleinsten Baumschlange herab; Schildkröten weiden gemüthlich an Hecken und Teichen; an Säugethieren von der Größe der Feldmaus aufwärts ist Ueberfluß vorhanden, während schattige, fast undurchdringliche Waldpartien, abgelegene Schluchten, die selten eines Menschen Fuß betritt, und fast unersteigliche Felsen und kolossale Hochbäume den Raubvögeln jeden Schutz und Schirm gewähren. Da horstet denn der mächtige Gyps Rüppellii, der gemeine ostabessinische Mönchsgeier (Neophron pileatus), der Schmuzgeier (N. percnopterus), der Bartgeier (Gypaëtos meridionalis) und Schlangenadler (Gypogeranus serpentarius), die viele Schlangen verzehren und mäßig starke Wüstenschildkröten mit einem Schlag ihrer starken Fänge zerschmettern. Zahlreiche Weihen, Milane, Falken und Sperber machen den Beschluß der Tagraubvögel. Der unreinliche Mensch giebt den Schmuzgeiern tagtäglich neue Nahrung und damit neue Beschäftigung; deshalb vermißt man diese wohlthätigen Vögel an keinem Orte. Sie folgen den Herden wie den Handelszügen, umschweben die Dörfer und Schlachtplätze und räumen schnell allen Unrath auf. Der große, von Brehm zuerst genau beschriebene Rüppell’sche Aasgeier erscheint erst dann, wenn irgend ein Aas ihn heranlockt. In ungemessenen Höhen, wohin ihm des Menschen Auge nicht zu folgen vermag, zieht er dahin; aber sein Auge beherrscht ein weites Gebiet und die mächtigen Schwingen tragen ihn schnell nach dem Orte, wo ein Stück Wild verendet oder einem Schaf die Kehle durchschnitten wird. Kaum fließt das Blut, so ist auch der Aasgeier da; reiche Beute aber wird ihm zu Theil, wenn das Land weit und breit mit Menschenleichen übersäet ist, wenn die grausamen Bürgerkriege wüthen und den Zug der Heere gefallene Rinder und Schafe bezeichnen. Wo er erscheint, da fehlen auch selten seine kleineren Verwandten, der Schopf- und der Ohrengeier (Vultur occipitalis und V. auricularis). Unter den Adlern begleitet der Augur, ein naher Verwandter unsers Bussards, den Zug der Reisenden, während der „Himmelsaffe“ oder Gaukler (Helotarsus ecaudatus) sowol durch die Kühnheit seines Fluges, als durch die Schönheit seines Gefieders jeden Beschauer in Entzücken versetzt. Unter allen Raubvögeln ist er der stolzeste Flieger: er jagt förmlich durch die Luft. Nur während des Fluges zeigt er seine volle Schönheit. Sitzend bläht er die Federn auf, sträubt Kopffedern und Halskrause und gestaltet sich in einen Federklumpen um. Eine der häufigsten Erscheinungen ist der Schmarotzer-Milan (Milvus parasiticus), dessen scharfem Auge nichts entgeht und der durch seine Allgegenwart an den Schlachtplätzen, wo kein Stückchen Fleisch vor ihm sicher ist, sich lästig macht oder durch die größte Frechheit, mit welcher er dem Menschen das Fleisch fast unter den Händen wegzieht, diese in Erstaunen versetzt. Auch der Singhabicht (Melierax polyzonus) kommt südlich vom 17. Grade in allen Steppenwaldungen häufig vor; er verweilt am liebsten auf einzelnstehenden Bäumen, hat jedoch keinen besonders schönen Flug und giebt ein langgezogenes, eintöniges Pfeifen, keineswegs aber einen melodischen Gesang von sich. Seine Hauptnahrung besteht in Insekten, vorzugsweise aber in Heuschrecken, an denen Abessinien eben nicht arm ist. Unsere Weihen vertritt der in Nordostafrika häufige Steppenweih (Circus pallidus); er meidet jedoch das Gebirge und zieht die breiten Niederungen mit kurzem Gestrüpp vor, aus welchem er auf kluge Weise das kleine Geflügel aufscheucht.

      Unter den Eulen finden wir unsere Schleiereule und den Kauz, die kurzöhrige Eule (Otus brachyotus) und die Zwergohreule (Ephialtes Scops). Im Gebirge haust ein Uhu (Bubo cinerascens), der zu den gemeinsten Eulen gehört. Dieser Uhu horstet am liebsten auf Bäumen und wird nicht wie unsere europäische Art von kleinern Vögeln verfolgt. In den Steppen wie im Gebirge trifft man auf die Ziegenmelker (Caprimulgusarten), jene unheimlichen Vögel mit leisem Fluge und eigenthümlichem Nachtgesange. Gleich großen Nachtfaltern umschweben sie die Wipfel der Bäume und die Dächer der Häuser, um ihrer Kerbthierjagd nachzugehen.

      Reich vertreten sind die schwalbenartigen Vögel (Hirundo, Cypselus). Die meisten derselben sind auch hier Zugvögel und kommen vor Beginn der Regenzeit, im Mai und Juni, um zu brüten.

      Die Hausschwalbe ist Hirundo oder Cecrops rufifrons; sie erscheint kurz vor den Sommerregen und beginnt, sobald diese letzteren die Erde etwas erweicht haben, aus Lehm ein sehr solides, rundes Nest zu bauen, das sie mit der Basis auf Dachsparren aufsetzt, nicht seitwärts anklebt wie unsere Schwalbe. Sie macht zwei bis drei Bruten und verläßt die Höhen erst im Dezember. – Durch schönen Flug zeichnet sich der abessinische Segler (Cypselus abessinicus) aus, der in den Bäumen nistet; er ist ein ausgezeichneter Flieger, wie alle seines Geschlechtes. An manchen Stellen vertritt ihn die Felsenschwalbe (Cotyle obsoleta), die ihr Nest in den Ritzen und Spalten der Felsen baut, doch nur an solchen Orten, wo die räuberischen Affen nicht hingelangen können.

      Prächtig gefärbte Bewohner Abessiniens sind neben der Mandelkrähe (Coracias abessinicus) und dem Eisvogel (Ispidina cyanotis) vor allen andern die Bienenfresser (Merops Lafrenayi) und die Narina (Trogon Narina), die lautlos über den Mimosenbüschen dahinschwebt, die Schmetterlinge oder andere Insekten fängt und durch ihr glänzendes Gefieder das Auge des Beobachters erfreut. Ihnen schließt sich der Wiedehopf (Upupa) an, der neben den Aasgeiern fleißig allen Unrath wegräumt und mit Recht in keinem guten Geruche steht. Seine Verwandten sind die Baumwiedehopfe (Promerops erythrorhynchus), die in Gesellschaften gleich Spechten auf den Bäumen umherklettern, die Ameisen aufsuchen und von dieser Nahrung einen durchdringenden Geruch annehmen. Den Kolibri vertreten in Abessinien die metallglänzenden Honigsauger (Nectarinia metallica, abessinica, affinis), welche von den Arabern „Abu Risch“, Federträger, genannt werden und als die ersten Tropenvögel in Nordostafrika auftreten, auf welche man, aus kälteren Gegenden kommend, stößt. Die reizenden Vögelchen leben meist paarweise auf den Mimosen und ziehen im brennenden Sonnenstrahle von Blüte zu Blüte, um dort Insekten zu fangen, zu singen, die Federn zu sträuben, den Schwanz zu heben und das glänzende Gefieder im Sonnenlichte glänzen zu lassen.

      Keineswegs fehlt es Abessinien an Sang und Klang in der Vogelwelt; neben dem glänzenden Gefieder findet auch der melodische Schmelz der Töne seine Vertretung. Im Rohre schmettert fröhlich der Buschschlüpfer (Drymoica rufifrons) oder die Caricola (C. cisticola), an welche sich die abessinische Baumnachtigall (Aedon minor) anschließt, die schon dem Wanderer entgegenschlägt, wenn er, vom Rothen Meere kommend, bei Massaua seinen Fuß ans Gestade setzt. An Steinschmätzern (Saxicola-Arten), Vertretern unserer Drosseln (Thamnolaea), Bachstelzen (Motacilla alba und flava) ist kein Mangel. Zu letztern, uns aus der Heimat bekannten Arten gesellen sich die verwandten Schafstelzen (Budytes), niedliche Vögel, welche in großer Zahl den Herden folgen, deren treueste Begleiter sind und diesen das Ungeziefer ablesen. Im Hochgebirge, namentlich in Semién, lebt eine Drossel (Turdus simensis), welche unsrer Singdrossel sehr ähnelt, neben der als regelmäßige Wintergäste die Steindrosseln (Petrocincla saxatilis) erscheinen. Als guter Sänger wird der von Lichtenstein entdeckte Droßling (Picnonotus Arsinoë) bald der Liebling aller Reisenden, vor denen er sich durchaus nicht scheut. Anschließend hieran erwähnen wir aus der Familie der Fliegenfänger den Paradiesfänger (Tchitrea melanogastra), den Würgerschnäpper (Dicrourus), die zahlreich vertretenen Würger (Lanius) und unsre Nebelkrähe, die als Wintergast nach Abessinien kommt. Diese trifft als Verwandte hier den Wüstenraben (Corax umbrinus), ein Mittelglied zwischen Rabe und Krähe, der aber nicht blos in der Wüste vorkommt, sondern auch die Flecken und Dörfer besucht, wo er den Hunden und Geiern das Aas streitig macht, während er draußen nach Früchten, am Strande nach Muscheln sucht und eben Alles verschlingt, was sich ihm darbietet. Ein echter Gebirgsvogel ist der kurzschwänzige Rabe (Corvus affinis), der bis zu 11,000 Fuß aufsteigt und dort in großen Scharen weilt. Durch seinen kurzen Schwanz macht er sich vor allen Verwandten leicht kenntlich; er vertritt in Abessinien unsern Kolkraben, lebt nur paarweise und bedeckt Abends, wenn er zur Rast geht, oft große Felsblöcke. Die Staare sind durch mehrere Geschlechter, die dohlenartigen Felsenstaare (Ptilonorhynchus), Glanzdrosseln (Lamprocolius) und Glanzelstern (Lamprotornis) vertreten. Bei Weitem der interessanteste Vogel aus dieser Familie ist aber der afrikanische Madenhacker (Buphaga erythrorhyncha), СКАЧАТЬ