Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia
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СКАЧАТЬ die kleine Prinzeß.

      »Durchlaucht belieben starke Ausdrücke,« gab er hochmütig zurück. »Denn wenn ich zu etwas nicht Anlage habe, so ist es zum Toggenburg.«

      »Dazu wären Sie auch zu schade –« –

      »O wirklich –?«

      »Ja, denn Sie sollen siegen, aber nicht schmachten. Schmachten ist für einen Mann etwas Gräßliches – Jämmerliches. Wenn man Sie als Prometheus an einen Felsen schmiedete, und die Geier an Ihrem Herzen hackten –« –

      »Es war die Leber, Durchlaucht!« – unterbrach er sie ironisch.

      »Und die Geier an Ihrem Herzen hackten,« fuhr sie unbeirrt fort, »dann würde ich so viel glühende Thränen weinen auf Ihre Fesseln, bis sie schmölzen. Aber für einen Gefangenen im Bagno mit der Kugel am Fuß rühre ich keinen Finger!«

      Die kleine, leidenschaftliche Rede verfehlte ihre Wirkung nicht. Falkner führte gerührt und geschmeichelt – vielleicht letzteres noch mehr, das reizende kleine Händchen, das auf seinem Arm lag, an die Lippen.

      »O, Prinzeß Lolo!« murmelte er.

      »Nennen Sie mich doch nicht auch mit diesem schrecklichen Namen,« bat sie leise mit schmeichelnder Stimme.

      »Eleonore!« sagte er da, ohne Titel, ohne Prädikat.

      »Alfred!« jauchzte es noch leiser zurück, aber mit solchem Herzensjubel, daß er davor erschrak. Was war geschehen? Was hatte er gethan? Doch zum Überlegen war keine Zeit – man war an Ort und Stelle.

      Vor der Kapelle, die grau und verwittert unter dem dichten Blätterdach der sie umgebenden Eichen lag, standen zwei Diener mit Fackeln – sie hatten einen näheren Weg genommen, um die Herrschaften zu erwarten.

      Der Herzog setzte sich sogleich auf eine Steinbank vor der Pforte. »So! Nun macht, was ihr wollt, ich bleibe hier,« erklärte er behaglich; die Lust in die Gruft hinabzusteigen, war übrigens auch bei den anderen nichts weniger als groß und man zögerte vor der nun geöffneten Pforte, bis Dolores zu Prinzeß Lolo sagte:

      »Nun denn, so muß ich Ihnen allein die Honneurs dort unten machen, Durchlaucht!«

      Aber der kleinen Durchlaucht war längst die Lust vergangen – sie hatte durchgesetzt, was sie sich eingebildet hatte, mehr wollte sie eigentlich nicht, und ihr Hasenherzchen fing merkwürdig an zu zittern und zu klopfen vor der Kapellenthür, auf welcher das Fackellicht unheimlich flackerte.

      »Gehen Sie mit?« fragte sie zaghaft, zu Falkner emporsehend.

      »Gewiß,« sagte dieser. »Dort unten habe ich sogar Repräsentationspflichten und größere Rechte, als meine Cousine, die Lehnsherrin!«

      »Ein bitterer und grausiger Humor,« meinte Dolores ernst und gelassen.

      »Ich schließe mich gleichfalls an,« erklärte Doktor Ruß sehr zum Mißfallen seiner Frau, und die Vier betraten die Kapelle, gefolgt von Ramo, der eine Stocklaterne entzündet hatte und mit derselben leuchtete.

      Im Kapellenraum brannte hinter rotem Glase eine ewige Lampe, deren herrliche Form in schwerem Silber von der Decke herabhing. Der Altar, darin an bestimmten Tagen ein Priester Seelenmessen las für die ewige Ruhe der hier beigesetzten Falkner, war reich und prächtig bestellt – fromme Gaben Hinterbliebener, welche all diese gold- und silberstrotzenden Antependien, Leuchter, Vasen, Evangelien- und Episteltafeln als Opfer niedergelegt hatten für die dahingeschiedenen Geliebten.

      Dolores, Falkner und Ramo neigten sich bekreuzend vor dem geschlossenen Tabernakel – dann öffneten sie ein Gitter, das eine steile aber breite Treppe abschloß und sie schritten, Ramo voran, dieselbe herab, hinter der Prinzeß, welche nur zaghaft den ihr zukommenden Vortritt nahm. Die Treppe mündete in einen hallenartigen Keller, in dessen gewölbten Nischen Särge standen von allen Größen, viele bedeckt mit verdorrten Kränzen.

      »Hu, wie schrecklich!« flüsterte die Prinzeß halb weinend.

      »Das sind neuere Generationen,« erklärte Falkner. »Die eigentliche Gruft liegt hinter jener Thür, und dieser Raum wurde ehedem als Kapelle benutzt, ehe es da drinnen zu enge wurde und man die Vorhalle droben als Kapelle einrichten mußte. Tempus fugit,« setzte er bedeutungsvoll hinzu.

      »Tempus fugit,« wiederholte Doktor Ruß. »Künftige Geschlechter werden sich eine neue Stätte für ihren letzten Schlaf errichten müssen.«

      »Es ist noch Platz hier für die beiden letzten Falkner,« erwiderte Dolores, seltsam bewegt. »Die Nischen sind gefüllt – hier aber, mitten im Raum, sind zwei aufgemauerte Postamente für die Särge, und hier trifft sie früh die Morgensonne durch das Gitterfenster, und frei kann die Waldluft sie umwehen. Es sind die besten Plätze, und niemand kann sie ›dem letzten Falkenpaare‹ wehren, denn wenn der letzte hinabgetragen ist, dann wird die Thür oben zugemauert, und die ewige Lampe erlischt –«

      »Wer aber wird das letzte Falkenpaar sein?« fragte Prinzeß Lolo beklommen, und als niemand antwortete, stieß sie einen leisen Schrei aus. »Sie beiden?« flüsterte sie scheu, auf Alfred und Dolores deutend.

      »Wer weiß es?« sagte ersterer und schritt der verschlossenen Thür zu, sie zu öffnen, während Dolores die prophetischen Worte der Ahnfrau einfielen:

      Kann sich das Edelfalkenpaar nicht finden,

      Dann wird der Stamm erlöschen und verschwinden.

      »Verschwinden,« schien das Echo zu sagen, welches das gedachte Wort gar nicht erweckt hatte.

      Der Raum, den sie jetzt betraten, war bedeutend kleiner, und die feuchte Grabesluft des großen Gruftgewölbes fehlte ihm, denn die Wände waren mit Blei bedeckt, von dessen blinden Flächen noch schwarze Tuchfetzen herabhingen, mit denen die Wände ehedem zum »pompe funèbre« behangen waren.

      »Der Luxus unserer Vorväter hatte dieselben mehr konserviert als es jede Einbalsamierung thun konnte,« sagte Doktor Ruß, indem er auf die Bleiwände deutete. »Deshalb können wir auch heute noch beurteilen, ob der Maler der ›bösen Freifrau‹ geschmeichelt hat oder nicht.«

      Er winkte Ramo, und dieser beleuchtete drei nebeneinander stehende reichbeschlagene, mit Samt bekleidete Prachtsärge, auf deren mittelsten eine Tafel angebracht war zu Füßen des Kruzifixes, auf welcher man deutlich den Namen: »Dolorosa, Freifrau von Falknerin« lesen konnte. Doktor Ruß und Falkner faßten den Deckel bei den Handhaben, hoben ihn herab und enthüllten einen zweiten Bleisarg, der in dem Prunksarg eingelassen war. Auch dessen Deckel wich und Dolores sah mit einem Ausruf höchster Überraschung eine Gestalt in dem Sarge liegen, von deren Haupt das Haar zwar glanzlos, aber genau so kupferrot leuchtete, wie auf dem ihren, und näher tretend konnte sie die von der Zeit zwar vergilbten, aber wunderbar erhaltenen Züge der »bösen Freifrau« erkennen, wie sie hier so friedlich zu schlafen schien im silbergestickten, weißen Damastkleide, das sich über einem goldgestickten, mattgrünen Unterkleide von Atlas öffnete. Die schmalen, schlanken Hände, welche aus den übergeschlagenen Spitzenmanschetten der hochgepufften Ärmel hervorragten und nun wie vergilbtes Elfenbein aussahen, waren über der Brust gefaltet, welche ein tiefer Ausschnitt des Kleides halb entblößte, der feingestickte, spitzenbesetzte mächtige Kragen aber leicht bedeckte. Um den Hals lag ein dünnes Goldkettlein, die rotgoldenen Haare waren dicht gekräuselt und in den leichten Federlöckchen lag im seltsamen Gegensatze zu dem grünen Unterkleide, eine spitze, lange, schwarze Witwenschneppe.

      Mächtig erschüttert sah Dolores auf die Ahne herab, deren Züge sie trug, diese Züge, auf denen die Bleibekleidung СКАЧАТЬ