Die Ahnen. Gustav Freytag
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Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ rate ich,« warf Bero bedächtig ein, »daß du, Häuptling des Gaues, die Fremden in die Dörfer verteilst. Alle Nachbarn werden sie gutwillig als Gäste empfangen, dann hat jeder sein Teil und keiner wird beschwert. Denn sie führen auch Beuterosse an der Leine, darunter Haupthengste; sieh diesen Schimmel, Herr! Mancher Nachbar hätte seine Freude, ein Roß zu erhandeln und im Winter am Herdfeuer von fremder Kriegsfahrt zu hören.«

      Herr Answald lächelte, aber er versetzte eifrig: »Du denkst verständig, Bero, der Hof aber hat das nächste Recht, und diesmal, Nachbar, läßt er‘s sich nicht nehmen. In wenig Tagen zimmert ihr Gäste mit meinen Knaben den Schlafsaal, dort mögt ihr geborgen den Wintersturm überdauern.«

      »Der Wille war gut«, sprach Bero. »Führe meinen Braunen her, Frida.« Er trat zu einem alten Krieger der Vandalen, reichte ihm die Hand und sagte: »Gedenkt unserer Reden. Jetzt steht ihr auf Herrengrund, begehrt ihr einmal unter das Dach des Bauern, so seid ihr willkommen im freien Moor.« Er sprach noch einige Worte zu seiner Tochter, dann schwang er sich wuchtig auf sein Roß und trabte grüßend talab.

      Ingo aber führte die einzelnen Genossen dem Hofherrn zu und nannte die Namen. Vor den andern stand ein bejahrter Krieger, die Glieder wie aus Erz geformt, fest die Züge und kühn der Blick, lang hing ihm der graue Bart herab, ein Held, dem man ansah, daß er der Schlachten gewohnt war und hart gegen jede Gefahr. »Dies ist Berthar, ein edler Mann. Er führte mich, da ich ein Knabe war, unter seinem Schild aus seinem brennenden Hofe, meinem letzten Zufluchtsort an der Landesmark – die Burgunden hatten ihn angesteckt, die damals mit meinem Oheim verbündet waren. Seitdem war er mein Lehrer in allem Waffenwerk; wie ein Vater hat er meine Jugend gehütet, ihm danke ich, wenn ich bisher meiner Ahnen nicht unwert war.«

      Und als Herr Answald dem Helden die Hand bot, antwortete dieser: »Ich erinnere mich des Tages, wo mein Vater den deinen in seinem Hofe bewirtete, es war ein Herbsttag wie heut und es war gute Jagd in den Bergen, die wir die Riesenberge nennen. Ich erlegte damals den ersten Eber, und Held Irmfried lud mich scherzend zur Jagd in die Waldhügel der Thüringe. Lange bin ich gereist, und weißer Reif fiel auf mein Haar, bis ich in dein Gehege vordrang, aber jetzt bin ich hier, o Herr, und bereit, wenn du‘s gestattest, hinter dir auf den Wildpfad zu steigen.«

      Diese Rede freute den Fürsten, auch er nannte den Fremden die Würden seiner Bankgenossen und mahnte beide Teile, einander gute Gesellen zu sein. Darauf ritt er mit Irmgard voran, damit Ingo vertraulicher mit den Wiedergefundenen rede. Als die Vandalen gesondert waren, erhoben sie noch einmal den Heilruf und ritten im Getümmel freudig durcheinander. Wieder flogen Fragen und Antworten hin und her, bis Berthar die Schar zum Hofe führte. Schwer war die Reihe zu erhalten, denn immer noch drängten die Treuen um ihren Herrn, und ihr Geschrei schallte von den Bergen zurück. Ingo aber sprach auf dem Wege zu Berthar: »Wundergleich ist mir, daß ich deine Hand halte, mein Vater. Du aber berichte mir noch einmal alles, wie ihr euch aus der Schlacht gerettet und mich gefunden.«

      »Auf dem Pfad der Fische zog der Herr,« begann Berthar lachend, »ihm folgte das Gesinde. Wir schlugen über unsere Fersen manchen Schwertschlag gegen die verfolgende Schar, bis ich am Ufer eine Stelle zum Absprung erspähte: wie die Frösche hüpften deine Knaben in den Rhein – nicht alle, Herr, du gedenkst auch ihrer, die heut fehlen. Auf den Lindenschilden rangen wir abwärts in herber Not, umschwirrt von den Pfeilen der Feinde. Da sandte uns ein freundlicher Gott die Hilfe. Ein Weidenstamm, durch die Flut vom Ufer gerissen, trieb als gewaltiger Klotz mit Wurzel und Astwerk langsam den Strom entlang, er deckte die Müden, und ziehend richteten wir ihn abwärts vom Römerufer. So fuhren wir in dichtem Schwarme gemengt mit flüchtigen Kämpfern der Alemannen, gleich einem Volk Aale, welches um ein totes Wild wimmelt. Als wir gerettet ans Ufer der Landsleute stiegen, bargen wir uns im dichten Wald und forschten bei Nacht in den Tälern um Kunde nach dir. Den letzten Dienst dachten wir unserem Herrn zu erweisen und seinen Totenhügel zu umrennen. Aber vergebens war das Spähen und Fragen, keiner der Flüchtigen hatte dein Antlitz geschaut. Da schlugen wir uns kummervoll über den Schwarzwald bis in das Land der Burgunden, gedrängt von den Heerhaufen der Römer. Als wir von den burgundischen Wächtern vor das Antlitz ihres Königs Gundomar geführt wurden, war der Ruf von deinem Sprunge schon zu ihm gedrungen, auch er meinte dich hinaufgehoben in die Halle der Götter. Dir war er feindselig gewesen, jetzt aber seufzte er, da ich deinen Namen nannte, er gedachte deiner Tugend und scheute sich, uns gebunden den Römern auszuliefern. Er bot uns an, seinem Heere bei einem Zuge zu folgen, den er ostwärts gegen die Markleute an der Donau rüstete. Wir bedurften gar sehr Rosse und Gewand, denn wir waren wie Dohlen in der Mause und sehnten uns nach Raub. Darum zogen wir mit, und es gelang uns wohl, deine Knaben kamen zu guten Rossen und ziehen stattlich einher mit gefüllten Säcken. Im vorletzten Mond lagen wir eines Abends am Ufer der Donau, die Burgunden trugen die Beute zusammen, tranken lustig und schwatzten, wie sie gern tun, mit römischen Händlern und Gauklern, die um Gewinst und Gabe herangeeilt waren. Deine Knaben aber hatten trüben Mut und sahen zu, wie die dürren Blätter im Herbstwinde hinfuhren. Da trat ein fahrender Mann zu mir und begann grüßend: ›Gefällt dir‘s, Held, so will ich dir ein Rätsel sagen, ob du die Antwort darauf findest: ›Wer schwenkte den Spielmann in das Schiff, wer tauchte unter Speeren wie ein wunder Schwan?‹ Ich erschrak und antwortete: ›König Ingo schwenkte den Volkmar in das Schiff, und der König verging im Strom wie ein wunder Schwan.‹ Da antwortete der Fremde: ›Du bist es, den ich suche, und weit bin ich darum gewandert als Bote meines Genossen. Jetzt, weil ich dich gefunden, höre auch den zweiten Spruch, den dir Volkmar sendet: ›In Irmfrieds Halle sitzt der Hüter der Schwäne, am Herdsitz der Thüringe harrt er der Entflogenen.‹

      Da wurden wir froher als ich‘s sagen kann, denn wir verstanden, was der Name Irmfried bedeutete. König Gundomar wollte uns behalten, ich aber bat ihn, uns die Heimfahrt zu gestatten. Ich sagte ihm nicht, daß die Heimat deiner Knaben da ist, wo der Leib ihres Herrn seinen Schatten wirft.«

      »Arme Knaben,« klagte Ingo finster, »der Schatten ist klein geworden, er deckt nicht mehr die Spur eurer Füße.«

      »Auch dir geht wohl eine neue Sonne auf,« tröstete der Alte, »die deinen Schatten über weites Land wirft. Jetzt gilt es, daß deine müden Knaben einen Unterschlupf finden gegen den Wintersturm. Sobald die Knospen der Bäume schwellen, geleiten wir dich zu neuer Heldenfahrt. Sage mir, König, ob die Dächer, die ich vor mir sehe, uns wohl während des Winters beschirmen.«

      »Mögen die Götter uns das gnädig fügen«, versetzte Ingo ernst. »Mehr Glück fand ich hier, als ich ahnte, geringere Sicherheit, als ich hoffte.«

      Das Tor des Herrenhofes war weit geöffnet, der Wirt empfing die Fremden und geleitete sie zur Halle; dort wurde ihnen das Begrüßungsmahl bereitet, und verteilt zwischen den Mannen des Fürsten lagerten die Vandalen an den Bänken. Am nächsten Morgen begann ein emsiges Hämmern und Heben; aus dem Vorrat von Balken und Sparren, der hochgeschichtet im Hofe lag, wurde an Ingos Haus ein Schlafsaal für seine Genossen gezimmert, dabei ein vorläufiges Gehege für die Rosse. Nach wenig Tagen stand der Bau gerichtet, denn groß war die Zahl der helfenden Hände. Auch die Nachbarn kamen, begrüßten die Fremden und musterten die starke Koppel lediger Rosse, sie kauften und tauschten und nahmen für Beuterosse, die sie behielten, andere in das Winterfutter. Um den stillen Herrenhof war jetzt lustiges Gewühl der Gauleute und Getümmel der Männer und Rosse; die hohen Gestalten der Vandalen schritten in ihrer fremden Kriegertracht zwischen den Häusern und lagen neben den Mannen des Fürsten auf den Stufen der Halle, sorglos lachend und gern erzählend, wie die Art ihres Stammes war, sie zogen mit den Hofleuten in den Wald und ritten als willkommene Gäste in die Dörfer des Gaues.

      Aber die Herren im Hofe merkten nach wenig Wochen, daß es schwierig war, unter ihrem Gefolge den Frieden zu erhalten. Denn die Jungen waren stolz und jäh im Zorn und die Alten achteten eifersüchtig auf die Ehre ihrer Herren. So kamen Radgais, der Vandale, und Agino, ein wilder Gesell des Hofes, miteinander in Zwist, weil der Vandale einem Mädchen des Dorfes, das ihm zulachte, eine Spange geschenkt hatte. Darüber wurde Agino unwillig und sprach höhnend: »Wir meinten sonst, daß der Schatz deines Herrn gering sei, СКАЧАТЬ