Название: Insolvenzstrafrecht
Автор: Gerhard Dannecker
Издательство: Bookwire
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811440494
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Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › A. Praktische Bedeutung der Insolvenzen und ihre Bedeutung für die strafrechtliche Praxis › III. Kriminalstatistische Entwicklungen im Bereich des Insolvenzstrafrechts
III. Kriminalstatistische Entwicklungen im Bereich des Insolvenzstrafrechts
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Die aufgezeigte Entwicklung im Bereich der Insolvenzen in Deutschland spiegelt sich in der nationalen Strafrechtspraxis wider. Im Deliktsbereich der im Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität [41] erfassten Insolvenzstraftaten (§§ 283, 283a–d StGB, § 84 GmbHG, §§ 130b, 177a HGB, § 15a IV InsO) stieg dabei die Zahl der registrierten Fälle von 2.485 im Jahre 1987 auf einen Höchststand von 15.093 im Jahre 2007. Nachdem die Zahlen dann in den folgenden Jahren zurückgingen, zeigte sich ein erneutes Hoch mit 12.392 im Jahr 2011. Seitdem waren die Zahlen bis zum Jahr 2014 rückläufig, stiegen dann zuletzt im Jahr 2015 aber um 3,0 %[42] auf 11.153 registrierte Fälle an.
In diesem Untersuchungszeitraum stieg allein die Zahl der erfassten Fälle des Bankrotts (§ 283 StGB) von 1.762 im Jahre 1987 auf 4.373 im Jahre 2004, das wiederum den Höchststand der registrierten Fälle markiert. Im Jahre 2014 ergibt sich auch hier eine leicht reduzierte Anzahl von erfassten Bankrottfällen in Höhe von 3.280 Fällen. Die Konkurs- bzw. Insolvenzverschleppung gem. § 84 GmbHG stieg von 1.791 erfassten Fällen im Jahre 1987 auf ein historisches Hoch von 8.425 Fällen im Jahre 2005. Eine Vergleichbarkeit mit den Jahren ab 2009 kann aufgrund der Tatsache, dass die Insolvenzverschleppung seit dem 1.11.2008 für alle Gesellschaftsformen einheitlich in § 15a InsO geregelt ist,[43] nicht hergestellt werden. Es wird geschätzt, dass 50 bis 80 % aller Unternehmenszusammenbrüche von Insolvenzstraftaten begleitet werden.[44] Auch in diesem Deliktsfeld wird ein erhebliches Dunkelfeld angenommen.[45]
Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › A. Praktische Bedeutung der Insolvenzen und ihre Bedeutung für die strafrechtliche Praxis › IV. Praktische Bedeutung des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes
IV. Praktische Bedeutung des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes
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Trotz der hohen Zahl an Insolvenzen sinkt seit Längerem die praktische Bedeutung des Gläubigerschutzes durch das Insolvenzstrafrecht.[46] So liegen die Quoten bei ungesicherten Gläubigern bei unter 5 % der Forderungen, bei bevorrechtigten Gläubigern zwischen 20 und 40 %. Zudem wird das Verfahren bei etwa 40 % aller Insolvenzen mangels Masse eingestellt oder gar nicht erst eröffnet.[47] Es entspricht folglich nicht der wirtschaftlichen Realität, von einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger auszugehen. Dies hängt weniger mit den der Insolvenzordnung selbst immanenten Möglichkeiten unterschiedlicher Befriedigung der Forderungen nach Rangordnungen und Vorrechten zusammen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang vielmehr die Anerkennung von weitestgehend „insolvenzfesten“ Sicherungsformen. Zu denken ist etwa an die Globalzession, die Sicherungsübereignung und den (verlängerten) Eigentumsvorbehalt.[48] Da infolge solcher Sicherungsmaßnahmen die Tatobjekte nicht mehr Bestandteile des Schuldnervermögens sind, greifen zum Schutz derart gesicherter Gläubiger die traditionellen Eigentums- und Vermögensdelikte ein, so dass sich das Insolvenzstrafrecht in einem erschwerten Spannungsfeld[49] bewegt: Zum einen soll es einen Beitrag zur Vermeidung zukünftiger Insolvenzen durch die Sicherung ordnungsgemäßen Wirtschaftens vor und in der Krise leisten, ohne dabei die Möglichkeit von Sanierungsversuchen einzuengen. Zum anderen soll es die Gewähr für die rechtzeitige Stellung von Insolvenzanträgen bieten, um eine möglichst hohe Haftungsmasse zu erhalten. Letzteres ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Bedeutung, dass die Höhe der Verbindlichkeiten durch Sanierungsbemühungen enorm steigen kann.[50]
Anmerkungen
Dazu Rn. 880 ff.
Dazu Rn. 980 ff.; Rn. 1318 ff.
Dazu Rn. 985; Rn. 1318 ff.
Zur Empirie der Strafverfolgung bei Insolvenzdelikten: Liebl Kriminalistik 2011, 297, 298 ff.
Vgl. dazu auch LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 11.
Creditreform Wirtschaftsforschung Insolvenzen in Deutschland, 2016, S. 1.
Creditreform Wirtschaftsforschung Insolvenzen in Deutschland, 2016, S. 1.
Creditreform Wirtschaftsforschung Insolvenzen in Deutschland, 2016, S. 4.
Creditreform Wirtschaftsforschung Insolvenzen in Deutschland, 2016, S. 10.
Vgl. СКАЧАТЬ