Название: Compliance Management im Unternehmen
Автор: Martin R. Schulz
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800593217
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Wie ausgeführt, honorieren Gerichte und auch der Gesetzgeber inzwischen ausdrücklich die Existenz von Compliance-Maßnahmen, jedenfalls sofern dadurch das ernsthafte Bemühen zur Prävention von Regelverletzungen zum Ausdruck kommt. Zwar können Regelverletzungen auch durch Compliance Management nicht vollständig verhindert werden. Allerdings lässt sich das Risiko der „Non-Compliance“ durch wirksame Compliance-Maßnahmen erheblich reduzieren Dadurch leistet ein wirksames Compliance Management einen wesentlichen Beitrag dazu, das immense Kostenrisiko und die sonstigen Nachteile von „Non-Compliance“ einzudämmen.
2. Schutz von Unternehmen, Leitungsorganen und Unternehmensangehörigen
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Zugleich schützt ein wirksames Compliance Management das Unternehmen, seine Leitungsorganen und die Unternehmensangehörigen. Erfasst wird sowohl der Schutz des Unternehmens vor zivilrechtlicher Haftung und strafrechtlichen Sanktionen als auch der Schutz der Geschäftsleiter und Unternehmensangehörigen vor persönlicher zivil- und strafrechtlicher Haftung.346 Erfasst wird ferner der Schutz vor Nachteilen im Geschäftsverkehr und Wettbewerb347 (etwa durch unwirksame Geschäftsmodelle, Transaktionen oder den Ausschluss von Aufträgen) sowie der Schutz gegenüber Angriffen von außen (z.B. durch „Hacker“-Angriffe).348
3. Sicherung der Reputation und Vertrauenserhalt der Stakeholder
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Darüber hinaus fördert bzw. erhält ein wirksames Compliance Management den guten Ruf des Unternehmens und das Vertrauen der Stakeholder. Wie ausgeführt,349 kann ein positives Image des Unternehmens bei den maßgeblichen Bezugsgruppen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Investoren etc.) durch Fälle von „Non-Compliance“ schnell beschädigt oder zerstört werden. Umgekehrt sichert ein funktionierendes Compliance Management das Vertrauen der Stakeholder in eine rechtskonforme und integre Geschäftstätigkeit und in einen glaubwürdigen Auftritt des Unternehmens in der Öffentlichkeit.350 Damit kann auch den wachsenden (CSR-)Erwartungen an verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln durch die (stärkere) Berücksichtigung von Reputationsrisiken im Sinne eines „Reputational Risk Management“ bei der Entscheidung über neue Geschäftsmodelle und Transaktionen Rechnung getragen werden.351
4. Eröffnung und Wahrung rechtlicher Chancen und Gestaltungsoptionen
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Richtig verstanden erfüllt Compliance Management primär eine „enabling function“ insofern, als rechtlich gesicherte Handlungsoptionen und Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Das gilt etwa durch die Verdeutlichung von Optionen für eine vorbeugende Vertragsgestaltung oder steuerrechtliche Strukturierung im Interesse des Unternehmens.352 Ein funktionierendes Compliance Management hilft somit, Unternehmenswerte zu schaffen353 und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Denn Unternehmen können auch dadurch gefährdet werden, dass Maßnahmen vorausschauender Rechtsgestaltung nicht oder nur unzureichend genutzt werden.354 Wie gezeigt,355 sollten bei der Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten stets auch die Reputation des Unternehmens in der Öffentlichkeit sowie die Beziehungen zu maßgeblichen Bezugsgruppen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Investoren etc.) berücksichtigt werden.356
5. Vorteile beim Marketing und im Wettbewerb
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Durch ein funktionierendes Compliance Management können zudem positive Marketing-Effekte erzielt werden.357 Denn die Unternehmensleitung signalisiert sowohl unternehmensintern als auch im Geschäftsverkehr, dass Normverletzungen systematisch verhindert bzw. geahndet werden. Gelingt es der Unternehmensleitung, Regelkonformität sowie integres Verhalten glaubwürdig an alle Stakeholder zu vermitteln, kann sich das Unternehmen durch ein funktionierendes Compliance Management von Wettbewerbern differenzieren (wirksames Compliance Management als Wettbewerbsvorteil).358 Im Kampf um Bewerber und qualifizierten Nachwuchs trägt ein wirksames Compliance Management dazu bei, gute Mitarbeiter zu gewinnen bzw. längerfristig zu halten.359 Denn viele Nachwuchskräfte erwarten von Unternehmen ein gutes Images bzw. ein ihren Vorstellungen entsprechendes ethisches Verhalten.360 Die oben genannten positiven Marketingeffekte von Compliance-Maßnahmen setzen allerdings voraus, dass das Compliance Management und die damit verbundenen Maßnahmen regelmäßig überprüft und aktualisiert werden.361
6. Verteidigungsmöglichkeiten bei „Non-Compliance“
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Mithilfe von Compliance Management kann die Geschäftsleitung Risiken aus Regelverletzungen reduzieren, jedoch nicht in jedem Fall vollständig ausschließen. Wie gezeigt, kann in einem Fall von „Non-Compliance“ der dokumentierte Nachweis eines grundsätzlich existenten Compliance-Management-Systems allerdings zur Verteidigung geltend gemacht werden.362
7. Verbesserung von Strukturen und Prozessen
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Die systematische Beschäftigung mit Compliance-Risiken und die Einführung geeigneter Organisationsmaßnahmen können zu Verbesserungen unternehmensinterner Strukturen und Prozesse beitragen. Dies gilt etwa für die Frage von (neu zu schaffenden oder konkreteren) Zuständigkeiten für Compliance, der besseren Koordination von Informationsflüssen, der Schaffung bzw. Verbesserung von Kommunikationswegen oder des (besseren) Austausches unterschiedlicher Unternehmensfunktionen zu Compliance-Fragen.363 In diesem Zusammenhang lässt sich daher auch ein professionelles Informations- und Wissensmanagement für das Unternehmen etablieren bzw. weiterentwickeln.364 Die für ein effektives Compliance Management erforderliche kontinuierliche Analyse der Veränderungen rechtlicher Vorgaben und Standards erfüllt ferner eine Qualitätssicherungs- und Innovationsfunktion.365 So können sich Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten bei Geschäftsprozessen oder bei der Behandlung von Compliance-Themen ergeben.366
V. Zusammenfassung und Empfehlungen
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Im Mittelpunkt von Compliance Management stehen organisatorische Vorkehrungen zur Prävention von Regelverstößen, zur Aufdeckung von „Non-Compliance“ sowie zur angemessenen Reaktion bzw. Sanktionierung. Die sog. Compliance-Organisationspflicht betrifft grundsätzlich alle Unternehmen und Verbände, ihre Wahrnehmung zählt zum Kernbestand rechtskonformer Unternehmensführung.
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Neuere Entwicklungen zeigen, dass wirksame Compliance-Maßnahmen für Unternehmen und Verbände zahlreiche Vorteile bringen, insbesondere im Hinblick auf Sanktionsmilderung im Falle von Regelverstößen. Damit ist Compliance Management für alle Unternehmen und Verbände relevant.
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Jenseits von speziellen branchenspezifischen Vorgaben existiert kein allgemein verbindlicher Rahmen für die Konzeption und Ausgestaltung von Compliance-Maßnahmen. Deren Art und Umfang richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen Compliance-Risiko-Profil des Unternehmens bzw. Verbands, welches durch individuelle Faktoren wie Größe und Struktur, Besonderheiten des Geschäftsmodells, geographische Präsenz etc. bestimmt wird.
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Für die entscheidende Frage der Wirksamkeit eines Compliance Managements fehlt es (abgesehen von branchenspezifischen Regeln) bislang СКАЧАТЬ