Название: Der Lizenzvertrag
Автор: Michael Groß
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592883
isbn:
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Es erhebt sich aber die Frage, ob der Lizenznehmer auch ohne besondere Vereinbarung eine Ausübungspflicht hat. Ausschlaggebend hierfür ist der Parteiwille. Ist er nicht ausdrücklich niedergelegt, so muss untersucht werden, ob er sich aus den Vertragsverhandlungen oder aus der Ausgestaltung des Vertrages ergibt. Lässt sich hieraus nichts entnehmen, so ist festzustellen, welches der mutmaßliche Wille der Parteien war. Dies ist oftmals schwierig.95
In der Literatur wurde der Versuch unternommen, die Kriterien zu finden, bei deren Vorhandensein eine Ausübungspflicht anzunehmen ist. Verschiedentlich wollte man die Ausübungspflicht aus der Rechtsnatur des Lizenzvertrages ableiten, weil es sich um einen verlagsähnlichen Vertrag handle.96 Wie problematisch es ist, Schlüsse aus der Rechtsnatur des Lizenzvertrages zu ziehen, ergibt sich schon daraus, dass über diese große Meinungsverschiedenheiten bestehen.97 Ein Teil der Literatur stellte vor allem darauf ab, ob die Verpflichtung zur Zahlung einer Gebühr von der Ausübung abhängig ist oder nicht.98
b) Ausübungspflicht bei einer ausschließlichen, alleinigen Lizenz99
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Eine Ausübungspflicht wird in der Literatur grundsätzlich dann angenommen, wenn eine ausschließliche Lizenz erteilt wird.100 Gleiches gilt für eine alleinige Lizenz. Auch die Rechtsprechung scheint sich dieser Auffassung anzuschließen.101 Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass „grundsätzlich“ im juristischen Sprachgebrauch bedeutet, dass Ausnahmen bestehen. Solche können insbesondere dann vorliegen, wenn aus den Vertragsbestimmungen etwas anderes geschlossen werden muss. Lüdecke begründet die Ausübungspflicht bei der ausschließlichen Lizenz damit, dass der Lizenzgeber für die Vertragsdauer alles aus der Hand gebe, weil er nicht, wie bei der einfachen Lizenz, weitere Lizenzen vergeben könne und die wirtschaftliche Auswertung sowie die Wahrnehmung seines Interesses an dem Vertrieb der Erzeugnisse allein dem Lizenznehmer überlasse. Wer, wie hier der Lizenznehmer, eine derartige ausschließliche Stellung erlange, werde in der Regel verpflichtet sein, mit der Erfindung das zu tun, was man gemeinhin mit gewerblichen Schutzrechten mache, nämlich sie auszuwerten. Je mehr dieses ausschließliche Recht durch vertragliche Vorbehalte eingeschränkt werde, desto eher könne eine Ausnahme von der Ausübungspflicht bestehen. Nach Auffassung von Schade spricht die Vereinbarung einer Pauschalgebühr auch bei ausschließlichen Lizenzen gegen eine Ausübungspflicht.102
c) Ausübungspflicht bei einer einfachen Lizenz103
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Hinsichtlich der einfachen Lizenz gehen die Meinungen auseinander. Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, die Erteilung einer einfachen Lizenz spreche gegen eine Ausübungspflicht.104 Dagegen wird die Ausübungspflicht auch für die einfache Lizenz, z.T. allerdings mit Einschränkungen, von Möhring und Reimer bejaht.105
Im Allgemeinen wird man bei der einfachen Lizenz eine Ausübungspflicht verneinen müssen, wenn nicht besondere Umstände für sie sprechen, weil hier dem Lizenznehmer keine Monopolstellung eingeräumt wird und der Lizenzgeber die Möglichkeit hat, neben dem Lizenznehmer selbst herzustellen und zu vertreiben oder weitere Lizenzen zu vergeben.
Aus der Tatsache, dass eine Stück- oder Umsatzlizenz vereinbart ist, kann eine Ausübungspflicht bei der einfachen Lizenz noch nicht entnommen werden. Es müssen noch weitere Umstände hinzukommen, die für eine Ausübungspflicht sprechen. Dies ist z.B. der Fall, wenn dem Lizenznehmer außer dem Recht, ein Schutzrecht zu verwerten, noch zusätzliche Informationen gegeben werden. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass der Lizenzgeber eine Leistung erbringt – in diesem Fall die Information –, ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten. Das Entgelt ist aber insoweit von der Ausübung abhängig. Werden außer der Einräumung des Benutzungsrechts keine weiteren Leistungen erbracht, so kann man die Auffassung vertreten, dass der Anspruch auf eine Gegenleistung erst begründet ist, wenn der Lizenznehmer von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch macht. Nach Meinung von Schade hat sich in Abweichung von der hier vertretenen Ansicht für den deutschen Rechtskreis der Grundsatz herausgeschält, dass bei der einfachen Lizenz, für die eine Stück- oder Umsatzlizenz vereinbart ist, eine Ausübungspflicht besteht.106
Lüdecke und Schade sind der Auffassung, dass die zusätzliche Vereinbarung einer Mindestlizenz den Schluss nahelegt, dass eine Ausübungspflicht nicht gewollt sei, weil dem Lizenzgeber durch die Mindestlizenz die Lizenzgebühr unabhängig von der Herstellung und vom Umsatz gesichert sei. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass derartige Mindestlizenzen gerade vereinbart werden, um die Ausübung durch den Lizenznehmer sicherzustellen.107
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Aus den obigen Ausführungen108 ergibt sich, dass die Vertragspartner in jedem Fall, auch bei der Erteilung von ausschließlichen Lizenzen, ausdrücklich bestimmen sollten, ob eine Ausübungpflicht besteht oder nicht. Die Vereinbarung einer Ausübungspflicht ist auch bei einfachen Lizenzen regelmäßig zulässig.109
2. Umfang der Ausübungspflicht
a) Beginn der Produktion
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Steht die Ausübungspflicht fest, so muss deren Inhalt ermittelt werden. Dieser hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Lizenznehmer muss unverzüglich alle Schritte unternehmen, die zur Auswertung der Lizenz erforderlich sind, d.h. er darf bei der Aufnahme der Produktion nicht schuldhaft zögern. Dabei kommt für die Zeit bis zur Produktionsaufnahme eine längere Frist in Betracht, wenn die Lizenz für eine Erfindung gegeben wird, die nach übereinstimmender Auffassung beider Vertragspartner noch nicht produktionsreif ist und die erst vom Lizenznehmer durchkonstruiert werden soll. Dasselbe gilt, wenn der Lizenznehmer eine völlig neue Produktion aufnehmen muss. Wird eine Lizenz für eine ausgereifte Erfindung an einen Unternehmer gegeben, bei dem die erforderlichen Produktionsmittel schon vorhanden sind und der in derselben Branche bereits tätig ist, so ist die Frist kürzer zu bemessen. Der Lizenznehmer kann sich, wenn er mit der Herstellung überhaupt nicht beginnt oder sie verzögert, nicht darauf berufen, dass ihm das erforderliche Kapital fehle oder dass er sich die notwendigen Mittel erst habe beschaffen müssen.110
Hat der Lizenzgeber ein besonderes Interesse daran, dass die Produktion bald aufgenommen wird, so sollten hierüber konkrete Abmachungen getroffen werden. Dies hat allerdings in der Regel zur Voraussetzung, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der bereits produktionsreif ist. Sind noch Entwicklungsarbeiten erforderlich, so ist häufig schwierig zu bestimmen, bis wann diese abgeschlossen sein müssen.
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Die Entscheidung, in welchem Umfang die Herstellung begonnen wird, liegt im Allgemeinen beim Lizenznehmer. Dieser ist allerdings in der Regel gehalten, Gegenstände, die normalerweise in Serienproduktion hergestellt werden, ebenfalls in Serie herzustellen, wenn hiervon die Wettbewerbsfähigkeit abhängt. Diese СКАЧАТЬ