Название: Der Lizenzvertrag
Автор: Michael Groß
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592883
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VI. Verzug
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002
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Hinsichtlich des Verzugs bot der Lizenzvertrag keine Besonderheiten. Erbrachte einer der Vertragspartner die ihm obliegende Leistung schuldhaft nicht rechtzeitig,98 so konnte ihm der andere Teil eine angemessene Frist mit der Erklärung setzen, dass er die Annahme der Leistung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist war er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder den Vertrag zu kündigen. Dabei trat das Kündigungsrecht an die Stelle des im § 326 BGB a.F. vorgesehenen Rücktrittsrechts, weil es sich hier um ein Dauerschuldverhältnis handelt.99
2. Rechtslage ab dem 1.1.2002
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Auch für den Verzug gilt, wie für andere Pflichtverletzungen, die grundlegende neue Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB, wobei der Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen ist. Voraussetzung für den Verzug ist grundsätzlich die Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertiger Zahlungsaufstellung leistet (§ 286 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BGB).100
98 § 284 BGB a.F.; § 326 BGB a.F. 99 §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 542 BGB a.F.; vgl. zur Verzugsproblematik auch Henn, Rn. 205 ff., und Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15. 100 S. auch Henn, Rn. 347 f., und Pfaff/Osterrieth, S. 221 f.; Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15.
VII. Positive Vertragsverletzung
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002
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Über die im BGB a.F. ausdrücklich geregelten Fälle hinaus, in denen die Verpflichtung des Schuldners durch Verzug oder durch von ihm herbeigeführte Unmöglichkeit verletzt wurde, kamen Fälle von Forderungsverletzungen vor, die weder eine Unmöglichkeit der Leistung noch einen Mangel noch Verzug darstellten. Es handelte sich hier um die sog. positive Vertragsverletzung. Im Zusammenhang mit Lizenzverträgen kamen positive Vertragsverletzungen in verschiedenster Hinsicht in Betracht. Hingewiesen sei lediglich auf die Fälle, in denen zur Verfügung gestellte Erfindungen schädliche Nebenwirkungen hatten. Dem Lizenznehmer war hier, soweit den Lizenzgeber ein Verschulden trifft, nach allgemeinen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch oder ein Kündigungsrecht zuzubilligen.101
2. Rechtslage ab dem 1.1.2002
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Ab dem 1.1.2002 wird nicht mehr zwischen Haupt- und Nebenpflichten unterschieden: § 280 BGB ist jetzt die grundlegende Haftungsnorm. § 280 BGB ist im Zusammenhang mit § 241 Abs. 2 BGB zu sehen, der jede Partei eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei verpflichtet.
Wichtig ist die „Unterscheidung zwischen echten vertraglichen (leistungsbezogenen) Nebenpflichten und bloßen Schutzpflichten (nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten)“.102 Der Gläubiger kann Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281–283 BGB verlangen, § 280 Abs. 3 BGB. Wenn der Schuldner die Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Fristsetzung ist gemäß § 281 Abs. 2 entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht (z.B. bei einer Pflicht zur Unterlassung einer bestimmten Handlung), tritt an deren Stelle eine Abmahnung (§ 281 Abs. 3 BGB). Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung, ist der Schuldner zur Rückforderung seiner Leistung berechtigt (§ 281 Abs. 5 BGB unter Verweis auf die Rücktrittsvorschriften der §§ 346–348 BGB).
Bei nicht leistungsbezogenen Nebenpflichtverletzungen (bloße Schutzpflichten) kann der Gläubiger gemäß § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zumutbar ist (§§ 282, 241 Abs. 2 BGB).
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Die vor dem 1.1.2002 ebenfalls über die Grundsätze der positiven Forderungsverletzung zu behandelnde Haftung für die schuldhafte Verletzung von nach Lizenzvertragsende noch bestehenden Pflichten (z.B. können aufgrund der sog. Auslaufklausel noch beim Lizenznehmer vorhandene lizenzgebührenpflichtige Vertragsgegenstände noch bis zu einem bestimmten Datum verwertet werden oder es bestehen nach Vertragsende z.B. weiterhin noch bestimmte Haftungs-, Geheimhaltungs-, Abrechnungs-, Zahlungs-, Exportgenehmigungspflichten) werden ab 1.1.2002 nach der grundsätzlichen Haftungsnorm des § 280 BGB beurteilt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Rn. 64 ff., 90 verwiesen.
101 Vgl. auch OLG Düsseldorf, 1.5.1929, JW 1929, 3093 Nr. 3; siehe auch Benkard, PatG, Rn. 159 ff. zu § 15, sowie Henn, Rn. 161, 179 f., zur positiven Vertragsverletzung im Zusammenhang mit Lizenzverträgen. 102 Ann/Barona, Rn. 124.
VIII. Verschulden bei Vertragsschluss
1. Rechtslage vor dem 1.1.2002
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Grundlage der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss war vor dem 1.1.2002 das enttäuschte Vertrauen.103 Unter diesem Gesichtspunkt verpflichtete auch der grundlose Abbruch der Vertragsverhandlungen zum Ersatz des Vertrauensschadens, wenn derjenige, der die Verhandlungen abbricht, zuvor durch sein Verhalten das Vertrauen geweckt oder genährt hatte, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen.104 Diese Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen beruhte auf der Überlegung, dass der Eintritt in die Vertragsverhandlungen ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis erzeugt, das die Beteiligten dazu verpflichtet, ihr Verhalten so einzurichten, dass dem anderen Vertragsinteressenten kein vermeidbarer Schaden entsteht.
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Bei Lizenzverträgen kann es hierbei mehrere Ausformungen dieses Grundgedankens des Verschuldens bei Vertragsschluss geben. So kann z.B. unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gegeben sein, wenn der Lizenzgeber schon bei Abschluss des Vertrages wusste, dass eine Beeinträchtigung des Schutzrechtes droht und dies dem Lizenznehmer verschweigt.
Weiterhin kann ein Fall des Verschuldens bei Vertragsschluss vorliegen, wenn laufende Vertragsverhandlungen über eine Lizenzvergabe grundlos abgebrochen werden, die so weit gediehen waren, dass der als Lizenznehmer vorgesehene Verhandlungspartner nach dem Gang der Verhandlungen darauf vertrauen durfte, dass der in Aussicht genommene Vertrag mit ihm zustande käme.105
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