Название: Sammelband "Tatort Hunsrück" Teil 1
Автор: Hannes Wildecker
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Tatort Hunsrück
isbn: 9783750209398
isbn:
Gehweiler nickte schwer mit dem Kopf.
„Die Mutter hat den Tod ihres Mannes und die Schmach an ihr nie verwinden können. Man musste sie in eine Nervenheilanstalt einweisen. Als sie kurz nach dem 18. Geburtstag ihrer Tochter entlassen wurde, hat sie sich das Leben genommen.“
Gehweiler zeigte auf das Haus.
„An der Rückseite des Anwesens gibt es einen Schuppen. Dort hat man sie gefunden. Erhängt.“
Leni zeigte auf die Akten in der Hand Gehweilers.
„Die Täter? Das Motiv?“
Gehweiler schüttete den Kopf.
„Keiner der vier Täter machte vor Gericht den Mund auf. Nicht einmal ihre Rechtsanwälte konnten über Motive oder Tathergang irgendwelche Angaben machen. So wurden alle vier mit der gleichen Strafe belegt: Lebenslänglich.“
„Und diese Maggie? Hat sie die Täter nicht belastet?“
„Sie hat die Täter nur maskiert gesehen, wie ihre Mutter auch. Keiner der Täter hat die Maske während des Überfalls fallen lassen. Hinzu kam, dass die Tochter noch lange Zeit nach dem Vorfall stark unter Schock stand. Man beließ es somit bei dieser einen Befragung.“
„Und nun sind alle vier wieder auf freiem Fuß“, sinnierte Leni. „Das nennt sich Lebenslänglich. Rund 15 Jahre haben sie abgesessen.“
Gehweiler nickte und deutete mit dem Kopf auf die Stelle, wo der Tote gefunden wurde. Doch er wurde unterbrochen. Lenis Handy läutete. Am anderen Ende war Overbeck.
„Das Ergebnis der Überprüfung des Opfers Dellmann ist da. Wir haben es da mit einem schweren Jungen zu tun.“
„Ich glaube, ich weiß auch warum. Ich stehe mit Kollege Gehweiler gerade vor dem Tatobjekt in Hermeskeil. Er hat die Akten von dem Fall vor 18 Jahren dabei. Das meinst du doch. Dass der Tote einer der Mörderbande war, der den Überfall auf die ehemaligen Bewohner dieses Hauses verübten? Lass uns morgen darüber reden.“
„Du hast dich ja in der Kürze gut informiert, Leni. Das ist gut. Ich fahre jetzt ins Brüderkrankenhaus, zur Obduktion. Wir sehen uns morgen.“
„Mein Kollege Overbeck“, informierte Leni Gehweiler kurz und verstaute ihr Telefon. „Er weiß, wer der Tote ist.“
„Overbeck, hm. Wie heißt er mit Vornamen?“
Leni überging die Frage. „Der Name Dellmann kommt sicherlich auch in deiner Akte vor.“
„Ja, nun sind es nur noch drei. Dellmann war der vierte der Bande.“
„Was glaubst du, Harry, gibt es einen Zusammenhang?“
„Du meinst, ob der Mord an Dellmann etwas mit der Tat vor 18 Jahren zu tun hat? Vielleicht. Was meinst du?“
„Ich weiß nicht. Aber es ist doch seltsam, dass man den Toten gerade hier findet. Dort, wo er sein Verbrechen begangen hat, ist er auch gestorben.“
„Ihr habt den Baseballschläger sichergestellt. Das Tatwerkzeug. Ein Zufall, dass Dellmann mit einem Baseballschläger getötet wurde?“ Gehweiler sah Leni fragend an und knöpfte sich die Uniformjacke auf.
„Es ist heiß heute. Wir bekommen ein Gewitter“, fügte er hinzu. Was meinst du?“
„Ja, ist aber auch kein Wunder. Es ist Sommer.“
Gehweiler schüttelte lächelnd den Kopf.
„Das meine ich nicht. Glaubst du, dass es ein Zufall ist, dass Dellmann mit einem Baseballschläger umgebracht wurde?“
Plötzlich wurde Leni die Situation klar. Gehweiler hatte möglicherweise Recht. Und ob sie da einen Zusammenhang sah. Im Geiste sah Leni den Toten hinter dem Haus auf dem Rücken liegen, das Gesicht zur Unkenntlichkeit deformiert, ein Klumpen blutiges Fleisch mit zerborstenen Knochenteilen. Der Tote war einer von vier Männern, die gemeinsam eine grausame Tat verübt hatten und den es genauso erwischt hatte wie den, den sie auf dem Gewissen hatten.
„Ewald Kerner, Rainer Balthoff und Franco Romano.“
„Was meinst du?“ Leni war stehengeblieben und schaute zu Gehweiler auf.
„Ich nannte gerade die Namen der Mittäter Dellmanns. Die mit ihm den Mord begingen, die mit ihm in der JVA Trier einsaßen und die mit ihm entlassen wurden.“
„Das sagst du so, als ob sie auch mit ihm sterben würden.“ Leni drehte sich plötzlich um. „Komm`, wir müssen zur Dienststelle. Wenn ich das hier richtig einschätze, haben wir es mit einem Racheakt zu tun. Nach 18 Jahren, Harry. Da hat jemand geradezu auf die Entlassung der Täter gewartet.“
„Du siehst das also genau wie ich. Das könnte der Anfang einer Mordserie sein.“
„Der Beginn eines Rachefeldzuges, ja.“ Lenis Brust hob und senkte sich vor Aufregung. „Wenn wir nichts unternehmen, wird man uns eine weitere Leiche präsentieren. Wir müssen es verhindern.“
„Obwohl es jeder Einzelne verdient hätte“, sagte Gehweiler leise und folgte Leni zu ihrem Wagen.
Bevor sie die Autotür öffnete, drehte sie sich zu Gehweiler um. „Wie auch immer. Wir machen unseren Job, auch wenn es uns manchmal schwerfällt. Was diesen Fall angeht, müssen wir verhindern, dass es weitere Opfer geben wird.“
Kapitel 10
Overbeck hatte sich verspätet. Vor dem Leichenschauhaus erwartete er die letzte Freundin Dellmanns, Jeanette Köhler. Er hatte sie ausfindig gemacht und dazu überreden können, die Leiche zu identifizieren. Die Suche nach ihr hatte sich als schwerer erwiesen als erwartet. Letztendlich hatten ihm Nachbarn des Toten den entscheidenden Tipp gegeben.
Nun stand sie da und obwohl Overbeck nur mit ihr telefoniert hatte, wusste er gleich, wen er vor sich hatte. Sein erster Gedanke war: Eine Nutte. Sein Blick glitt über die roten gelockten Haare über dem blassen, schmalen Makeup-lädierten Gesicht mit den wulstigen rotgeschminkten Lippen, über die weit ausgeschnittene Bluse über den vollen Brüsten bis hin zur engen Jeans und den unpassend roten Stöckelschuhen dazu.
Als sie ihn kommen sah, zertrat sie ihre halb gerauchte Zigarette mit der Spitze ihres Schuhs und sah ihm entgegen.
„Liegt er da drin?“ Die emotionslose Frage traf ihn überraschend und ehe er antworten konnte, sprudelten weitere Worte zwischen ihren offensichtlich aufgeblasenen Lippen -Overbeck tippte auf Botox- hervor.
„Wer erstattet mir meine Kosten. Ich musste immerhin den Bus nehmen und eine Strecke von über 20 Kilometern zurücklegen. Ich habe meine Zeit auch nicht gestohlen. Es gibt doch sicher Zeugengeld dafür? Gibt es doch, oder nicht?“
Overbeck hatte sich wieder gefangen. „Eher Letzteres.“
Die Frau verstummte und überlegte. Offensichtlich verstand sie nicht, was Overbeck meinte. Ihr Intellekt ließ eine Erkennung des Sinnes der gesprochenen Worte nicht zu.
„Was, Letzteres?“, fragte sie mit aufgerissenen Augen.
СКАЧАТЬ