Название: Lehr-und Wanderjahre
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844246087
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30er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden ist. Wir sind uns auch sicher, dass unser Großvater Carl Hensoldt, Moritz Hensoldts jüngster Sohn, der Auftraggeber war. Also hat der Maler dieses Pastell nach einer Vorlage erstellt. Da passt es, dass Hensoldt in einem späteren Brief äußert, er selber wolle einige Daguerrotypien herstellen und sei dabei, hierzu eine Kamera zu fertigen[113].So liegt es nahe, dass das vorliegende Pastell nach einer Daguerrotypie erstellt worden ist. Das Original dazu ist leider verschollen.
„[...] es ist hier ein Mechanikus und Optikus Landauer, ein Jude, der macht sie und recht schön [...]“
Das wiederum Erstaunliche an diesen Sätzen ist, wie schnell eine Erfindung wie diese ihre Nachahmer gefunden hat: wir schreiben das Jahr 1842, die erste
Bild 34: Kassel'sche Allgemeine Zeitung vom 27.11.1839: Anzeige Moritz Landauers
Daguerrotypie wurde drei Jahre zuvor, am 22. September 1839, der Öffentlichkeit vorgestellt, worüber die Kasselsche Allgemeine Zeitung bereits einen Tag später minutiös berichtet[114].Und nur zwei Monate später, am 17. November 1839, wird die Anfertigung von Daguerrotypien in Kassel angeboten. Moses Landauer ist, gemäß Eintragung im Kasseler Adressbuch aus dem Jahre 1842, wohnhaft gewesen am St. Martinsplatz 95[115].Und Landauers eigener Anzeige verdanken wir das Wissen, dass er bei Daguerre höchstpersönlich in Paris ausgebildet worden ist.
Herr Lindner hatte dem letzten väterlichen Schreiben ein eigenes beigefügt, adressiert an einen Architekten Dourte. Allerdings hat Moritz Hensoldt wegen seiner Erkrankung, der räumlichen Entfernung des Adressaten von seiner Wohn- und Arbeitsstätte und wegen des Umstandes, dass er ja nur Sonntags solche Dinge besorgen kann, dieses Schreiben schon über 14 Tage unerledigt bei sich liegen.
Hensoldt selbst wohnt in der Nähe des Kasseler Messplatzes in der Oberneustadt - Näheres hierzu erfahren wir im Kommentar zu seinem 11. Brief. In dem gleichen Adressbuch, das Moses Landauer aufführt, ist auch ein Zimmermeister Franz Dourte benannt. Dieser wohnte 1840 am Leipziger Tor 4,[116].Und dieses befindet sich, siehe Stadtplan, schon ein paar Kilometer Fußweg vom Wohnsitz Hensoldts entfernt[117]. Das Thema wird im siebten Brief wieder aufgegriffen werden.
Grüßen läst der junge Mann außer Madame Höserich, die in späteren Briefen nicht mehr auftauchen wird, dieselben Personen wie in seinem vorhergehenden Schreiben, allerdings in anderer Reihenfolge. Immer ist Caroline im Übrigen dabei, von der wir nichts Näheres wissen, aber nach wie vor vermuten, dass es sich um das Hausmädchen handelt..
Bild 35: Das Palais der Stände in Kassel
6. Brief
(ohne väterl. Vermerke)
Cassel am 23ten Juni 1842
Lieber Vater!
Heute erhielt ich Dein liebes Briefchen, woraus ich ersehe, daß ihr sehr besorgt um mich seyd; desshalb will ich euch heute gleich wieder ein paar Zeilen schreiben, um euch zu beruhigen.
Ich bin jetzt wieder ganz wohl, es schmeckt mir das Essen wieder, und ich arbeite schon seit dem Montag auch wieder. Die ersten paar Tage ging es freilich langsam, und auch jetzt übereile ich mich noch nicht, aber es geht doch wieder; nur Abends bin ich in den Beinen noch ein wenig müde.
Ich schiebe die meiste Schuld auf das Wasser, das wir hier haben, es hat einen gar-
stigen sauren Beigeschmack und ich kann es nicht gut vertragen. So lange ich hier bin habe ich immer wenig Stuhlgang, manchmal ein paar Tage keinen, und das kommt von weiter nichts, als dem Wasser.
Ich werde künftig so wenig als möglich trinken. Ich trinke jetzt bei Br. in der Werkst. früh ein Kännchen Milch (von 3 Tassen) und eine Semmel dazu, was ich der Magd bezahle, und mir sehr gut bekömmt. Auch Abends gehe ich zuweilen ins Kosthaus und lasse mir öfters ein bißchen Auflauf und Salat geben.
Abends.
Weiter kam ich heute Mittag nicht, denn ich hatte nur ein paar Minuten Zeit; ich wollte gerne diesen Brief noch vor 7 Uhr auf die Post bringen, es ging aber nicht; aber hintragen will ich ihn doch noch, damit er wenigstens morgen mit abgeht; ihr könnt ganz ruhig seyn, es geht jetzt wieder ganz gut, auch bin ich heute nicht so müde.
Mein Prinz.[ipal] sieht auch nichts als seinen Nutzen, am Sonntag sagte er zu einem andern Gehülfen, wenn ich noch 8 Tage krank wäre, müße er meinen Platz durch einen andern besetzen. Was konnte ich denn dazu; der Doktor sagte mir, daß diese schleichenden Fieber gewöhnl. 6 Wochen dauerten, und ich müße früher immer ein solides Haus gewesen seyn, weil es bei mir so schnell vorübergegangen sey. Wenn ich nun noch ein paar Wochen krank gewesen wäre so hätte ich auch am Ende meine Stelle verloren.
Er hat mich auch gar nicht gefragt was mir gefehlt, pp, kein Wort.
Die Gehülfen müßen hier alle zusetzen, oder sie machen Schulden und brennen dann durch, was häufig der Fall ist. Viel zuzusetzen bin ich hier nicht geneigt, und sollte ich nicht auskommen, so bleibe ich nicht lange hier, zumal Kleider und Schuhe hier ungeheuer theuer sind.
Für dießmal will ich meinen Brief schließen; ihr könnt ganz ruhig seyn, denn ich bin wirklich wieder ganz wohl, und hoffe daß ihr es auch seyd.
Herzliche Grüße an die Mutter (und sie soll sich keine Sorgen machen) Caroline, Lindner, Klug, Ernst pp.
Dein
Dich liebender
Moritz
Zieht ihr denn bald ins neue Logis?
Umschlagseite: Postst.: Cassel 23/6 1842
(Unten): Sonneberg o.D.
Herrn Verwaltungsamtssekretair Hensoldt Wohlgeboren
in Sonneberg b. Coburg
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