Название: Der dicke Mann und das Meer
Автор: Eric Scherer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844261271
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„Nicht ganz. Wissen Sie, wer die RheinHeim vor dieser Ewigkeit vertreten hat, als Duisberg noch Sozius Ihres Vaters war?“
Charlie schluckte erneut, abermals ahnte er Schlimmes. „W…Wir?“
Wieder nickte Dr. Kayser sanft. „Duisburg hat den Mandanten mitgenommen, als er ausstieg.“
„Aber, da sehe ich immer noch keinen Grund …“, beharrte Charlie tapfer.
„Moment noch“, flüsterte Dr. Kayser fast zärtlich. „Wissen Sie, wer den Architekten vertrat, mit dem die RheinHeim den Vergleich schloss, welchen diese Frau Uhl als ‚undurchsichtig‘ bezeichnet und welcher die angebliche Ursache dafür ist, dass Sie bedauernswerte Kreatur wiederholt von Wasserflecken an Ihrer Küchenwand heimgesucht werden?“
Charlies Nase begann zu jucken. Hastig zupfte er zwei, drei Mal daran. „D…Duisberg?“, stotterte er.
Dr. Kayser schüttelte den Kopf, lächelte aber gütig. „Ihr Vater.“
Charlie sehnte sich nach einer Falltür, die sich gerne unter ihm hätte auftun dürfen.
„Wissen Sie, wer mir heute Morgen deswegen schon die Hölle heiß gemacht hat?“, fragte Dr. Kayser weiter.
„D ... Duisberg?“
„Thiel“, korrigierte Dr. Kayser.
„Thiel“, fauchte der dicke Mann verzweifelt, „Thiel ist doch ein Idiot.“ Thiel war der Geschäftsführer der RheinHeim.
„Menschen wie Hans-Günther Thiel sind die Grundpfeiler unserer Demokratie“, widersprach Dr. Kayser, abermals ganz sanft.
Charlie kicherte verächtlich.
Dr. Kayser hob belehrend den rechten Zeigefinger. „Denn sie sehen scheiße aus, sind blöd und haben nichts Gescheites gelernt. Dennoch können Menschen wie Hans-Günther Thiel in unserem Gemeinwesen zu Position und Ansehen kommen: Weil sie das richtige Parteibuch haben. Damit hängen sie jahrzehntelang im Stadtrat sowie in Stadtrats- und Parteiausschusssitzungen herum, klatschen wie wild auf Wahlkundgebungen, kleben Plakate, sammeln Parteispenden, chauffieren ihre betrunkenen Spitzenkandidaten nach Hause und helfen deren Fehltritte vertuschen, bis die Parteispitze eines Tages auf sie zukommt und sagt, jetzt ist es so weit, wir machen dich zum Geschäftsführer einer stadtnahen Gesellschaft, du hast es verdient. Unser Land braucht politische Parteien, und die brauchen solche willfährigen Geister. Was soll aus unserer Demokratie werden ohne Menschen wie Hans-Günter Thiel, die allen scheiße aussehenden Parteisoldaten dieses Landes unentwegt im Geiste zurufen, auch ihr könnt es schaffen?“
Charlie kicherte demonstrativ und beifällig, hoffte, Dr. Kayser dadurch zu beschwichtigen. Denn bei aller Geringschätzung, die Dr. Kayser für ihn emfand: Er gehörte zu den wenigen, denen gegenüber Dr. Kayser auch mal zynisch werden durfte. Denn im Karnevalsverein verstand man sich auf einen solch bösartigen Humor nicht, im Rotary-Club nur bedingt, den Mandanten gegenüber war er ebenfalls so gut wie nie angebracht und bei der Familie daheim erst recht nicht.
Doch auch das demonstrativ-beifällige Kichern half nicht. Dr. Kaysers Miene blieb unbewegt. So lange, bis jede aufgesetzte Heiterkeit aus Charlies Gesicht verschwunden war.
„Und jetzt?“, fragte Charlie schließlich.
„Was halten Sie davon“ – Dr. Kayser atmete noch einmal tief durch – „wenn Sie erst einmal ein paar Wochen Urlaub machen?“
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