Название: Mord aus vergangenen Tagen
Автор: Martin Cordemann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Harry Rhode
isbn: 9783750223264
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Ich klingelte bei Frau Glich und sie empfing mich mit einem freundlichen Lächeln und einem Stück Kuchen. Es war Schokoladenkuchen, solcher mit Nougatüberzug, den ich am liebsten mag.
„Das ist mein Lieblingskuchen“, murmelte ich zwischen zwei Bissen. „Woher wussten Sie das?“
Sie lächelte. „Ich wusste es nicht. Haben Sie schon etwas herausgefunden?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht viel, eigentlich nichts. Ich würde noch nicht mal mit Sicherheit davon ausgehen, dass es Ihr Mann war, den man da im Baggersee gefunden hat.“
„Nicht? Herr Rhode, ich möchte, dass Sie mich richtig verstehen. Ich möchte Klarheit, was meinen Mann angeht. Ich will wissen, ob er tot ist oder noch lebt, ob er damals das Geld veruntreut hat oder jemand anderes, ich will es wissen. Viel zu lange habe ich diese Geschichte ruhen lassen.“
Da konnte sie allerdings Recht haben. Ich hatte mir das Problem ja schon ausgemalt. „Ich habe mir die alten Untersuchungsergebnisse geholt und noch ein paar andere Akten aus der Zeit. Aber... bisher habe ich keinen Anhaltspunkt gefunden. Die Sache hat zu lange gelegen, ich habe ehrlich gesagt keine große Hoffnung, dass ich Ihnen weiterhelfen kann.“
„Ich bin sicher, dass Sie Ihr bestes tun werden.“
„Die Frage ist, ob es was bringt. Sagt Ihnen der Name Prosser etwas?“
Sie überlegte und schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war Prosser vor sieben Jahren noch nicht mal in der Stadt gewesen. „Können Sie sich vorstellen, warum sich jemand, der sonst nicht das geringste Interesse an der Lösung von Mordfällen hat, es sei denn, er kann sich dabei profilieren, sich auf einmal für diesen Fall interessiert? Oder das BKA?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Mein Mann war Bankangestellter. Er war kein Krimineller.“ Betrachtete man das Bankwesen, war das ein Widerspruch in sich. „Oder jedenfalls nicht soweit ich davon wusste. Glauben Sie mir, mir ist die ganze Sache so schleierhaft wie Ihnen.“
„Ja“, ich überlegte kauend und kaute überlegend. „Bauen wir uns mal ein paar Theorien auf. Also, nehmen wir an, der Tote ist Ihr Mann und man hat ihn erschlagen und dafür gesorgt, dass seine Leiche auf dem Grund des Baggersees blieb... damit man sie nicht findet und ihn für denjenigen hält, der das Geld unterschlagen hat. Aaaaalso wäre der größte Verdächtige demnach derjenige, der das Geld wirklich unterschlagen hat. Den brauchen wir also nur zu finden und schon haben wir den Mörder Ihres Mannes und seine Weste wäre rein gewaschen... wovon er angesichts seines Todes natürlich nichts hat.“
„Ja“, stimmte sie zu. „Das ist eine Theorie. Aber wie wollen Sie sie beweisen? Und welche Theorien könnte es noch geben?“
„Tja, gute Frage. Und was die anderen Theorien angeht... Da wäre zum Beispiel eine unschöne.“
„Welche?“
„Ihr Mann hat das Geld unterschlagen, jemand hat das spitz gekriegt und wollte ihn erpressen, also hat Ihr Mann ihn beiseite geräumt, mit seinen Papieren ausgestattet und ist getürmt. Lässt sich wahrscheinlich dadurch beweisen oder widerlegen, dass wir herausfinden, ob noch jemand, der davon gewusst haben kann verschwunden oder ermordet worden ist.“
Sie sah traurig aus.
„Möglich ist auch, dass Ihr Mann das Geld unterschlagen hat, jemand hat das spitz gekriegt, hat Ihren Mann umgebracht und sich das Geld unter den Nagel gerissen.“
Auch das schien ihr nicht besser zu gefallen.
„Oder die ganze Sache hatte nichts mit dem Geld zu tun... Wer weiß? Eifersucht möglicherweise? Keine Ahnung, prinzipiell kann es alles gewesen sein. Sie könnten es sogar gewesen sein. Theoretisch.“
Sie könnte ihn ermordet haben… sie könnte ihn überredet haben, das Geld zu veruntreuen und ihn dann ermordet haben. Und jetzt, wo seine Leiche unpassendeweise im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufgetaucht war, ging sie in die Offensive und engagierte mich, um davon abzulenken, dass eigentlich sie die Schuldige war… aber das sagte ich ihr natürlich nicht!
„Also gut, gehen wir logisch vor. Ich habe hier eine Liste der Personen, die im betreffenden Zeitraum gestorben oder als vermisst gemeldet worden sind. Würden Sie sie sich bitte ansehen?“
„Natürlich. Aber glauben Sie, das bringt etwas?“
„Es ist nur eine Möglichkeit.“
Sie sah sich die Liste an, aber keiner der Namen schien ihr etwas zu sagen. Auf den ersten Blick konnten wir also sagen, dass sich die Chancen, tatsächlich ihren Mann gefunden zu haben, verbesserten. Ich überflog die Namen in der Bankliste von damals, doch auch hier ergaben sich keine Parallelen.
„Okay, soviel dazu“, murmelte ich und legte die Kopien in meine Tasche.
„Und was wissen wir jetzt?“
„Nichts. Wir haben nur die Wahrscheinlichkeit verringert, dass da die ganze Zeit irgendein anderer Bankangestellter auf dem Grund des Baggersees gelegen hat. Es sei denn, es ist jemand, der in den bisherigen Theorien nicht berücksichtigt wird. Aber sagen wir einfach mal, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Toten tatsächlich um Ihren Mann handelt, ziemlich in die Höhe gegangen ist.“
„Hilft uns das weiter?“
„Nicht viel. Eigentlich kaum. Wenn man‘s genau betrachtet...“ Ich hob die Schultern.
„Was tun Sie für gewöhnlich in einem solchen Fall?“
„Ich hatte noch nie einen solchen Fall. Ich frage mich, wer sich heute noch daran erinnert, was vor sieben Jahren passiert ist. Und wie kann man den Leuten irgendwas nachweisen, wenn sie sieben Jahre Zeit hatten, um die Beweise verschwinden zu lassen?“
„Ich habe gehört, dass Sie sehr... kreative Methoden haben. Und dass Sie nicht immer Beweise gebraucht haben, um einen Mörder zu überführen.“
Ich seufzte. „Ich gestehe es Ihnen und vor allem mir nur ungern ein, aber im Moment befinde ich mich in einem kreativen Loch. Mir fehlen derzeit die originellen Ideen, ich meine, fürs Fernsehen würd’s immer noch reichen, aber...“ Ich hob die Schultern. „Es ist dieses Gefühl, leer zu sein, ausgebrannt, ohne eine Richtung. Ich meine... meine letzten Fälle waren alles Routine, ohne große Herausforderung. Aber jetzt... dieses Gefühl, seine sprühende Phase hinter sich zu haben ist ein bisschen... deprimierend!“
„Ich glaube nicht, dass Sie schon leer sind.“
„Tja, ich wünschte, ich könnte mich Ihrem Glauben anschließen.“
„Vielleicht könnte der Beistand einer Frau eine Hilfe für Sie sein?“
„Der Beistand einer Frau?“ Ich blickte ins Leere. „Wissen Sie, manchmal... Manchmal hab ich das Gefühl, ich ticke wirklich nicht ganz richtig. Ich meine, ich suche jahrelang nach einer Frau, die mich liebt. Und dann finde ich sie und sie ist nett und sieht auch ganz nett aus und was bekomme ich plötzlich? Panik! Ich habe plötzlich eine teuflische Angst davor, mich an diese Frau zu binden und so meine Ruhe und meine Sicherheit und vielleicht auch meine Kreativität zu verlieren. Und warum das alles? Ich liebe sie nicht. Aber sie liebt mich. Tja, so eine Situation kann einem schon ein bisschen zu schaffen machen, oder was glauben Sie?“
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