Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre… Band 1. Jörn Kolder
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СКАЧАТЬ ließ ihn erstarren, wutentbrannt riss er den Hebel der Kühlerhauben Entriegelung zu sich heran und das Blechteil vor ihm sprang ein Stück hoch. Er schälte sich aus dem Sitz, packte die Haube und arretierte sie mit dem dafür vorgesehenen Stab, dann versuchte er den Behälter mit dem Scheibenwasser zu finden. Sein technisches Verständnis eines Autos bestand darin den Zündschlüssel zu drehen, Gänge einlegen und die Pedale bedienen zu können. Als er in den Motorraum blickte kamen zumindest drei Behälter für das Scheibenwasser in Frage. Überrascht stellte er fest, dass die darin befindlichen Flüssigkeiten unterschiedliche Farben aufwiesen: eine war braun, die andere grün und die dritte eher farblos. Die haben da bestimmt irgendeinen Duftstoff reingemischt dachte er sich, normales Wasser würde man heute sicher nicht mehr verwenden. Grün schien ihm für Tanne (wie bei den Duftbäumen) zu stehen und er versuchte den Deckel des Behälters zu öffnen, um eine Geruchsprobe zu nehmen. Bevor er damit begann legte er jedoch das teure Jackett ab und krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch. Er wusste, dass er zwei linke Hände hatte, aber er musste den Betrügern aus der Werkstatt auf die Schliche kommen und so nestelte er mit nervösen Fingern an dem Verschluss herum.

      Als er diesen kräftiger packte löste er sich unverhofft mit einem Mal aus der Einfassung und durch den entstehenden Unterdruck spritzte etwas von der Flüssigkeit auf sein Hemd. Erschrocken fuhr er zurück und stolperte nach hinten, irgendetwas geriet ihm zwischen die Beine und hebelte ihn aus, wild mit den Armen rudernd verlor er das Gleichgewicht und landete auf einem harten Gegenstand (womöglich einem Haken), der ihm heftig in den Hintern piekte. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und hörte ein Reißen (es musste von seiner Hose kommen) aber er war immer noch gefangen und so ruckte er jetzt heftig nach vorn um sich zu befreien, aber er hing immer noch fest. Wie ein Leichtathlet vor dem Start neigte er seinen Oberkörper weiter nach vorn und plötzlich war er befreit (wie ihm ein weiteres reißendes Geräusch anzeigte), durch seine Körperhaltung wurde jedoch kinetische Energie erzeugt, die ihn nunmehr schnell in Richtung Motor beförderte. Er konnte sich nicht abbremsen und mit schützend nach vorn ausgestreckten Armen gerieten seine Hände auf den immer noch heißen Motorblock. Vor Schmerzen aufheulend riss er sie hoch und schlug dabei unabsichtlich gegen den die Motorhaube haltenden Stab, dieser klappte um und das jetzt nicht mehr fixierte Blechteil donnerte mit Gewalt auf seinen Kopf und presste diesen auf irgendein öliges Aggregat im Motorraum, welches ebenfalls noch Wärme absonderte und nach Benzin roch. Panisch drückte Bergmann die Haube mit Kopf und Schultern nach oben aber bedachte nicht, dass sich seine Hände immer noch im Motorraum befanden. Als er Kopf und Oberkörper zurück zog kam die Haube krachend herab und schmetterte auf seine Handoberflächen, die er nicht rechtzeitig zurückgezogen hatte, er heulte auf.

      Irgendwie (vielleicht weil sich die Haube beim Herabfallen verkanntet hatte) war der Verschlussmechanismus aktiviert worden und die Motorhaube rastete auf einer Seite mit einem satten metallischen Geräusch ein, auf der anderen nicht, so dass sie ungefähr einen Zentimeter schräg über dem Motorraum hing. Unglücklicherweise befanden sich seine Hände mehr auf der Seite wo der Mechanismus bestimmungsgemäß funktioniert hatte. Das dünne Blech drückte zwar nur wenig schmerzhaft auf seine Hände, aber hielt ihn zuverlässig gefangen. Hektisch versuchte er eine Lösung für sein Problem zu finden und unternahm einen Versuch, die Hände in Richtung der anderen Seite zu bewegen. Dabei schürfte er sich aber nur die Haut ab und kam keinen Millimeter voran, das verdammte Auto ließ ihn nicht frei.

      Frieder Bergmann hatte die Angewohnheit sich auf Arbeit früh eine Kanne Tee zuzubereiten, der Behälter nahm 1,5 Liter auf und über den Tag verteilt trank er täglich diese Menge, das entsprach einer Empfehlung seines Hausarztes. Heute hatte ihn sein Chef bis kurz vor Feierabend festgehalten und er brach hektisch auf, ohne noch einmal die Toilette aufzusuchen, denn er wollte nicht zu spät zum Werkstatttermin kommen. Auch in der Werkstatt nahm er sich keine Zeit dafür, denn ein bereits heftig zerfledertes Exemplar eines „Playboy“ zog ihn mehr in den Bann. Mit dem Schock über die Rechnungssumme in den Knochen war er abgefahren und hoffte in 15 Minuten zu Hause zu sein, dort würde er in Ruhe und in gewohnter Umgebung seinem Bedürfnis nachgehen können.

      Er spürte, dass sich der Blasendruck immer heftiger aufbaute und verstärkte seine Anstrengungen frei zu kommen, aber seine Hände waren wie festgenagelt. Mit dem Mut der Verzweiflung drückte er von unten gegen die Haube, aber nichts tat sich. Langsam dämmerte in ihm die Erkenntnis heran, dass sich, wenn er nicht bald Hilfe erhielt, neben dem Problem, dass er von der Motorhaube festgehalten wurde, ein weiteres einstellen würde. Schon früher war er dafür gehänselt worden, dass er oft auf der Toilette verschwinden musste („der mit seiner Pionierblase“) und so war er eigentlich immer darauf bedacht, bei seinen Unternehmungen möglichst eine Toilette in Reichweite zu haben. Immer mehr drückte der Tee auf seine Blase und mit verkrampften Bewegungen (soweit diese ihm in dieser Situation überhaupt möglich waren) und angespannten Muskeln hoffte er, so lange durchzuhalten, bis ihn jemand erlösen würde. Da er sich nicht aufrichten konnte würden die Fahrer der Autos, die sich dem Heck seines Fahrzeuges näherten, ihn gar nicht erkennen, die aus der anderen Richtung kamen sahen einen Mann, der sich an der Motorhaube seines Gefährts zu schaffen machte, nichts Besonderes, vielleicht eine kleine Panne. Kein einziges der vorbeifahrenden Autos hielt an, er klemmte bestimmt schon 20 Minuten fest und trat panisch von einem Bein aufs andere. Jetzt geht‘s nicht mehr beschloss er erschöpft einen Moment später, dann kniff er die Augen zusammen und gab dem Druck seiner Blase nach. Erleichterung mischte sich mit Entsetzen, mit 43 Jahren einzuschiffen war keine Glanztat, aber was hätte er schon tun sollen. Der Urin rann warm seine Beine hinunter und sammelte sich zum Teil in seinen Schuhen. Wenn er sich jetzt bewegte war ein leises Quietschen zu vernehmen. Langsam machte sich auch sein Rücken bemerkbar. Die ihm aufgezwungene unbequeme Haltung erinnerte ihn daran, dass er eigentlich wieder einmal schwimmen gehen wollte aber erst einmal musste er frei kommen. Plötzlich traten ihm Tränen in die Augen, so ein Mist auch!

      Ob er froh sein sollte oder eher nicht konnte er noch nicht beurteilen, jedenfalls hielt nach einer knappen halben Stunde ein Polizeiwagen direkt neben ihm, die zwei Beamten starrten ihn daraus ungläubig an. Beide stiegen sich duckend vorsichtig aus und rissen die Pistolen aus ihren Holstern, die Waffen mit beiden Händen vor sich haltend kamen sie Frieder Bergmann vorsichtig näher.

      „Hände über den Kopf“ rief einer drohend und als Bergmann nicht reagierte brüllte er nochmals: „Können Sie nicht hören, Hände hoch!“

      „Ich kann nicht“ erwiderte Bergmann schwach „ich klemme fest!“

      Die beiden umkreisten ihn wie Hütehunde ein verloren gegangenes Schaf und kamen schrittweise an ihn heran, als sie seine Situation erkannten steckten sie die Waffen weg.

      „Wie is‘n das passiert“ wollte einer wissen.

      „Ich wollte mal nachsehen ob die Werkstatt das Scheibenwischwasser wirklich gewechselt hatte“ erklärte Frieder Bergmann hoffnungsvoll, bald wäre sein Martyrium beendet.

      Die Polizisten wechselten beziehungsreiche Blicke, der Mann war wohl nicht ganz normal.

      Einer zückte wieder seine Waffe, der andere ging zur Seite wo Bergmann festklemmte, dann wuchtete er an der Motorhaube herum und diese sprang blechern dröhnend hoch, um im gleichen Moment wieder herabzufallen und Bergmann erneut die Hände zu zerschinden. Vor Schmerz brüllend hüpfte er von einem Bein aufs andere, dann gelang es dem Beamten endlich die Haube festzuhalten und Frieder Bergmann war frei. Mit unsicheren Beinen wankte er aus der Reichweite der Haube und sank erschöpft zu Boden, aber die beiden Polizisten rissen ihn sofort wieder hoch und drängten ihn mit den Händen voran auf die jetzt ordnungsgemäß geschlossene Haube. Seine Beine spreizten sie mit kräftigen Fußtritten, so dass er mit dem Oberkörper auf die Haube aufprallte und sein Kopf ebenfalls auf das Blech schlug.

      „So“ sagte einer der Beamten lautstark „jetzt noch mal die Geschichte, aber wenn Sie versuchen uns zu verarschen können wir sehr unangenehm werden, verstanden was ich meine?“

      Wie um Bergmann СКАЧАТЬ