Название: Rostam und Sohrab
Автор: Friedrich Ruckert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783869319391
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Kam wohl, derweil ich schlief, ein ganzes Türkenheer?
Denn einem einz’gen ist der Rachs zu fangen schwer.
Doch den Gedanken ist vergebens nachzuhangen;
Auf, rüste dich zum Gang, weil dir dein Ross entgangen!
So sprach er unmutsvoll und schwieg und schaute stumm
Noch eine Weile sich nach seinem Rösslein um;
Denn immer dacht’ er noch, es müsste wiederkommen:
Wer auf der Welt sollt’ ihm haben den Rachs genommen?
Als aber doch der Rachs nicht wiederkommen wollte,
Macht’ er sich endlich an den sauren Gang und grollte.
Mit Waffen und Geschirr belud er sich und sprach
Noch viel mit sich, indem er ging den Spuren nach.
Die Spuren leiteten zur Stadt Samangan ihn,
Die dort im Abendstrahl zu ihm herüber schien.
4.
Er sprach: Das ist die Stadt, in der ein König sitzt,
Der es mit Turan jetzt und hält mit Iran itzt,
Der wie die Waage schwankt, sich nach der Seite neigt,
Wo sich ein Perser hier und dort ein Türke zeigt.
Den Rostam kennen sie, wenn er zu Pferde steigt!
Doch fehlt mir ja der Rachs, dass ich zu Pferde steige!
Ob ich zu Fuße denn mich in Samangan zeige?
Ich geh’ in ihre Stadt zu Fuß mit meinen Waffen,
Und seh’, ob meinen Rachs sie dort mir wieder schaffen!
Ich sag’ es ihnen gleich, dass sie ihn schaffen sollen,
Und denke nicht, dass sie ihn vorenthalten wollen!
Ich werb’ um Gastherberg’ in dieser Stadt der Grenzen
Und sehe, was beim Schmaus dem Rostam sie kredenzen!
So sprach er unterm Gehn, doch aus den Augen ließ
Er nie dabei die Spur, die sich am Boden wies;
Bis die in Schilf und Rohr am Flusse sich verlor;
Da ließ er sie und ging grad auf Samangans Tor.
Nun in Samangan ward dem König angesagt:
Held Rostam kommt, er hat im Türkenforst gejagt.
Zu Fuße geht einher die lichte Kronenzier,
Weil ihm entlaufen ist der Rachs im Jagdrevier.
Der König, wie er dies vernahm, war er geschürzt,
Dass nicht ein solcher Gast an Ehren sei verkürzt.
Da zogen aufs Gebot des Königs alle Degen,
Die Edlen all des Hofs dem Edelsten entgegen.
Entgegen zog ihm, wer aufs Haupt nur einen Helm
Zu setzen hatt’, und wer zurückblieb, war ein Schelm.
Sie reihten feierlich sich um den Heldenglanz,
Wie um der Sonne Haupt der Abendwolke Kranz.
So führten sie zur Stadt das Licht der Ehren ein,
Als eben über ihr erlosch des Tages Schein.
5.
Der König trat zu Fuß hervor aus dem Palast,
Der Hofstaat um ihn her, entgegen seinem Gast.
Er grüßt’ und neigte sich: Woher durch Wald und Feld,
Und kein Begleiter ist mit dir, o Kampfesheld?
Hast du den Tag vollbracht mit Jagd im Jagdrevier,
Und suchest nun zur Nacht bei Freunden Nachtquartier?
Wir alle sind hier nur auf deinen Wunsch bedacht,
Und zu Befehle steht Samangan deiner Macht.
Die Leben stehen dir und Güter zu Befehle;
Die Edlen, Edelster, sind dein mit Leib und Seele.
Was wünschest du? Es soll geschehen, o Pahlavan!
Gebiet, was wir dir tun, und denk’, es sei getan!
Held Rostam hörte gern die Rede sanft und zahm,
Wohl merkt’ er, ihnen sei die Hand zum Bösen lahm.
Er sprach: Abhanden kam der Rachs mir auf der Flur,
Und hier bis an die Stadt geht seiner Tritte Spur.
Wenn du mir diese Nacht ihn wieder schaffen kannst,
So wisse, dass du Dank von mir und Preis gewannst.
Doch wenn ihr mir den Rachs nicht werdet wieder schaffen,
So sollen durch mein Schwert hier breite Wunden klaffen.
Der König sprach erschreckt: Held ohne Furcht und Zagen,
Wer dürfte wohl den Rachs dir zu entwenden wagen?
Sei du mein Gast, lass dir den Ehrenbecher spenden
In Frieden, und nach Wunsch wird sich die Sache wenden.
Von Rostams Rosse bleibt die Fährte nicht verborgen;
Wir schaffen dir den Rachs; gedulde dich bis morgen!
Mit ungestümer Hast gelangt man nicht zum Fange;
Mit sanften Worten lockt man aus dem Loch die Schlange.
Drum sänfte deinen Zorn, kehr’ ein, und lass beim Wein
Mit Herzen sorgenfrei die Nacht uns fröhlich sein!
Wir bringen dir den Rachs, o tapfrer Kampfgesell,
Wir bringen ihn, bevor der Morgen tagt, zur Stell;
Uns sei die Hall’ indes vom Licht des Weines hell!
6.
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