Название: Töchter aus Elysium
Автор: Werner Siegert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783847699941
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Die Leiterin stürzte hinzu und wollte Velmond den Schlüsselbund entreißen: „Ich fordere Sie hiermit auf, das Haus zu verlassen. Sie haben keinen Durchsuchungsbeschluss. Ich habe bereits unsere Rechtsanwältin benachrichtigt. Sie ist auf dem Wege nach hier und wird in wenigen Minuten eintreffen.“
„Frau Dr. Frost-Heimbusch, es ist Ihr gutes Recht, Ihre Anwältin herbeizurufen. Jedoch müssen wir aus Gründen der Beweissicherung in einem Kapitalverbrechen darauf bestehen, den vermuteten Tatort abzusperren. Der Durchsuchungsbeschluss ist übrigens ebenfalls unterwegs nach hier.“
Inzwischen hatte sich Hauptkommissar Elsterhorst angekleidet und bot seinem Kollegen an, die Besprechung mit der Anwältin zu übernehmen, während Velmond mit seinen Leuten die Kellertreppe in Augenschein nahmen. Helle Lampen erstrahlten. Zwar waren Blutspuren nicht zu übersehen; aber nichts deutete darauf hin, dass sich dort jemand beinahe zu Tode gestürzt hätte. Die Blutspuren führten zu einer der Türen am Ende des Kellerflurs.
Betreten für Unbefugte strengstens untersagt!
Nur in steriler Kleidung betreten!
stand auf einem Schild. Mehrere Sicherheitsschlüssel mussten ausprobiert werden, bis die beiden Schlösser geöffnet werden konnten.
Nun standen Velmond und seine Leute in einem großen weiten, nach Chlor riechenden Gewölbekeller mit mehreren Nischen, in denen Flachbildschirme, Computer und diverse Apparate standen. An den Wänden Regale mit großen Glasgefäßen, in denen sich ein weißes Pulver befand. In einem weiteren Kellerabteil wurden offenbar Flaschen mit Leitungswasser abgefüllt und an einem Tisch mit einer Papierlasche etikettiert: „Wasser aus der Heilquelle St. Agatha“.
Auffällig helle Areale auf dem Kellerboden verrieten, dass dort äußerst emsig geschrubbt worden war. Eine Flasche mit hochkonzentriertem Schimmelpilz-Entferner auf Chlorbasis stand in Griffnähe. Hier in der Tat würde man keine Blutspuren mehr finden.
Leider traf der Bote mit dem Durchsuchungsbeschluss aufgrund eines Verkehrsstaus nicht rechtzeitig ein. Velmond und sein Trupp waren daher auf Veranlassung der rotblonden Rechtsanwältin gezwungen, die Ermittlungen vor Ort einzustellen. Allerdings hatten die Leute inzwischen genügend Proben von den Stufen kratzen können. Gestützt auf die Aussage von Hauptkommissar Elsterhorst wurde Frau Dr. Winfriede Lepper mit nach München in Untersuchungshaft genommen.
Elsterhorst hatte zunächst erwogen, seinen Aufenthalt abzubrechen, da er nun gegenüber der Sanatoriumsleitung eine zwiespältige Rolle spielen müsse. Doch dann entschloss er sich gerade deshalb, im Haus zu bleiben. Hier - davon war er überzeugt - gäbe es noch viel mehr zu ermitteln. Dafür war es geradezu ratsam, den Laden noch eine Weile weiter laufen zu lassen.
Lothar Velmond stattete auf der Rückfahrt noch dem Starnberger Klinikum einen Besuch ab, um mit den behandelnden Ärzten zu konferieren. „Schwer verletzt, aber außer Lebensgefahr!“ lautete die Diagnose. Frau Dr. Berghoff sei total entkräftet und ausgetrocknet gewesen. Schwere Gehirnerschütterung, nicht durch einen Sturz, sondern durch Fußtritte. Ob sie jemals wieder zu klarem Verstand kommen würde, könne man so kurz nach der Einlieferung nicht sagen. Die äußeren Verletzungen seien dagegen sicher zu heilen.
Übrigens habe man in den Taschen ihres Kittels ziemliche Mengen von Globuli sowie Tabletten gefunden. Eine erste Analyse im Labor habe ergeben, dass es sich ausschließlich um Placebo-Präparate handle, Traubenzucker und Stärkemehl.
„Es ist nicht auszuschließen, dass irgendjemand von dieser zweifelhaften Institutsleitung versuchen könnte, Frau Dr. Berghoff zu töten, mit einer Spritze oder wie auch immer. Sie darf keinesfalls Besuch bekommen und nicht in einem Raum liegen, der von jemand Unbefugten betreten werden kann. Auch von der Parkseite her nicht! An der Pforte darf niemand Auskunft geben, wo Frau Dr. Berghoff liegt! Dies ist eine polizeiliche Anordnung!“
In der Ettstraße konferierten Kriminaldirektor Metzner, Lothar Velmond und der zugeschaltete Maurice Elsterhorst über die weitere Vorgehensweise. Um in das Innere des Systems vorzudringen, wäre es erforderlich, eine Frau einzuschleusen, zumal jetzt Frau Dr. Berghoff als Informantin ausfalle.
Nach einigem Zögern willigte Uta Möbius ein, sich als von ihrem Mann seelisch misshandelte Frau in das „Kloster der Emanzen“ zu flüchten. Mit Elsterhorst als ihrem Schutzpatron für alle Fälle.
4. Flucht bei Nacht und Nebel
Als Kriminal-Assistentin Uta Möbius am nächsten Vormittag im Elysium eintraf, gut vorbereitet, die seelisch misshandelte Frau eines Machos zu spielen, die hoffte, im Institut der Feministinnen endlich Schutz unter Gleichgesinnten zu finden, befand sich schon die ganze Anstalt in wilder Aufruhr. Mittendrin Hauptkommissar Elsterhorst, der große Mühe hatte, erste Maßnahmen zur Absicherung und Beruhigung der zusammengelaufenen Menschen zu treffen. Der Grund: Der ganze Vorstand des Instituts sowie Olga Hendrix hatten sich nach der Verhaftung der Frau Dr. Lepper offenbar über Nacht heimlich aus dem Staube gemacht. Der Empfang war nicht besetzt. Computer und Monitor waren verschwunden. Die Telefonanlage war tot. In der Halle herrschte Chaos. Offenbar hatten auch die Patienten schnell mitgekriegt, dass sich Ungeheures ereignet hatte.
Elsterhorst war sehr erleichtert, als er Uta Möbius sah. Er lotste sie gleich erst einmal zu den verlassenen Büros, deren Türen offen standen und von fassungslosen Instituts-Angestellten besetzt worden waren. Die Telefonkabel waren zerschnitten. Akten lagen auf dem Boden verstreut. Geschredderte Papierschnipsel und Papierknäuel wogten von einer Ecke zur anderen.
Uta Möbius forderte alle Frauen auf, die Räume zu verlassen, da sie versiegelt werden müssten. Eine, von der sie darauf hingewiesen wurde, dass offenbar zwei PC und ein Laptop fehlen würden, bat sie, ihr zu helfen, eine erste Bestandsaufnahme zu machen. Es war die Chefsekretärin, die sich ihr als Annedore Peters vorstellte. Mit der Digitalkamera wurde in allen drei Räumen der Ist-Zustand fotografisch festgehalten.
Im Finanz-Office stand der Tresor offen. Aus der Kassette war alles Geld bis auf ein paar Cent verschwunden. Frau Peters meldete bestürzt, dass auch sämtliche Dokumente und Kreditkarten für den Zugriff zu den Konten fehlten. Auch den Abrechnungsordner mit den Krankenkassen und die Patientenkartei hatten die Flüchtigen mitgehen lassen. Obwohl die Flucht offenbar erst durch das energische Auftreten der Kripo und die Verhaftung der Pharmazeutin Winfriede Lepper am Tag zuvor ausgelöst worden war, ließ sich doch eine Systematik erkennen. Es gab offenbar einen Plan B, falls etwas schief gehen sollte. Aber was? Hier sollten möglichst alle belastenden Spuren beseitigt werden - eine beachtliche Leistung in einer Nacht. Noch dazu war es ja offenbar gelungen, die heikle Fracht klammheimlich in den alten VW-Bus zu verladen. Leider widersprachen sich die Aussagen hinsichtlich des Kennzeichens.
„Da müssen Sie Hugo fragen! Oder ist der auch mit abgehauen? Können wir uns gar nicht denken!“
Elsterhorst hatte alle Hände voll zu tun, die aufgeregte Schar in der Halle zu beruhigen. Es werde sich sicher alles klären lassen. Am besten sollten alle Patienten in ihre Zimmer zurückkehren. Die Schwestern würden sich wie gewohnt um sie kümmern. Ihre Versorgung sei nicht bedroht. Die Bewohnerinnen des Haupthauses, soweit sie nicht bereits aushäusig an ihren Arbeitsplätzen weilten, sollten ebenfalls in ihre Wohnräume zurück gehen und sich dort bis auf weiteres bereit halten.
Die Suche nach Hugo verlief СКАЧАТЬ