Die zarte Fee und die Garage. Jörn Kolder
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Название: Die zarte Fee und die Garage

Автор: Jörn Kolder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844276206

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      „Wir probieren es noch mal im Westen, da muss es noch einen Zeltplatz geben der ist nicht so groß“ legte die Frau fest, der Uhrzeiger näherte sich der sechs. Sie kannte den Mann bestens und wusste ganz genau, was sie ihm noch zumuten konnte. Manchmal erinnerte er sie mit seiner Langmut und der Gutmütigkeit an einen Schäferhund (an einen deutschen selbstverständlich, denn in Bezug auf Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein war er typisch deutsch) und als er schweigend weiterfuhr ahnte er schon, dass es wieder ein Schlag ins Wasser werden würde. Die Straße führte sie über Serpentinen in ein abgelegenes Waldstück, hier, mitten in der Pampa sollte doch noch etwas zu haben sein, Fehlanzeige. Der Mann schaute auf die Uhr: Achtzehn Uhr dreißig.

      „Wir hören jetzt auf zu suchen“ sagte er noch ruhig zu der Frau „heute haben wir eh kein Glück mehr, lass‘ uns ein einem Hotel einchecken, es wird langsam Zeit.“

      Sie nickte zustimmend, allerdings hatte der deutsche Spähtrupp jetzt jegliches Angriffskonzept verloren und irrte mehr oder weniger planlos durch die Gegend.

      „Vorhin habe ich beim Vorbeifahren ein Hotel gesehen, „Royal Hotel oder so, sah allerdings recht vornehm aus“ informierte der Mann die Frau.

      „Na gut“ erwiderte sie „schauen wir uns das mal an.“

      Das Hotel machte schon von außen einen gediegenen und teuren Eindruck, zwei Autos verloren sich auf dem großen Parkplatz. Wie üblich schickte der Mann die Frau vor, das stimmte eigentlich so nicht, denn sie war nun mal der Organisator und übernahm diese Rolle auch jetzt wie selbstverständlich. Mit einem verstörten Gesichtsausdruck kam sie zurück, ließ sich in das Auto fallen und sagte lapidar:

      „Wir hätten ein Zimmer für vierhundertfünfzig Euro bekommen können, falls noch eins frei gewesen wäre. Die sind ausgebucht, der Mann an der Rezeption hat es mir gezeigt.“

      Heilige Scheiße, er versuchte gar nicht sich vorzustellen wie es weiterging, jedes Hotel, das sie jetzt noch anfahren würden, wäre vollständig belegt, zu guter Letzt müssten sie im Auto schlafen und er wusste, dass es dann nicht mehr lange dauern würde, bis sie sich gegenseitig mörderisch auf die Nerven gingen und Gebrüll würde das Ventil ihrer Verzweiflung sein. Klar, Restaurants gab es wie Sand am Meer hier, das war nicht das Thema, aber ungewaschen, möglicherweise mit enormem Druck auf Blase und Schließmuskel und in der stickigen Luft im Auto könnten sich Aggressionen entwickeln, die den Traum vom schönen Urlaub zerplatzen ließen, bevor er überhaupt begonnen hatte.

      „Was machen wir jetzt“ fragte der Junge (der in großer Sorge darum war, nichts zu essen zu bekommen, er wuchs beinahe stündlich und sein Appetit war dementsprechend groß).

      „Na weitersuchen“ teilte ihm der Mann kurz angebunden mit, er merkte, dass sich sein Tonfall ungünstig veränderte. Dabei konnte der Junge doch auch nichts dafür, dass ihr Operationsplan nur noch Makulatur war, da konnte die Frau in ihren Unterlagen bis zum jüngsten Tag blättern. Langsam fuhren sie weiter, das nächste Hotel war wohl eine Preiskategorie niedriger, aber auch dieses war ausgebucht. Zurück in der Stadt fuhren sie auf gut Glück durch die Straßen, der Junge sah einen Hinweis auf das Hotel Diana, allerdings fehlte die nächste Anzeige. Plötzlich schrie die Frau auf:

      „Da, da vorn links, dort ist es, versuch‘ mal zu halten.“

      Diesmal hatten sie Glück, der Mann konnte direkt vor dem Eingang auf einer Fläche halten, die wohl zum Be- und Entladen vorgesehen war, die Frau hatte ihre Tatkraft wieder gewonnen und verschwand in dem Haus. Als sie nach drei Minuten immer noch nicht zurück war klopfte der Mann dem Jungen, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, auf die Schenkel, produzierte so etwas wie ein grimassenhaftes Lächeln und nickte nur mit zusammen gebissenen Zähnen, mein Gott, hatte er die Schnauze voll!

      Erst die Kutscherei über die Autobahnen mit ihren unzähligen Mautstellen, dann ein Schlag in die Magengrube nach dem anderen. Er überlegte krampfhaft, wenn das wieder nichts wurde, woran er seinen Frust auslassen sollte. In der Armeezeit war der Spind sein Punchingball gewesen. Erst wenn er den Schrank mit Füßen und Händen so lange traktiert hatte bis ihm die Knochen wehtaten flaute die Wut ab, er musste unbedingt (im Fall der Fälle) ein Objekt finden, das er bearbeiten konnte, denn an der Frau und dem Jungen konnte er seine maßlose Enttäuschung über den ganzen Mist nicht auslassen, sie hatten das nicht verdient!

      Natürlich wäre es nicht die feine französische Art, wenn er beispielsweise die Rückspiegel an den dicht gedrängt stehenden Fahrzeugen abtreten (falls er sein Bein so hoch bekäme) und dazu Karatelaute ausstoßen würde. Wer weiß, wie lange die Einheimischen seinem Tun tatenlos zusehen würden, jedenfalls hätte er für diese Nacht dann mit Sicherheit ein Quartier, nämlich im Knast. Das wiederum konnte er der Frau und dem Jungen schlechterdings antun, schließlich war er der Fels in der Brandung der Übernachtungssuche. Scheiben einzuschmeißen hätte wohl die gleiche Wirkung, alles was mit Sachbeschädigung zu tun hatte schied aus (wenig später sollte es doch noch auf eindrucksvolle Art dazu kommen), er musste subtiler vorgehen. Freilich war ihm klar, dass er sich als Deutscher keineswegs besondere Sympathien bei den Franzosen erwerben würde wenn er laut brüllend auf sein Dilemma hinwies, ändern könnte das an der vertrackten Situation ohnehin nichts.

      Schließlich verfiel er darauf, das Auto zu verlassen und sich wie ein Spastiker mit eigenartig verdrehten Gliedmaßen vor dem Eingang des Hotels hin und her zu bewegen und unnatürliche Laute auszustoßen. Dazu hielt er seinen im vorigen Jahr in Grignan erworbenen Strohhut vor sich hin, so als würde er um eine Spende bitten, möglicherweise hielt er mit dieser Aktion weitere potentielle Zimmersuchende davon ab, sich dem Hotel Diana zu nähern. Die Frau stand am Tresen des Hotels und bekam von seinem Tun nichts mit, nur der Junge schaute ihn entgeistert an, auch die Passanten zogen es vor, besser den Fußweg auf der anderen Straßenseite zu nutzen. Als sich ein Auto mit holländischem Kennzeichen näherte und der Fahrer aus dem geöffneten Fenster seinen Blick hoffnungsvoll auf das Hotel richtete trat der Mann mit abgehackten und spastischen Bewegungen an ihn heran, hielt ihm den Strohhut vor die Nase und sagte „Spende, bitte Spende, Tagung von psychisch Kranke hier in Hotel“ (wohl wissend, dass der Holländer ihn verstehen würde).

      Der Holländer gab Gas, würgte den Motor aber aufgrund des Schocks ab, dann starte er wieder und der Mann sah, dass sich vier blonde Kinder auf der Rückbank drängten, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anblickten. Für das Erste war sein Plan aufgegangen, nach dieser Einlage fühlte er sich deutlich besser und gerade in dem Moment, als er sich wieder normal bewegte, kam die Frau aus dem Hotel.

      „Wir können zwei Zimmer kriegen, allerdings kostet uns das insgesamt 225 Euro, ohne Frühstück.“

      „Machen wir, machen wir“ erwiderte er.

      „Geht’s dir gut“ fragte sie besorgt.

      „Ja, ja, alles in Ordnung, alles in bester Ordnung“ stammelte er jetzt.

      Sie sah ihn nachdenklich an, dann gingen sie gemeinsam zur Rezeption und die Frau hinter dem Tresen begrüßte ihn freundlich. Radebrechend machten sie ihr klar, dass ihr Auto (welches die Rezeptionistin gut im Blick hatte) auch untergebracht werden müsste, kein Problem, sie würde das Tor zur Tiefgarage öffnen, er könnte dort parken. Die Frau und der Junge griffen sich einige Sachen aus dem Auto, sie wollten auf ihn an der Rezeption warten.

      Die Einfahrt war eng aber er schaffte es. Als das Auto langsam die Rampe herunter rollte öffnete sich surrend das Tor. Geduldig wartete er ab bis es ganz СКАЧАТЬ