Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman). H. G. Wells
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman) - H. G. Wells страница 4

Название: Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman)

Автор: H. G. Wells

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746744445

isbn:

СКАЧАТЬ der ersehnten Versetzung unter die Götter zu verhelfen.

      Er brauchte nur »ja« zu sagen. Mr. Parham wußte genau, wohin er sich zu wenden und was er zu tun hatte. Es war die große Gelegenheit für Sir Bussy. Er konnte einen Gott ins Leben rufen. Er selbst besaß weder die nötige Bildung noch überhaupt die Fähigkeit, ein Gott zu sein, aber er konnte einen Gott schaffen.

      Sir Bussy hatte alles mögliche aufgekauft, das aufregende Erlebnis jedoch, eine Zeitung sein eigen zu nennen, war ihm bisher fremd geblieben. Es war Zeit, daß er es kennen lernte. Es war Zeit, daß er Macht, Einfluß und Wissen frisch von der Quelle zu kosten bekam. Von seiner eigenen Quelle.

      Von solchen Gedanken erfüllt, hatte sich Mr. Parham zu seinem ersten Mittagessen im Marmion House begeben.

      Er entdeckte, daß in diesem Marmion House ein sehr reges Leben herrschte. Sir Bussy hatte das Gebäude errichten lassen. Achtunddreißig Handelsgesellschaften hatten ihre Büros darin, und in dem breiten Torweg des Victoria-Street-Einganges geriet Mr. Parham in eine Schar eilfertiger Büroangestellter und Stenographen, die zum Essen weggingen. Ein vollgepfropfter Fahrstuhl setzte in jedem Stockwerk eine Anzahl von Passagieren ab; schließlich fuhr Mr. Parham mit dem Liftjungen allein nach dem Obergeschoß hinauf.

      Es sollte nicht das nette kleine Tête-à-Tête werden, das Mr. Parham seit seinem telephonischen Anruf am Morgen erwartet hatte. In einem großen Eßzimmer mit einem langen Tische fand er Sir Bussy, umgeben von einer recht beträchtlichen Anzahl von Leuten, die ihn beim ersten Anblick Schmarotzer der schlimmsten Sorte dünkten. Später sollte er erfahren, daß zumindest etliche unter ihnen ganz achtbare Menschen waren und in dieser oder jener der achtunddreißig Handelsgesellschaften arbeiteten, die Sir Bussy ins Leben gerufen hatte; der erste Eindruck aber war ein anderer. Es war dazu Sir Bussys Linker eine Stenographin mit ernster, wachsamer Miene, die Mr. Parham für ihre Stellung viel zu würdevoll im Gehaben, dabei viel zu hübsch und zu gut gekleidet schien; ferner waren da zwei junge Damen mit überaus familiären Manieren, die Sir Bussy »lieber Bussy« nannten und Mr. Parham anstarrten, als ob er ein Ausländer wäre. Bei näherer Bekanntschaft erfuhr Mr. Parham, daß diese beiden jungen Mädchen Sir Bussys angeheiratete Lieblingsnichten waren – er hatte keine eigenen Kinder –; im Augenblicke aber dachte Mr. Parham das Allerschlimmste von ihnen. Sie waren geschminkt. Dann war da ein unendlich dicker und fröhlicher Mann in einem hellen Anzug, der eine einschmeichelnde Stimme hatte und Mr. Parham ganz unvermittelt fragte, ob seiner Meinung nach nicht etwas mit Westernhanger geschehen sollte, worauf er sich in ein unverständliches Wortgeplänkel mit einer der beiden Nichten einließ, während Mr. Parham darüber nachdachte, wer oder was Westernhanger wohl sein mochte. Überdies war da ein nachdenklicher kleiner Mann mit außerordentlich hoher Stirn: Sir Titus Knowles aus der Harley-Street, wie Mr. Parham erfuhr. Während des Essens wurde kein ernstes Gespräch geführt, man tauschte nur belanglose Bemerkungen aus. Ein ruhiger Mann, der zwischen Mr. Parham und Sir Bussy saß, fragte Mr. Parham, ob er nicht die meisten Gebäude der City abscheulich finde.

      »Denken Sie einmal an New York«, sagte er.

      Mr. Parham überlegte. »New York ist anders.«

      Der ruhige Mann meinte nach einer Pause des Nachdenkens, das sei wohl wahr, trotzdem aber …

      Sir Bussy hatte Mr. Parham mit dem ihm eigenen, flüchtig in seinem Gesichte aufleuchtenden Schimmer von Liebenswürdigkeit begrüßt und ihm gesagt, er möge sich irgendwo hinsetzen. Und nach einem dunklen Geschäker quer über den Tisch hin mit einem der hübschen geschminkten Mädchen über die Frage, ob sie in London »echtes Tennis« spielen könne, war der Gastgeber in nachdenkliches Stillschweigen versunken. Einmal sagte er aus keinem ersichtlichen Grunde »Nu!«

      Das Mittagessen hatte nichts von der ruhigen Gemessenheit, die eine Tischgesellschaft im West-End auszuzeichnen pflegt. Drei oder vier junge Männer in weißen Leinenjacken bedienten flink, aber ohne irgendwelche Würde. Es gab Nierenragout und Roast-Beef, Sellerie in reichlichen Mengen nach amerikanischer Art, und auf einem Buffet standen verschiedene Sorten kalten Fleisches, ferner Obsttörtchen und Wein in Flaschen. Mehrere Glaskrüge auf dem Tisch enthielten eine Art Bowle. Mr. Parham dachte, einem schlichten Gelehrten und Gentleman gezieme es, die Weine des Plutokraten zu verachten und gewöhnliches Bier aus einem Deckelkruge zu trinken. Als das Mahl vorüber war, verschwand mehr als die Hälfte der Teilnehmer, darunter auch die hübsche Sekretärin, deren Gesicht Mr. Parham zu interessieren begonnen hatte; die übrigen folgten Sir Bussy in einen großen, niedrigen Raum, wo Zigarren und Zigaretten, sowie Kaffee und Liköre herumgereicht wurden.

      »Wir fahren mit Tremayne nach diesem Tennisplatz«, verkündeten die hübschen Mädchen wie aus einem Munde.

      »Doch nicht Lord Tremayne!« dachte Mr. Parham und betrachtete den Mann von riesenhaftem Leibesumfang mit neuem Interesse. Lord Tremayne war nämlich im Christ’s College zu Cambridge gewesen.

      »Wenn er nach dem Mittagessen, das er eben verzehrt hat, mit Keulen und harten Bällen Tennis spielt, wird ihn der Schlag treffen«, meinte Sir Bussy.

      »Sie unterschätzen die Leistungsfähigkeit meines Verdauungsapparates«, sagte der umfangreiche Herr.

      »Trinken Sie einen Kognak, Tremayne, und dann frisch ans Werk«, sagte Sir Bussy.

      »Kognak!« rief Tremayne einem vorübergehenden Diener zu. »Einen Doppelkognak.«

      »Bringen Sie Lord Tremayne einen alten Kognak«, befahl Sir Bussy.

      Es war also wirklich Lord Tremayne! So dick geworden! Mr. Parham war bereits Tutor gewesen, als Lord Tremayne, damals ein reizender schlanker Jüngling, nach Cambridge gekommen war. Allzu lange hatte sein Aufenthalt in der Universitätsstadt nicht gedauert, doch war er in der kurzen Zeit sehr bewundert worden.

      Die drei gingen ab, und Sir Bussy kam auf Mr. Parham zu.

      »Haben Sie für heute nachmittag etwas vor?« fragte er.

      Mr. Parham hatte nichts Unaufschiebbares zu erledigen.

      »Dann wollen wir uns ein paar Bilder anschauen gehen«, sagte Sir Bussy. »Ich möchte das sehr gerne. Ist es Ihnen recht? Sie scheinen von Bildern etwas zu verstehen.«

      »Es gibt so viele Bilder«, meinte Mr. Parham in belustigtem Ton und lächelnd.

      »Ich meine, wir wollen in die National Gallery. Vielleicht auch in die Tate Gallery. Auch die Academy ist noch geöffnet. Überdies können wir zu dem einen oder dem anderen Kunsthändler gehen. Wir wollen uns so viel ansehen, wie uns nötig scheint. Ich möchte einen allgemeinen Überblick bekommen. Und Ihre Ansicht kennen lernen.«

      Während sein Rolls-Royce in glatter rascher Fahrt westwärts rollte, legte Sir Bussy den Zweck des Ausflugs klarer dar. »Ich möchte einen Begriff von der ganzen Malerei bekommen«, sagte er. »Welchen Sinn hat sie? Und welchen Zweck? Wie sind die Menschen dazu gekommen? Und was bedeuten ihnen die Gemälde? All die Gemälde?«

      Seine Mundwinkel waren herabgezogen, und er blickte seinem Gefährten mit einem sonderbaren Gemisch von Feindseligkeit und flehender Wißbegier ins Gesicht.

      Mr. Parham bedauerte, daß er sich auf diese Unterredung nicht hatte vorbereiten können. Er zeigte Sir Bussy sein Profil.

      »Was ist die Kunst?« sagte er, um Zeit zu gewinnen. »Eine große Frage.«

      »Nicht die Kunst – nur die Malerei«, verbesserte Sir Bussy.

      »Das ist eben die Kunst«, sagte Mr. Parham. »Die Kunst in ihrer ureigensten Wesensart. Ein unteilbares Ganzes.«

      »Nu«, СКАЧАТЬ