Название: Czordan und der Millionenerbe
Автор: Manfred Rehor
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844210125
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„Selbstverständlich!“
Meine hochgezogenen Augenbrauen übersah Czordan.
„Sehr schön. Wünschen Sie eine Anzahlung?“ Drombacher bewegte die Hand zur Innentasche seines Jacketts, als wäre alles Geld der Welt darin.
„Nicht, bevor Sie uns einen präzisen Auftrag erteilt haben.“
„Auch gut. Morgen um zehn?“
„Gerne.“
Er blieb in der Tür noch einmal stehen. „Die ermordete Frau, die Sie erwähnten: Hat sie als Prostituierte gearbeitet?“
„Nein. Wie kommen Sie darauf?“
„Nur so ein Gedanke.“
Er ging. Ich sah ihm ziemlich verblüfft nach.
Czordan dagegen setzte sein ‚Ich bin allwissend‘-Gesicht auf und sagte: „Aha! Damit kann man doch etwas anfangen. Aber wir brauchen mehr Informationen. Besuche deinen Freund bei der Zeitung und frag ihn aus.“
„Ich möchte meine privaten Kontakte nicht für diese Detektivsache nutzen“, wandte ich ein.
Czordan ruckte hoch. „Ein Detektiv hat kein Privat...“
„Schon gut“, sagte ich und machte mich auf den Weg.
Nikolaus von Everdingen, genannt Every, kannte ich seit meiner Schulzeit. Er gehörte zu den Schnellmerkern, die keine Mühe mit dem Stoff hatten, war allgemein beliebt und die Lehrer glaubten, er werde Karriere machen. Doch dann stellte sich heraus, dass er faul war - was ihm nicht von alleine zuflog, war er nicht bereit, zu lernen - und dass er ein Zyniker war, der so etwas wie Karriere nicht ernst nehmen konnte. Er war auf dem besten Weg, einer dieser brillanten Nichtstuer zu werden, die ihre Tage in den Cafés in Berlin Mitte verbringen und alles besser wissen, aber es nicht anpacken.
Gerade noch rechtzeitig bemerkte er, dass Geld doch eine gewisse Rolle im Leben spielt, je mehr desto besser. Also entschloss er sich zu einem Journalistik-Studium. Er hoffte, mit geschliffenem Stil und wenig Mühen einen Abschluss zu erreichen.
Als ich ihn Jahre später wieder traf, war er Hauptstadtkorrespondent einer überregionalen Zeitung, seine Rechnung war also aufgegangen. Dieser Posten langweilte ihn jedoch bald, wie nicht anders zu erwarten gewesen war. Deshalb suchte er sich ein weiteres Betätigungsfeld und wurde unter einem anderen Namen freier Mitarbeiter einer Berliner Boulevardzeitung. Das Qualitätsblatt aus Frankfurt schätzte seine scharfsinnigen Analysen, das Boulevardblatt die kernigen Sätze, mit denen er komplexe Zusammenhänge in wenige Zeilen quetschen konnte.
Selbstverständlich erfuhren beide Redaktionen von seinem Doppelspiel, aber sie wollten nicht mehr auf ihn verzichten. So verdiente er doppelt und hatte seinen Spaß dabei. Da er mit beiden Enden des journalistischen Spektrums in Verbindung stand, galt er als einer der bestinformierten Journalisten in der Hauptstadt.
Everys Büro wurde von der seriösen Zeitung finanziert, ebenso seine Bürokraft, die er aber mit anderen Korrespondenten teilte. Immerhin versorgte sie ihn und seine Besucher zuverlässig mit Kaffee, mehr verlangte er nicht. Mit dem Rest der Arbeit kam er bequem alleine zurecht.
„Zweihundert Millionen in Form von Vermögen und Firmenbeteiligungen“, sagte Every. „So als Größenordnung.“
Meinen überraschten Pfiff quittierte er mit einem Grinsen.
„Jedenfalls mehr, als ein Mensch verbrauchen kann, sollte man meinen“, fuhr er fort.
Ich schlürfte von dem fürchterlichen Bürokaffee, den er mir wie immer angeboten hatte, schüttelte mich und fragte: „Warum diese Einschränkung? Gibt er sich Mühe, es doch zu tun?“
„Er hat ein schlechtes Gewissen wegen seines ererbten Reichtums und sich deshalb eine Beraterin an Land gezogen. Die sagt ihm, wie er mit den Millionen Gutes tun kann in der Welt. Und das kostet.“
„Womit zuallererst das Honorar der Beraterin gemeint ist, nehme ich an. Der Erbe wird also ausgenommen?“
„Nein. Ist alles ganz seriös.“ Er blätterte in den Unterlagen, die er vor sich hatte, und fand wie immer nichts. „Es gibt eine ganze Heerschar solcher Berater, die sich auf die Generation junger Erben spezialisiert hat. Der Druck, den Millionen und Milliarden Euro auf die zarten Seelchen ihrer Besitzer ausüben, scheint enorm zu sein. Drombacher hat sich eine Frau - da ist es doch! - Frau Wailer zur Massage seines Seelenlebens ausgeguckt. Ursprünglich aus der Schweiz stammend, aber sie hat wohl die Berliner Luft und den Duft des großen Geldes gerochen und ist hierher gekommen.“
„Was hat sie Silvio Drombacher geraten?“
„Das Übliche: Unterstützung sozialer Organisationen und aktive Mitarbeit, um den Boden nicht unter den Füßen zu verlieren und dem eigenen Leben Sinn zu geben.“
„Heißt konkret?“
„Finanzierung eines komplett neuen SOS-Kinderdorfs in Ostafrika, einschließlich der laufenden Kosten. Jugendprojekte in Berlin und Göttingen - da stammt die Familie Drombacher ursprünglich her. Außerdem Frauen- und Schwulenprojekte jeder vorstellbaren Art. Aktiv arbeitet Drombacher unter anderem in zwei Schwulenprojekten mit. Außerdem in einem Verein, der gegen Zwangsprostitution agiert, und in einer Organisation zum Schutz von Frauen vor ihren eigenen Kindern. Langeweile ist eben auch ein Problem der ganz Reichen, da hilft es, wenn man täglich ins Büro geht.“
Every reichte mir ein Foto, das einen älteren Mann vor einem Firmensignet zeigte. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug und strahlte das Selbstbewusstsein aus, das man erwirbt, wenn man alles im Leben aus eigener Kraft erreicht hat.
„Sein Vater“, erklärte Every. „Er war vier Mal verheiratet, das hat seine Gesundheit ruiniert. Ist mit Ende sechzig an einem Herzinfarkt gestorben, kurz nach seiner dreißig Jahre jüngeren vierten Frau. Sie ist bei einem Skiunfall in St. Moritz ums Leben gekommen. Silvio ist sein Sohn aus dritter Ehe. Es gibt noch eine Tochter aus der allerersten Ehe, die muss jetzt Mitte vierzig sein. Sie hat das Testament angefochten, weil sie das Firmenimperium ihres Vaters in dessen Sinn leiten will. Es stört sie, dass ihr Halbbruder seine Anteile verwalten lässt, ohne sich selbst um die Firma zu kümmern.“
„Hat er einen Grund dafür?“
„Moral. Sein Vater hat gute Geschäfte mit den Militärs dieser Welt gemacht. Alles ganz legal, im Rahmen der Ausfuhrbestimmungen unserer Regierung und so weiter.“
„Aber das zarte Seelchen von Silvio Drombacher nimmt daran Anstoß“, ergänzte ich.
Das Foto der Tochter zeigte eine robuste Frau, die mich vertrauenerweckend direkt ansah. „Ich lese die Klatschpresse nicht, Every, also erzähl weiter. Wird in aller Öffentlichkeit die schmutzige Wäsche gewaschen?“
„Nein. Ich nehme an, sie hat Angst, das könnte dem Ruf der Firma schaden. Falls er solche Anwandlungen hatte, wurden sie ihm vermutlich von seiner Beraterin ausgeredet. Aber der Rechtsstreit ist noch nicht beendet.“
„Was ist mit seinem Privatleben? Der Mann an seiner Seite? Irgendwelche Hinweise auf Affären? Bei seinem Vermögen muss es doch vor Verehrern wimmeln.“
„Er СКАЧАТЬ