Название: Das Steckenpferd des alten Derrick
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752946192
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»Merkwürdig!« sagte er endlich. »Was wollen die Leute von Derrick? Er hat, wie er selbst zugibt, nur ganz minderwertige Silbergeräte in jenem Haus aufbewahrt. Diese können es also nicht sein, die einen Einbruch in seiner Wohnung lohnenswert machen. Das ist aber schon der zweite Versuch ...«
»Nein, der dritte«, verbesserte ihn Bourke. »Einmal wurde, ohne daß Derrick etwas davon erfahren hatte, im Haus eingebrochen. Wissen Sie, was ich glaube? Nein? – Setzen Sie sich erst einmal, Staines. Wie Sie wissen, ritt der alte Derrick, der Vater Walters, ein ganz besonderes Steckenpferd?!«
»Ja, sein Sohn erzählte mir erst gestern davon.«
»Von der Fingerabdrucksammlung seines Vaters?«
»Ja.« Dick nickte bestätigend.
»Wir nannten den Alten hier im Yard bloß den ›Amateur-Daktyloskopen‹; er muß Tausende aller möglichen Abdrücke gesammelt haben. Sein ganzes Sehnen und Trachten ging darauf hinaus, die Polizei mit ihrer Annahme, es gäbe keine Fingerabdrücke verschiedener Personen, die einander völlig gleich seien, ins Unrecht zu setzen. Sonst geizig wie ein Shylock, war ihm für sein Steckenpferd nichts zu teuer. Er war so ein Fanatiker, wie es nur je ein Bibliophile gewesen sein mag. Den ganzen Tag brachte er in seinem Arbeitszimmer mit dem Tabellieren und Registrieren der gesammelten Abdrücke zu. Sogar uns vom Yard, die wir doch bestimmt in dieser Art Erkennungsdienst keine Waisenknaben sind, konnte er allerlei Neues bringen. Ich bin fest überzeugt, daß er seiner Theorie doch noch zum Erfolg verholfen hätte, wenn er nicht vor der Zeit ins Jenseits abberufen worden wäre.«
Bourke unterbrach sich und blickte seinen Inspektor nachdenklich an. Nach kurzer Pause fuhr er fort: »Ich bin nun zu der Überzeugung gekommen, daß es dem alten Derrick kurz vor seinem Tode doch noch gelungen sein muß, die lange gesuchte Doublette von Fingerabdrücken zu finden; er wird den Abdruck, den der Mörder von Slough auf der Mordwaffe hinterlassen hatte, zwischen den von ihm neu gesammelten wiederentdeckt haben.«
»Aber«, gab Staines zu bedenken, »Walter Derrick hatte doch, soweit ich unterrichtet bin, die ganze Sammlung seines Vaters verbrennen lassen, nicht wahr?«
»Die ganze? Wer weiß! Das einzige, was wir wissen, ist, daß der Sohn nach seiner Rückkehr die von ihm aufgefundenen Sammlungsstücke zerstören ließ. Ich habe damals die Sammlung mit eigenen Augen gesehen; sie füllte die ganze Längswand im Arbeitszimmer des alten Derrick aus. Walter Derrick bot uns bei seines Vaters Tod die komplette Sammlung an. Wir lehnten jedoch ab, da es uns nicht gestattet ist, Fingerabdrücke Unbestrafter zu sammeln. Vielleicht sind aber, trotz der Zerstörung durch den Sohn, einige besonders wichtige Stücke übriggeblieben, hinter denen die Einbrecher nun her sind. Warum sollten sie auch sonst dort einbrechen? Walter Derrick gibt selbst an, daß in seiner Wohnung so gut wie gar keine Wertgegenstände aufbewahrt werden. Die einzige Erklärung für die Einbrüche ist vielleicht in dem Wunsch der Einbrecher zu suchen, ein sie besonders interessierendes Stück der Sammlung in ihre Hände zu bekommen, oder es wenigstens den Blicken Unbefugter zu entziehen. Man hat ja überhaupt nichts vermißt; gestohlen wurde gar nichts: Also wozu der große Aufwand und das Risiko, das die Einbrecher bei ihren wiederholten Versuchen eingegangen sind?« Bourke streckte dramatisch seine Hände aus: »Legen Sie dem oder den Einbrechern die Handschellen an, Staines, und ich wette, Sie werden den Mörder von Slough festgenommen haben.«
Der Inspektor ging an die Aufklärung des neuen Falles mit besonderer Methode heran. Er versuchte, alles, was er von dem Fall wußte, aus seinem Gedächtnis auszuschalten, um dessen einzelne Phasen möglichst unvoreingenommen prüfen zu können. Eine Gewissheit hatte er wenigstens: Die blauäugige Krankenpflegerin von Brighton konnte aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschaltet werden; er hatte sich mit eigenen Augen von ihrem Alibi überzeugen können. Er hatte Mary Dane seit jenem Maskenball nicht wiedergesehen, hatte sie aber auch nicht vergessen. Allein Tommys Briefe hatten dafür gesorgt. Im letzten hatte der Lord geschrieben:
»Ich sah sie in Littlehampton auf einer Promenadenbank sitzen und hielt sofort meinen Wagen an, um sie begrüßen zu können. Sie war recht liebenswürdig und erkundigte sich eingehendst nach Dir. Das alte, in der Weltgeschichte umhergefahrene Wrack Cornfort wachte während der Unterhaltung auf, um sich mit mir dreiviertel Stunden lang über das schöne Wetter zu unterhalten. Heute fahre ich nach Petworth, wo der alte Drachen von Tante wohnt, die ich, leider Gottes, besuchen muß. Daß sie in einem Schloß wohnt, das von der Umgebung durch einen Wallgraben abgeschlossen wird, macht die Aussicht, dort einige Wochen verbringen zu müssen, für mich nicht schmackhafter. Du kannst Dir nach meinen Mitteilungen denken, wie ›gern‹ ich hinfahre. Aber was soll ich machen? Jetzt, wo die Sozialisten den armen Kapitalisten alles wegnehmen wollen, was sie haben, muß man sehen, wie man sein Leben fristen kann.«
Staines' Nachforschungen nach dem Mörder von Slough, die er gleichzeitig mit der Untersuchung der Einbrüche in Derricks Haus betrieb, schienen im Sand zu verlaufen. Nichts Neues war ausfindig zu machen. Einige Tage später erhielt er von Walter Derrick eine Einladung zum Lunch. Das Schreiben schloß folgendermaßen:
»Haben Sie etwas Neues hinsichtlich des Fingerabdruckes auf dem Bierglas Larkins ausfindig machen können? Hat Ihnen diese neue Spur auf die Sprünge geholfen?«
Warum interessierte sich Derrick für den Erfolg Staines'? Der Inspektor dachte nicht im Traum daran, die Neugierde Walter Derricks zu befriedigen. Er war sich selbst noch gar nicht so sicher, daß Bourke mit seinem Verdacht recht hatte. Derricks Vermögen war in Grundstücken angelegt; er war darin dem Beispiel seines Vaters gefolgt, der das Geld nur durch Spekulationen auf dem Immobilienmarkt erworben hatte. Um endlich einmal die wirkliche Höhe der Hinterlassenschaft festzustellen, beschloß Staines, die Hilfe einer befreundeten Hypothekenmaklerfirma in Anspruch zu nehmen. Er hatte das Glück, gleich an die rechte Schmiede zu kommen. Schmeichelhaft war die Auskunft, die der Makler über die Methoden des alten Derrick gegeben hatte, für den Verstorbenen keineswegs.
»Einer der gerissensten Schieber Londons«, berichtete der alte Herr, nachdem er Dicks Mission erfahren hatte. »Er hatte für unsere Branche eine Nase wie ein Bluthund. Sie wissen ja, wie klein er anfing; er hatte ein unbedeutendes Bauunternehmen und schwang anfangs selbst die Kelle wie nur irgendeiner seiner Leute. Mein Vater erzählte mir einmal, daß er den damals noch jungen Derrick beim Aufbau seines eigenen Hauses überrascht habe.«
»Hat er viele Grundstücke hinterlassen?« wollte Dick wissen.
»Im Gegenteil. Sein Vermögen festzulegen, dazu war er zu schlau. Er spekulierte nur damit. Er wußte auf die Sekunde genau zu sagen, wann es Zeit wurde, abzustoßen und wieder zu kaufen. In dem halben Jahr, das seinem plötzlichen Tod vorausging, haben wir für ihn für etwa achthunderttausend Pfund Grundstücke versilbert. Ich erinnere mich der Transaktion um so genauer, da die Auszahlung unserer Provision bei ihm auf Schwierigkeiten stieß. Einige Monate darauf verkaufte er durch Haytors zwei Geschäftshäuser. Barzahlung, Sir, einhundertundvierzigtausend Pfund, bar auf den Tisch gezahlt. Schecks nahm er überhaupt nicht; er traute, wie er sagte, den Banken nicht über den Weg. Ich selbst spazierte mit ihm einmal seiner Wohnung zu, während er eine Aktenmappe mit über einer viertel Million in Banknoten unter den Arm geklemmt bei sich trug.«
»Ehe er starb, dürfte er wohl sein ganzes Vermögen wieder in Grundstückswerten angelegt haben?« schlug Staines auf den Busch.
»Nein, nicht daran zu denken, Sir. Er hatte zwar, wie ich zufällig weiß, die Absicht, kam aber nicht mehr zum Kauf. Ich hatte in seinem Auftrag bereits Verhandlungen angeknüpft, ein Citygrundstück für ihn zu kaufen: der Kaufpreis sollte vierhunderttausend Pfund betragen. Er starb aber, ehe die Verhandlungen zum Abschluss gekommen waren.«
»Hatte er Feinde?«
»Nicht, daß ich wüßte. Das ist ja das Merkwürdige, daß СКАЧАТЬ