Höllische Tage. Carlo Fehn
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Название: Höllische Tage

Автор: Carlo Fehn

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844236545

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СКАЧАТЬ und angemacht hatten. Einen davon hätte er mit Hilfe eines Freundes "ganz schön zugerichtet", erzählte der Junge, der sich inzwischen mit Wasser langsam das Gesicht behandelte.

      Pytlik erzählte David Spath, dass es so eine Ahnung gewesen wäre, warum er ihn verfolgt hätte, aber er sparte sich Details und bat ihn, die Geschichte auch nach Möglichkeit für sich zu behalten. Die neugierigen Blicke der wenigen anwesenden Friedhofsbesucher, insbesondere der drei Frauen in der Nähe des Grabes von Pytliks Mutter, führten diesen Wunsch allerdings ad absurdum. Er versicherte dem leicht verdutzten jungen Mann, dass er bezüglich des Vorfalls der letzten Nacht nicht aktiv werden würde, sofern keine Anzeige vorlag. Der Junge tat Pytlik leid, dennoch wollte er jetzt nur noch weg hier. Er packte die eine Gießkanne, die er vorhin hatte stehen lassen und ging zunächst zum Grab seiner Eltern zurück, wo er immer noch ungläubig auf den Grabstein schaute. Er goss das Wasser auf den teerharten Boden und sah, dass kaum Feuchtigkeit in die Erde eindrang, sondern größtenteils in alle Richtungen davonfloss. Er ging noch einmal zurück an die Wasserstelle und wollte bei dieser Gelegenheit die Gießkanne mitnehmen, die er vorhin bei der Verfolgung David Spaths verloren hatte. Als er sich bückte und das blecherne Gefäs hochnahm, wunderte er sich. Das Grab, vor dem David Spath gestanden hatte, war nicht das seines Vaters. Überhaupt fiel dem Hauptkommissar nun ein, dass die Familie in Gehülz wohnte. Pytlik erhob sich und stellte fest, dass er und somit auch der Junge von hier aus - durch zwei Hecken hindurch - einen nahezu geschützten und dennoch deutlichen Blick auf das Grab seiner Eltern hatte.

      ***

      Das Wasser strömte lauwarm aus dem Duschkopf. Pytlik stand schon eine halbe Stunde in der Kabine und fasste immer wieder an seine linke Schulter, die er sich beim Sturz im Friedhof leicht lädiert hatte. Seine Gedanken kreisten um die immer gleiche Frage: Wer wollte etwas von ihm? Und warum? Er beschloss, sich den Rest des Tages frei zu nehmen. Es war ihm alles zu viel. Die Hitze, der Verrückte, von dem er immer noch nicht wusste, wie ernst er ihn wirklich nehmen sollte, und die Geschichte im Friedhof mit diesem Spath. War das alles nur Zufall? Nein, für heute hatte er genug. Nachdem er in der Dienststelle angerufen und Hermann Bescheid gesagt hatte, überlegte er kurz. Warum sollte er seiner neuen Nachbarin nicht schon heute Nachmittag behilflich sein? Das gemeinsame Frühstück könnte man deswegen ja sicherlich auch noch machen.

      ***

      Angelika Küppers war nicht zu Hause. Pytlik hatte sich deswegen kurz entschlossen ein paar Sachen zusammengepackt und mit dem Fahrrad auf den Weg gemacht. Raus aus der Stadt, dachte er. Er wollte versuchen, den Kopf frei zu bekommen. Außerdem würde er dem "Feind" dann in gewisser Weise auch erst mal entkommen.

      So fuhr er nach Steinwiesen, um im Freibad den restlichen Nachmittag zu verbringen und auf andere Gedanken zu kommen. Dort könnte er auch gemütlich ein Bierchen trinken und sich auf das Wochenende einstimmen. Während er auf den freien Feldern zwischen Höfles und Marktrodach gemächlich in die Pedale trat - der Rucksack hatte sein Hemd bereits zu einem feuchten Lappen werden lassen -, ging er noch einmal durch, was seit heute morgen passiert war. Er redete leise vor sich hin, so als wollte er sich mit seiner Analyse auch eine Bestätigung geben, dass alles wahrscheinlich nur ein Missverständnis war. Zwei Kuverts, identisch, Inhalt: typische Erpresserbriefe, wie man sie aus schlechten Krimis kennt. Soweit klar. Der Unbekannte scheint mir mitteilen zu wollen, dass jetzt irgendwas losgeht. Gleich danach die Sache mit dem Friedhof. Ein Hinweis? Eine Warnung? Ein Todesurteil? Pytlik schaffte es nicht, dem Ganzen eine Belanglosigkeit abzugewinnen, so sehr er es auch versuchte. Nein, die Beschädigung des Grabsteines hatte einen tieferen Sinn, das war kein Dummejungenstreich. Die Sonne stach unerbittlich herunter, Pytlik nahm einen kräftigen Schluck aus der Wasserflasche und gleichzeitig spürte er, wie im Gegenzug der Schweiß aus allen Poren drang. Er freute sich auf das kühle Nass. Seine Analyse war vorerst beendet.

      Er hatte sich etwas abseits unter einem Baum ausgebreitet und wunderte sich, wie viele Menschen trotz der Urlaubszeit doch anscheinend das heimische Freizeitangebot einem Flug in den Süden vorgezogen hatten. Es war rappelvoll. Pytlik mochte es zu beobachten. Ob Berufskrankheit oder nicht, aber an so einem Ort zu liegen, den Kindern bei ihren waghalsigen Sprüngen aus luftiger Höhe zuzuschauen, die in locker geschnürten Bikinihöschen verpackten Kurven der jungen und älteren Frauen durch seine verspiegelte Pilotenbrille zu beobachten, das hatte nach seiner Meinung ja auch ein bisschen was von Ermittlung. Er musste lächeln, als er das dachte.

      Neben ihm unterhielten sich zwei junge Mütter, anscheinend unzufrieden damit, wie ihre besseren Hälften die Aufteilung der Hausarbeit interpretierten. Pytlik, geborener Berliner, aber seit seinem achten Lebensjahr in Kronach, verstand mittlerweile alle Landkreis-Dialekte, wenn er selbst auch keinen sprach. Er lauschte.

      "Und wassd, dann sochder a immer nuch, des wäh halt jetzamoll su, dass die Weiber auf die Weld kumma senn, ümmern Haushald zu machen und sich üm die Kinner zu kümmern. Also, manchmoll könnd ich na ana badschn, ählich!"

      Die gut beleibte Frau schien nicht das Bedürfnis zu haben, ihre Bedenken hinsichtlich der Einstellung ihres Mannes nur für sich und ihre Freundin zu behalten. Pytlik konnte sehen, dass auch andere Umherliegende scheinbar amüsiert dem Dialog zuhörten.

      "No wassd, und meiner öschd!", hakte die Andere ein, die man mit hiesigen Worten als "Spreisel" bezeichnet hätte.

      "Wassd, woss däh immä macht? Däh kummt vo die Ärrbädd haam, gedd zum Kühlschroog, hueld sich a Bier und dann auf die Couch, Playstation! Dess mussd da dich amoll vorstell!"

      "Die senn duch alla gleich!", ereiferte sich die Dicke wieder, gefolgt von einem schrillen "Baddrick, eingremen, komm mal her bidde, mein Schatz! Baaadrick - sofort, Fregger!"

      Pytlik hatte genug und resümierte irgendwie zufrieden, dass er nicht der bemitleidenswerte Playstation-Freak war. Er stopfte sich die kleinen Kopfhörer in seine Ohren und lauschte den Klängen von Barclay James Harvest.

      Er musste eingeschlafen sein. Ja, sonst wäre er nicht aufgewacht, als er aus den Lautsprechern des Freibades zunächst noch etwas benommen, dann jedoch klar und deutlich einen Aufruf vernahm.

      "Achtung, noch einmal die dringende Durchsage: Herr Franz Pytlik, bitte zur Rezeption kommen. Herr Franz Pytlik bitte!"

      Pytlik fragte sich zunächst, ob er das richtig vernommen hatte. Er hatte die Ohrenstöpsel zwar noch nicht herausgenommen, da die Musik aber schon längst nicht mehr spielte, konnte er die Ansage sehr gut hören. Verdammt, schoss es ihm durch den Kopf. Was soll das denn jetzt? Es war bereits fast 17 Uhr, Pytlik packte hastig seine wenigen Sachen zusammen. Die Liegewiese hatte sich etwas geleert, auch die beiden Frauen waren schon gegangen.

      Nachdem er sich die Sonnenbrille aufgesetzt und die Baseball-Mütze tief ins Gesicht gezogen hatte, begab er sich ins angeschlossene Wellness-Hotel, wo er einen Angestellten hinter dem Tresen der Rezeption telefonieren sah. Pytlik näherte sich und legte die Hände auf das edle Holz, mit seinen Fingern begann er langsam zu trommeln, so, als wollte er signalisieren, dass er es eilig hätte. Der junge Mann wandte sich dem Hauptkommissar zu und verwies mit einem freundlichen Nicken darauf, dass das Telefonat gleich beendet wäre.

      "Ja, bitte!"

      "Pytlik ist mein Name, ich wurde ausgerufen."

      "Ah, ja." Der Rezeptionist bückte sich und holte aus einem Fach unterhalb etwas hervor. Pytlik wurde kreidebleich.

      ***

      Er hatte eine gute halbe Stunde in der Hotellobby gesessen und auf das Papier gestarrt, das in dem braunen Kuvert gesteckt hatte. Was da stand, war für ihn dermaßen absurd, dass er beschloss, es darauf ankommen zu lassen.

      STELLEN SIE SICH AUF DAS SPRUNGBRETT DES SCHWIMMBADES ZIEHEN SIE SICH СКАЧАТЬ