Ein ehrbares Haus. Maxi Hill
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Название: Ein ehrbares Haus

Автор: Maxi Hill

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748589549

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СКАЧАТЬ hohler Hand umschlossen hält er ein Bild, das einzige, das in einem selbstgefertigten Passepartout steckt. Zitternd fährt sein Finger über das fade Gesicht eines Kindes, kläglich, mit durchscheinender Haut. Seine Augen blicken zornig, seine Hände hält es vor der Brust verschränkt.

      An jenem Tag, als das Foto entstand, wusste Carlo von Findeisen, der Junge muss weg. Mit diesem Jungen nahm das Schicksal seinen Lauf.

      Er ist klug genug zu verdrängen. Dieses Geheimnis muss eines bleiben, bis zum bitteren Ende …

      Er läuft zurück zum Sekretär und schiebt das Bild in den kleinen Karton, der ganz hinten in der untersten Schublade steckt. Wie immer schaut er nach vorn. Der nächste Tag soll ein besserer Tag werden. Für Carlo von Findeisen mag das stimmen.

      Die Hitze vor dem Haus bremst seinen Schritt, doch irgendeine Kraft zieht ihn in eben diese Richtung, in die er schon seit Wochen geht.

      In Gedanken kann er sie schon sehen, die Schule. Und in Gedanken hört er die zarte Stimme des Jungen. Er bleibt stehen. Die Stimmen kommen in Wahrheit von jenem Spielplatz, den er seit Monaten meidet, den er nicht nötig hat aufzusuchen, seit er diesen einsamen Jungen gefunden hat. Auf dem Spielplatz spielen Kinder. Bei dieser Hitze tragen sie kaum Kleider auf den lieblichen Körpern. Er steht stocksteif, doch sein Herz schlägt rasend schnell. Rosige Haut fesselt seinen Blick. Genau so viel, wie seine Hände brauchen, um zu fühlen, um den Schauer der Lust zu spüren. Schon ist er ganz nah, da hört er eine Stimme:

      »Chrissi! Komm, Papa wartet!«

      Rasch läuft er weiter, doch die Qual ist wieder da, und sie ist stärker als bei den Bildern aus dem Internet. Sie ist fleischlich, sie riecht süßlich. Sie ist gefährlich.

      Vier Minuten später steht er vor der Schule. Er ist wie versteinert und kann kaum einen klaren Gedanken fassen.

      Die Zeit bemerkt er nicht, die er so steht. Im Rausch seiner Sinne überhört er das Läuten der Pausenglocke. Eine Unmenge an zarten Körpern läuft vorüber. Keiner beachtet ihn. Nur ein Kind hält inne, für den Bruchteil einer Sekunde, dann hört es seine Stimme und das süße Versprechen, das Carlo so leicht und doch mit großer Atemnot von der Zunge bekommt. Der Junge weiß, was heute passiert. Aber er kann nicht anders. Er ist der süßen Gabe verfallen, die seine Eltern nicht leisten können. Nur er, der reiche kinderlos-kinderliebe Onkel kann es.

      Carlo wird immer hitziger und er droht, sich langsam aufzulösen. Der Weg zurück ist viel zu lang, und der Junge an seiner Hand verlangsamt die Schritte, je näher sie dem Haus kommen. Carlo befiehlt sich, Geduld zu haben, jetzt wäre nicht der richtige Moment, den Jungen zu schelten. Es ist schließlich diese Geduld, die ihn belohnen wird, noch an diesem Tag. Es ist die Duldungsstarre eines Raubtieres, das auf den richtigen Moment wartet, um die Krallen ins Fleisch der Beute zu schlagen.

      »Onkel Carlo, was machst du heute mit mir?«

      »Nenne mich einfach Opa, das ist für mich eine große Freude.«

      »Was schenkst du mir heute?«, kommt zaghaft aus dem Mund des Kindes. Carlo mag dieses Fragen nicht. Das Kind soll ihn lieben, nicht erwarten…

      »Bald bekommst du dein Zeugnis. Du musst es mir vorbeibringen, damit ich weiß, was du dir verdient hast.«

      Die Lippen des Kindes werden schlaff.

      »Und wenn du enttäuscht bist?«

      »Dann musst du erst recht tun, was dein Opa dir sagt.« Er kostet viel Kraft, dieser gütige Blick. Sie sind dem Haus schon ganz nah, als Carlo diesen Muselmann erkennt, der mit dem Kind in das Auto steigt.

      »Guten Tag«, sagt der Kerl. »Na, Kleiner, kommst du zu Besuch?«

      »Ja, Onkel Ca… äh mein Opa will mit mir etwas machen …«

      »Wir machen jetzt Schularbeiten und dann gehen wir shoppen«, mischt Carlo sich rasch ein. Sein Druck auf die Hand des Jungen hat gerade noch das Schlimmste verhindert.

      Shoppen. Das ist der rechte Funke, der bei dem ängstlichen Kind die Augen blitzen lässt, die Lippen breit zieht und die kleinen Perlenzähne im rosaroten Mund entblößt.

      »Au ja, Onkel .. Opa. «

      Carlo schiebt den Jungen vor sich her und denkt: Viel Zeit hat er nicht mehr, dann ist auch dieser Junge zu groß, zu derb und zu aufsässig. Trotzdem huscht ein zufriedenes Lächeln über die feuchten Lippen des alternden Mannes, den das Fieber packt und der sich mal wieder glücklich schätzt, sein Problem zu haben, das er gar nicht überwinden will.

      Der Gedanke daran, wie sich alles fügte an diesem Tag, macht ihn kühn. Wer redet hier von Verbrechen? Es ist ein menschliches Problem, für das er nicht kann. Es ist ein Geben und Nehmen. Warum zum Teufel sollte man ihm das Nehmen nicht gönnen, wenn er doch selber mit vollen Händen zu geben bereit ist.

      Er weiß, er wird keine Ruhe mehr haben in seinem Leben. Eine Vorwarnung hat es nie gegeben. Manchmal sprechen Experten von Erbmaterial. Keiner in seiner Familie – so weit er es überhaupt weiß – hat diese Vorliebe. Wie sehr sich manche Bilder zu diesem Begehren vereinen, kann niemand ahnen. Je mehr er die kessen bewundert, desto mehr sehnt er sich nach dem scheuen Kind. Schon der Gedanke allein macht ihn ganz rasend. In seiner Brust hämmert das Herz so heftig, in seinen Lenden quillt das Blut und macht sich stark, dass er es kaum erwarten kann.

      Als die Tür sich hinter dem ungleichen Paar schließt, ist das Lächeln des Großen vorüber.

      Möchte er in Ruhe leben? Gibt es überhaupt ein Leben ohne Lust?

      Ein Frösteln überzieht seine Haut in der Hitze des Nachmittags dieses unsteten Sommers. Er schließt die Fenster und zieht die Jalousien herunter.

      Pamela Eders kommt von oben herunter und läutet an der Tür des Adligen. Sie hält ein Päckchen in der Hand, das sie dem Postboten abgenommen hatte – ein Freundschaftsdienst, den sie auch erwarten würde. Noch einmal drückt der Finger auf den Knopf neben dem Namen C. von Findeisen. Als keiner öffnet schaut sie, ob sie die Lieferung über die Brüstung der Veranda werfen kann. Das hat sie schon einmal getan und es gab keine Beschwerde.

      Sie hält inne: Jammert da ein Kind?

      Was sie da wohl wieder hört. Auf der anderen Seite der Straße hinter einer Mauer gibt es die Kita Sonnenschein, in der Jane nicht mehr untergekommen war.

      Der Junge hinter verschlossenen Fenstern winselt. Carlo bleibt ungerührt. Am Ende wird das Kind sich vor Scham krümmen, vor Ekel dem Erbrechen nahe sein. Und wäre da das große Versprechen nicht, hörten sich Onkel Carlos Worte nicht so bedrohlich für ihn an, er würde keinem Menschen mehr sein Lächeln zeigen. Er würde mit keinem mitgehen und niemals tun, was er nicht mag. Wenn das Liebe ist, was Onkel Carlo da macht — Opa Carlo — will er sein ganzes Leben nicht lieben.

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