Humania. Walter Rupp
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Название: Humania

Автор: Walter Rupp

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783738009064

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СКАЧАТЬ seine Meinung sei progressiv und stimme sowohl mit der Wissenschaft wie mit der Mehrheit überein. Gerüchten geben sie immer den Vorzug, weil sie wiederholt die Erfahrung machen, dass in Gerüchten, trotz feierlicher Schwüre und trotz hartnäckiger Dementis, doch immer ein Stück Wahrheit steckt.

      Auf Anstand legt man in Humania großen Wert, noch mehr auf Umgangsformen, die sich ein Herr von Knigge, der einen sehr gebrechlichen Eindruck auf mich machte, für andere ausgedacht hat, um ihnen die Schwierigkeiten zu ersparen, die er selbst im Umgang mit seinen Mitmenschen hatte. Er, der sehr darunter litt, dass die jungen Humanier sich einbildeten, im Umgang miteinander ohne seine Regeln auskommen zu können, erklärte mir mit großer Geduld, ohne sich seine Enttäuschung anmerken zu lassen, die in Humanien heute üblichen Gepflogenheiten, so dass ich sehr wohl weiß, wie ich mich zu verhalten habe.

      Aus den Begrüßungsformen, die sehr abwechslungsreich sind, kann man entnehmen, wie einer zu einem anderen steht. Es ist üblich, Fremde misstrauisch zu mustern, Kollegen - soweit wie möglich - zu ignorieren, Bekannten kühl und Freunden freundlich zuzunicken, Verwandte flüchtig zu umarmen, Erbtanten dagegen zärtlich zu behandeln und rührend zu umsorgen. Solange man noch nicht verheiratet ist, küsst man sich mehrmals nacheinander intensiv in U-Bahnen, Restaurants oder auf öffentlichen Plätzen, aber nur, wenn Leute in der Nähe sind und zusehen können. Vor Höherstehenden und jenen, auf die man angewiesen ist, verbiegt man sein Rückgrat bis zu neunzig Grad, allen andern aber tritt man kräftig auf die Zehen, bis es wirklich schmerzt. Kräftiges Händeschütteln wird als Warnsignal verstanden. Ein breites Lächeln bedeutet Genugtuung, dass man sich gegen jemand durchsetzen konnte. Zu denen, auf deren Bekanntschaft man keinerlei Wert legt, sagt man ein freundliches 'Angenehm’. Wer 'Hallo’ ruft, meint es wirklich ehrlich. Wer ‘guten Tag’ sagt, lenkt von einer ungewollten Begegnung ab, und wer mit 'Grüß Gott’ grüßt, macht damit deutlich, dass er höhere Interessen hat. Mit einem herzlichen 'Auf Wiedersehen' gibt man dem anderen zu verstehen, dass man sich wohl kaum ständig aus dem Weg gehen kann. Mit 'Tschau’ verabschiedet man sich immer, wenn das Zusammentreffen Zeitverschwendung war.

       Humanier darf sich nennen, wer entweder eidesstattlich oder durch mindestens zwei Personen bezeugen kann, dass er und seine Vorfahren schon immer im Land waren, der Landessprache mächtig ist und eine Gesinnung besitzt, die mit den Gesetzen des Landes in Einklang gebracht werden kann..

       Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs bezüglich Staatsangehörigkeit

      Eigenarten der Bewohner

      Bei meinen Besuchen in Humania habe ich stets darauf geachtet, die Humanier so beobachten zu können, dass sie sich nicht beobachtet fühlten. Ich wollte nicht, dass sie sich anders geben als sie sind. Ich würde dieses Volk wohl nie verstehen, wäre mir nicht zufällig Charly Chaplin, ein außergewöhnlich guter Menschenkenner begegnet, der mir die Augen geöffnet hat, dass man die Humanier solange karikieren muss, bis das wahre Wesen zum Vorschein kommt.

      Dank seiner Unterweisung weiß ich, dass die Humanier eine schnelle Auffassungsgabe besitzen, so dass sie zu urteilen imstande sind, ehe sie eine Sache gründlich erörtern konnten. Da sie zudem die Fähigkeit besitzen, mit den Augen die aufreizendsten Eindrücke und mit den Ohren die lautesten Geräusche aufzunehmen, können sie sich leicht vor der Langeweile schützen. Jeder verfügt über seinen eigenen Geschmack. Der eine empfindet als ungenießbar oder widerlich, was ein anderer für schmackhaft oder köstlich hält. Ihr Geruchsinn ist im allgemeinen stumpf, so dass sie mit denen zwangsläufig zusammenstoßen, die sie nicht riechen können. Am ausgeprägtesten ist ihr Tastsinn, der sie fähig macht, auch aus großer Distanz und ohne nachdenken zu müssen, die verwegensten Vorurteile abzugeben und allem Unangenehmen aus dem Weg zu gehen. Gegen ihre Feinde schützen sie sich wie manche Tiere, durch die Farbe ihres Pelzes - und wenn das nichts nützt - durch Fauchen, Zischen oder Flucht oder durch den unangenehmen Geruch, den sie verbreiten.

      Die Überlegenheit der Humanier beruht, wie ich feststellen konnte, vor allem auf der Tatsache, dass ihnen die Natur zu den gewöhnlichen fünf Sinnen noch fünf andere Sinne mitgegeben hat. Der Eigensinn versetzt sie in die Lage, ungewöhnlich lange auf einem Standpunkt zu beharren und ihn gegen die Umwelt wirksam durchzusetzen. Der Spürsinn hilft ihnen, in Bruchteilen von Sekunden den eigenen Vorteil zu erfassen. Der Stumpfsinn erleichtert ihnen, Erfolge oder Misserfolge, frohe oder enttäuschende Ereignisse gleichmütig zu ertragen. Den Hintersinn nützen sie, um ihre Gesinnungen zu verstecken. Den Widersinn gebrauchen sie oft und gern, wenn sie gegen das eigene Wohl oder den gesunden Menschenverstand handeln möchten. Wer mit dem sechsten Sinn, dem Wahnsinn ausgestattet ist, wird nicht selten mit einem hohen Amt betraut, weil die Meinung vorherrscht, Genialität und Wahnsinn lägen nahe beieinander.

      In Humanien gibt es auffallend viele Narren, die sich allerdings beträchtlich voneinander unterscheiden. Es gibt die Clowns, die nur unterhalten und andere zum Lachen bringen möchten; die Narren des Faschings, die ohne froh zu sein, lärmen und sich lustig geben; die vielen, die sich von Modeerscheinungen gängeln, vom Zeitgeist foppen und zum Narren machen lassen, und die Narren, die man so nennt, weil sie die Narrheit ihrer Umwelt demaskieren, aber in Wahrheit nicht erkannte Weise sind.

      Ein Herr Jean Paul, der ein Buch mit dem Titel ‘Siebenkäs’ geschrieben haben soll, bat mich, als er erfahren hatte, dass ich einen umfassenden Bericht über die Humanier herausbringen möchte, eine Besonderheit, nämlich die völlige Humorlosigkeit, auf keinen Fall zu unterschlagen: Während nämlich anderswo die Menschen lachen, wenn sie sich freuen und weinen, wenn sie traurig sind, ist es bei den Humaniern umgekehrt: Sie sind meist traurig, weil sie ständig lamentieren und nie fröhlich, weil sie niemals lachen. Sie sind Tag für Tag bemüht, eine gute Stimmung gar nicht aufkommen zu lassen. Das Lachen kommt zuweilen vor bei Politikern nach Wahlen, vorausgesetzt sie haben sie gewonnen, unter der Bevölkerung jedoch nur selten, weil sie an ihrem Wohlstand leidet. Das Lächeln ist auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt: Auf die Models, die Fernsehansagerinnen und die Stewardessen, die sogar über ihre Dienstzeit hinaus lächeln, denn Weinen wäre ein Entlassungsgrund.

      Die Humanier sind das einzige Volk der Erde, das ganz ohne Humor auskommt. Die Amtsträger der Kirche hegen weithin die Befürchtung, dass er die Gläubigen leichtsinnig oder locker machen könnte und nur ablenkt. Die Kultusministerien befinden sich in der glücklichen Lage, ihn nicht untersagen zu müssen, weil weder Lehrer noch Schüler ein Interesse daran zeigen. Und alle Angestellten wissen, dass sie die Duldung des Humors nur durchsetzen könnten, wenn sie mit Lohnkürzungen einverstanden wären. An den Urlaubsorten ist Humor nirgendwo gefragt, weil die Leute sich erholen möchten. Nicht einmal die Kabarettisten wollen etwas von ihm wissen, es sei denn, er ist so laut, dass man damit ein Publikum zum Kreischen bringen kann.

       Kein Zeitgenosse lebt in seiner Zeit: Mancher im vergangenen Jahrhundert, mancher im frühen oder späten Mittelalter, mancher in der Steinzeit oder in Zeiten, die es niemals geben wird.

       Institut für menschliche Verhaltensforschung

      Ökologie

      Unter den Humaniern hat sich die Überzeugung breit gemacht, das ökologische Gleichgewicht der Natur sei so sehr durcheinandergeraten und das Leben so ungesund geworden, dass in Zukunft nur noch wenige damit zurecht kommen können. Sie mussten einsehen, dass man nicht zugleich den Flugverkehr und das Ozonloch erweitern kann. Sie fürchten, dass sich die Erwärmung vom Äquator zu den Polen hin verlagert; dass sich die Milchstraßen infolge neuer Galaxienbildungen immer mehr verstopfen; dass die Planeten wegen überhöhter Geschwindigkeit aus ihren Umlaufbahnen ausbrechen; СКАЧАТЬ