Eine Studentin. Peter Schmidt
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Название: Eine Studentin

Автор: Peter Schmidt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742710260

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СКАЧАТЬ „Er­lau­ben Sie vor­ab eine Frage zur Per­son?“

      „Gern, wenn sie nicht zu in­tim ist?“

      „Sie lehren als Deutscher an einer deut­schen Uni­versi­tät, aber Ihr Na­me klingt eher ita­lie­nisch?“

      „Oh, deswegen bin ich noch kei­nes­wegs ita­lie­ni­scher Ab­stam­mung“, er­klär­te Hol­lando lä­chelnd. „Es scheint, dass einer mei­ner Groß­vä­ter in fer­ner Ver­gan­gen­heit uns die­sen Na­men ver­erbt hat. Ich spre­che üb­ri­gens we­der Ita­lie­nisch noch war ich je­mals in Ita­lien. Meine ver­stor­bene Mut­ter – eine Deut­sche – muss dann wohl ge­glaubt ha­ben, dass Ce­sa­re gut zu un­se­rem italie­ni­schen Nach­na­men pas­se.“

      „Und könnten Sie uns“ – dabei blick­te sich der Jour­na­list fra­gend im Saal um – „eine auch für Lai­en ver­ständ­li­che Er­läu­te­rung ge­ben, was im Kern Ih­ren Fort­schritt in der Hirn­for­schung aus­macht?“

      „Gern, dazu sind wir ja heute hier zu­sam­men­ge­kom­men?

      Wie wir alle nur zu oft leid­voll er­fah­ren müs­sen, ist es vor al­lem der Schmerz, der uns zu schaf­fen macht, Schmerz im wei­tes­ten Sin­ne ver­stan­den. Denn schmerz­voll sind auch Trau­er, De­pres­sion, Trau­mata. Lan­ge Zeit glaub­te man, für ge­wöhn­lichen Schmerz sei­en al­lein die Schmerz­re­zep­to­ren des Kör­pers zu­stän­dig.

      Mei­ne Ent­de­ckung be­steht nun da­rin, dass es so et­was wie einen ge­ne­ti­schen Schal­ter im Ge­hirn gibt, den sogenannten Aver­sio-Ge­ne­tic-Toggle-Switch –, der so­wohl für kör­per­li­che Schmer­zen wie auch das gan­ze Spek­trum see­li­scher Be­las­tun­gen zu­stän­dig ist. Las­sen Sie mich dazu kurz ein we­nig in Fach­chi­ne­sisch ver­fallen …

      Schmerzrezeptoren, Man­del­kerne, un­ser ge­sam­tes Ge­fühls­system, wer­den oh­ne einen sol­chen ge­ne­ti­schen Schal­ter gar nicht ak­tiv. Es bie­tet sich also an, ihn durch ge­ziel­te Be­ein­flus­sung ein- oder ab­zu­schal­ten. Ver­suche im Re­search De­part­ment of Neu­ro­science (RDN) – so der Na­me mei­nes In­sti­tuts – sind äu­ßerst viel­ver­spre­chend.“

      „Was dann wohl eine der preis­wür­digs­ten Ent­de­ckun­gen in der Ge­schich­te des No­bel­prei­ses wäre?

      Handelt es sich bei Ihrer Ent­de­ckung um einen ähn­li­chen Me­cha­nis­mus wie beim so­ge­nann­ten Dream-Gen, das kana­di­sche For­scher un­längst bei Mäu­sen ge­fun­den ha­ben?“

      „Mit dem ent­scheiden­den Un­ter­schied, dass da­bei le­dig­lich ein Gen ent­fernt wurde, wo­durch es zu er­höh­ter Dy­nor­phin-Pro­duk­tion kam. Dy­nor­phin ist ein vom Kör­per er­zeug­tes Opi­oid, ver­gleich­bar dem Opi­um. Es wur­de also nicht der eigent­li­che Schmerz ein- oder ab­ge­schal­tet, son­dern le­dig­lich ein Be­täu­bungs­mit­tel ak­ti­viert.“

      „Nehmen Sie mit Ihrer Entde­ckung den Schmerz­mit­tel­produ­zenten nicht die Ge­schäfts­ba­sis?“

      „In gewissem Sinne, ja. Wahr­schein­lich wird die Phar­ma­in­dust­rie dem­nächst einen Kil­ler auf mich an­set­zen, wenn ihre Ge­schäf­te in den Kel­ler ge­hen …“

      „Bedeuten Ihre Forschun­gen, Pro­fes­sor Hol­lan­do, wir Men­schen wer­den dem­nächst ein völ­lig schmerz­freies Le­ben füh­ren?“

      „Oh, nein …“, wehrte Hollando lä­chelnd ab. „Ganz ohne Schmer­zen dürf­ten wir auch in Zu­kunft nicht aus­kom­men. Stel­len Sie sich nur mal vor, was pas­sie­rt, wenn sich Ihre vol­le Bla­se nicht mehr mel­det?“

      Lacher im Saal …

      „Negative Gefühle werden für eine Viel­zahl von Le­bens­vor­gän­gen be­nö­tigt, wie Flucht und Kampf oder als Hin­weis auf Er­kran­kun­gen. Und ohne Trau­er wür­den wir uns beim Tod naher Ver­wand­ter auch nicht ganz in­takt füh­len, oder?

      Da hal­ten wir es doch lie­ber mit der al­ten öst­li­chen Weis­heit: Selbst Bud­dha hat­te Schmer­zen …

      Nach Hollandos Vorlesung kehrte Caro­lin oh­ne Um­weg zum Flug­ha­fen zu­rück.

      Für die eigent­liche Preis­ver­lei­hung durch den schwedi­schen Kö­nig wür­de es we­gen des be­grenz­ten Plat­zes im Kon­sert­hu­set kaum freie Kar­ten ge­ben. Die meis­ten Plätze wa­ren für ehe­mali­ge Preis­trä­ger und die Mit­glie­der des No­bel­preis-Ko­mi­tees re­ser­viert.

      Als sie in Düsseldorf landete, stand ihr Bru­der am Aus­gang ne­ben der Zoll­theke und wink­te ihr mit einer Zei­tung zu.

      Ro­bert war über­zeug­ter Jung­ge­selle und ge­ra­de zum Haupt­kom­mis­sar be­för­dert wor­den – zur Über­ra­schung seiner Kol­le­gen, die geglaubt hat­ten es werde Paul Bro­der, für den es dann nur zum Stell­ver­treter reichte.

      Nach dem Tod ihrer Eltern liebte Ro­bert es im­mer noch, sich an den ge­deck­ten Tisch zu set­zen. Viel­leicht war Carolin ja jetzt so et­was wie ein Mut­terer­satz für ihn …

      So jung und schlaksig – ma­geres Ge­sicht und schel­mi­sche Au­gen – war es schwer, sich Ro­bert als Kom­mis­sar vor­zu­stel­len. Aber der harm­lose Schein trog. Eigent­lich sah er ein we­nig schwind­süch­tig aus. Viel­leicht, weil er zu vie­le Jahre in dunk­len Bü­ros ver­bracht hatte.

      Draußen schien es, als wenn der Him­mel auf die Lan­de­bah­nen stürz­te. Later­nen­mas­ten wa­ckel­ten im Wind und von den fernen Hü­geln Rich­tung Rhein brei­tete sich eine dunk­le Wol­ken­de­cke aus.

      „Lass uns erst mal ins Flughafen-Café ge­hen“, schlug Ro­bert vor. „Bei dem Wetter blei­ben wir noch im Stau ste­cken.“

      Er bestellte wie immer nur einen Es­presso.

      „Sieh dir das mal an“, sagte er und reichte ihr die Zei­tung. „Et­was Selt­sames geht mo­men­tan in der Stadt vor. Es wer­den im­mer mehr Frauen auf­ge­grif­fen, die ihr Ge­dächt­nis ver­lo­ren ha­ben …“

      Carolin erinnerte sich, dass Ro­bert vor ihrem Ab­flug eine jun­ge Frau er­wähnt hatte, die nur mit einem blauen Unter­rock und dün­ner Bluse be­klei­det am Fluss­ufer un­ter­halb der Uni­ver­si­tät auf­gegrif­fen wor­den war – bei Frost, wäh­rend auf dem Was­ser Eis­schol­len trie­ben. Ein Poli­zei­be­am­ter hatte sie beim mor­gend­lichen Lauf­trai­ning ent­deckt.

      „Schon der dritte Fall, seit du nach Stock­holm ge­flo­gen bist“, sag­te Ro­bert. “Und jetzt auch noch ein vier­ter. Grau­en­haft, diese Sa­che mit dem Auge …“

      Die erste Frau war etwa zwan­zig Jahre alt. Als Ca­ro­lin ihr Bild in der Zei­tung sah, er­starrte sie. Es war Ma­nue­la, eine Kom­mi­li­to­nin …

      Sie studierte Theater­wis­sen­schaf­ten und Me­di­zin – an­schei­nend, ohne sich für ein Fach ent­schei­den zu kön­nen.

      Einmal hatte Manu­ela sich von Ca­rolin СКАЧАТЬ