Название: Erziehungskunst III
Автор: Rudolf Steiner
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783752950274
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Rudolf Steiner: Einige Melancholiker werden den Esel lieber haben. – Ja, was ich bei diesen Tierbeschreibungen bitten würde, das wäre nur, möglichst darauf Rücksicht zu nehmen, dass das Kind angeleitet wird zur Beobachtung der Tiere, dass in solchen Beschreibungen wirkliche Naturgeschichte liegen könnte.
M. gibt für Sanguiniker und Melancholiker die Schilderung eines Affen, der in das Dachgebälk floh.
Rudolf Steiner: Ja, das würde auf den Melancholiker unter Umständen einen ganz guten Eindruck machen, aber auch da meine ich, dass es noch etwas auszubilden wäre dahin, dass die Tierbeobachtung als solche gefördert würde. Ich möchte nur bemerken, dass die Berücksichtigung des Temperamentes des Kindes nicht außer acht gelassen werden sollte, dass man aber ruhig die ersten drei bis fünf Wochen dazu verwenden sollte, die Temperamente der Schüler zu beobachten und sie dann so in Gruppen zu teilen, wie wir es hier besprochen haben. Sie werden gut tun, wenn Sie auch die Extreme der Temperamente ins Auge fassen würden. Goethe hat ja aus seiner Weltanschauung heraus den schönen Gedanken geprägt, dass am Abnormen studiert werden könne das Normale. Goethe sieht eine abnorme Pflanze an, eine missbildete Pflanze, und an der Art der Missbildung lernt er das Normale kennen. So kann man auch Verbindungslinien ziehen von dem durchaus Normalen zu den Missbildungen des leiblich-seelischen Wesens, und Sie werden selbst die Linie finden von den Temperamenten zu dem abnormen Seelenwesen. Wenn das melancholische Temperament abnorm ausartet und nicht innerhalb der seelischen Grenzen bleibt, sondern ins Körperliche übergreift, so entsteht der Wahnsinn. Der Wahnsinn ist die Ausartung des im wesentlichen melancholischen Temperamentes. Die Ausartung des phlegmatischen Temperamentes ist der Schwachsinn oder Blödsinn. Die Ausartung des Sanguinischen ist die Narrheit. Die Ausartung des Cholerischen ist die Tobsucht. Sie werden aus ganz normalen Seelen-zuständen manchmal, wenn der Mensch im Affekt ist, solche Anwandlungen aufsteigen sehen von Wahnsinn, von Schwachsinn, von Narrheit, von Tobsucht. Es ist schon notwendig, dass man sich einstellt auf die Beobachtung des ganzen Seelenlebens. Jetzt wollen wir an die Erledigung der anderen Aufgabe gehen. Ich sagte, was würden sich unsere Freunde zur Aufgabe stellen, wenn sie bei acht- bis neunjährigen Kindern, die sie vor sich haben, die Erfahrung machen, dass drei bis vier Wochen nachdem die Schule begonnen hat, ein phlegmatisches Kind, ein cholerisches und ein melancholisches Kind gewissermaßen die drei Aschenbrödel der Klasse werden, dass sie von allen gepufft werden, dass niemand mit ihnen umgeht und so weiter. Also, wenn das passiert wäre, wie würden sich die Lehrenden und Unterrichtenden hierzu verhalten?
Verschiedene Teilnehmer äußern sich darüber.
Rudolf Steiner: Nie die Kinder sich gegenseitig denunzieren lassen, sondern man sollte auf andere Weise herausbekommen, was die Ursache ihres Aschenbrödeltums ist. Die Kinder brauchen nicht selber Schuld zu sein. Sehen Sie, man kommt oftmals in den Fall, helfen zu sollen bei der Kindererziehung. Wenn die Kinder in allerlei Unarten hineinkommen, so kommen Mütter und Väter, die sagen zum Beispiel: Mein Kind lügt. – Nun würde man wohl kaum fehlgehen, folgenden Rat zu geben. Man sagt: Denken Sie sich einen Fall aus, eine Erzählung, in der ein lügenhaftes Kind ad absurdum geführt wird, indem das Kind durch seine Lüge selber in eine Situation geführt wird, die es als unvernünftig ansehen muss. Wenn man dem Kinde eine solche Erzählung erzählt, dann noch eine, dann noch eine in der Art, dann heilt man das Kind gewöhnlich von seinem Lügenhang. In ähnlicher Art würde ich eine Abhilfe darin finden, wenn Sie die verschiedenen Dinge, die heute über die drei Aschenbrödel gesagt wurden, und alles, was Sie über diese Kinder herausbekommen und erfahren können, in eine Erzählung bringen, die Sie dann vor der ganzen Klasse vorbringen, wodurch Sie bewirken, dass die drei Aschenbrödel sich etwas trösten, die anderen sich etwas schämen. Wenn Sie das bewirken, werden Sie wohl schon auf den ersten Anhub, und wenn Sie es zum zweiten mal wiederholen, werden Sie sicher wieder soziale Zustände, ein gegenseitiges Sich-in-Sympathie-Begegnen bei den Kindern erzielen- Eine solche Erzählung ist sehr schwierig. Aber eine Skizze sollte gemacht werden bis zum Ende des Seminars. Für morgen einen anderen Fall, der auch vorkommt, und der ganz sicher nicht durch eine Erzählung wird zu behandeln sein, indem Sie die einen Kinder trösten, die anderen beschämen. Denken Sie, Sie hätten wiederum verhältnismäßig junge, acht bis neunjährige Kinder in Ihrer Klasse, und einer dieser Knirpse wäre hinter eine besondere Ungezogenheit gekommen. So etwas kommt vor. Er hat sie draußen kennengelernt, und es ist ihm gelungen, die ganze Klasse damit anzustecken, so dass die ganze Klasse während der Pause die Ungezogenheit ausübt. Ein schematischer Schullehrer wird dahin kommen, die ganze Klasse zu bestrafen. Aber ich hoffe, Sie werden bis morgen eine etwas rationellere, das heißt wirksamere Methode herausbringen. Denn diese alte Art zu strafen, führt dazu, dass der Lehrer in eine schiefe Stellung kommt. Bei Schlagen und Nachsitzen bleibt immer etwas zurück. Es ist nicht gut, wenn etwas zurückbleibt. Ich habe einen besonderen Fall im Auge, der wirklich vorgekommen ist, und wo sich der betreffende Lehrer nicht sehr günstig verhalten hat: Da war nun der Knirps dazu gekommen – und es ist ihm gelungen – auf den Plafond, auf die Decke des Zimmers zu spucken. Der Lehrer ist sehr lange nicht daraufgekommen. Man konnte keinen herauskriegen, denn alle hatten es nachgemacht, und das ganze Klassenzimmer war verschandelt. Diesen moralischen Fall bitte ich bis morgen auszudenken. Sie wissen im allgemeinen nur, dass die ganze Klasse angesteckt worden ist. Sie werden nicht von der Voraussetzung ausgehen dürfen, dass Sie von vornherein wissen, wer der Anstifter ist. Sie werden zu bedenken haben, ob es nicht besser ist, auf das Herausbringen durch Denunziation zu verzichten. Wie würden Sie sich dazu verhalten?
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