Название: Die gelbe Schlange
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754181294
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»Ja, ich glaube«, sagte sie ruhig.
Der Seufzer der Erleichterung, mit dem er aufatmete, gab ihr einen Stich und ließ sie zum erstenmal die Bitterkeit des Lebens fühlen.
»Du bist ein sehr kluges Mädchen, und du wirst es nicht bereuen«, sagte er eifrig, als er um den Tisch herum kam und ihre kalten Hände in die seinen nahm. »Ich kann dir versichern, Joan –«
Er drehte sich um, denn es klopfte wieder. Der Diener trat ein:
»Ein Herr wünscht Sie zu sehen.«
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als auch schon der Besucher hinter ihm ins Zimmer trat. Er war ein großer Mann und trug einen getüpfelten, schlechtsitzenden Anzug aus rauhem Stoff. Seine Schuhe waren aus rohem Leder und schienen selbstgefertigt zu sein. Er hatte nicht einmal einen Kragen um. Ein weiches Hemd wurde am Hals sichtbar. Ein zerbeulter Hut in seiner Hand vervollständigte das Bild. Aber Joan schaute nur sein Gesicht an. Noch niemals hatte sie einen solchen Mann gesehen. Sie konnte nur staunen. Seine langen, braunen Haare waren gewellt, er trug einen langen, ungepflegten Bart, der bis aus die Brust herabreichte.
»Wer zum Teufel –« begann Mr. Narth erstaunt.
»Mein Name ist Clifford Lynne«, sagte die Erscheinung. »Soviel ich weiß, soll ich hier jemand heiraten. Wo ist sie?«
Sie starrten den wunderlichen Mann an und Letty, die ihm auf dem Fuß gefolgt war, lachte nervös auf.
»Mr. Lynne –« stotterte Stephen Narth.
Bevor der Mann antworten konnte, kam eine dramatische Unterbrechung. Draußen hörte man jemand leise mit dem Diener sprechen. Als Mr. Narth nachschaute, sah er eine Gestalt mit einem viereckigen Kasten.
»Was ist das?« fragte er scharf.
Der Diener streckte seine Hand aus der Tür und kam mit dem Kistchen ins Zimmer. Es war ganz nm und maß ungefähr eine Spanne im Quadrat. Es ließ sich durch einen Schiebedeckel öffnen.
»Mr. Lynne?« fragte der Diener verlegen wie jemand, der sich in einer Lage befindet, in der er sich nicht zu helfen weiß.
Der bärtige Mann drehte sich schnell herum. Alle seine Bewegungen hakten etwas Abgerissenes, wie Joan unbewußt beobachtete.
»Für mich?«
Er stellte den Kasten auf den Tisch und runzelte bedenklich die Stirn. Auf den Deckel waren fein säuberlich die Worte gemalt:
Clifford Lynne, Esq. (bei seiner Ankunft zu überreichen).
Als er seine Hand ausstreckte, um den Schiebedeckel zu öffnen, schauderte Joan zusammen. Es kam ihr eine unerklärliche Ahnung, daß dem Mann eine schreckliche Gefahr drohe, sie wußte aber nicht welche.
»Was zum Teufel ist das?« fragte der erstaunte Fremde.
Der Kasten stand offen, aber man konnte nichts sehen als eine Masse weicher Watte ... ab er sie bewegte sich in unheimlichen Windungen.
Plötzlich aber kam aus dem weißen Lager ein Kopf mit zwei schwarzen, perlförmigen Augen hervor, die bösartig aufglühten.
Im Bruchteil einer Sekunde schob sich hinter dem Kopf ein langer gewundener Körper hervor, schwankte hin und her, mit einmal zuckte er zurück und der häßliche Kopf schoß nach vorne.
Die Schlange hatte aber die Entfernung unterschätzt – nun lag sie lang auf dem Tisch, der Kopf hing über die Kante, der Schwanz war noch in der Watte versteckt. Nur für kurze Zeit lag sie so ausgestreckt da.
Während alle starr vor Schrecken standen, glitt sie geschmeidig auf den Fußboden. Wieder erhob sie ihr Haupt, ihr Körper wand sich hin und her, und dann holte sie aus zum Sprung ...
Eine Explosion betäubte alle – durch einen Nebel von blauem Dunst sah Joan, wie sich die kopflose Schlange auf dem Boden in Todeskrämpfen wand.
»Verdammte Höllenbande!« sagte Clifford Lynne verwundert. »Wer warf diesen Stein?«
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»Ein Chinese hat es gebracht«, stotterte der Diener.
»Ein Chinese!« stieß Clifford Lynne hervor.
Der Diener zeigte verschüchtert durch das große Fenster, das auf den Rasenplatz zuging.
Einen Augenblick stand Clifford Lynne wie gelähmt, plötzlich setzte er mit einem großen Sprung durch das offene Fenster und sauste wie ein Sturmwind quer über die Rasenfläche. Zwei Sekunden später war er über die hohe Staudenhecke verschwunden. Er nahm sie in wundervollem Anlauf.
Kaum war er verschwunden, da war der Bann gebrochen. Joan mußte sich um Letty kümmern, die mit verkrampften Händen schluchzte und lachte. Unter dem Tisch wand sich die sterbende Schlange. Der Raum war von weißem, beißendem Qualm erfüllt.
Auf den Knall hin kam Mabel in das Zimmer gestürzt. Sie sah die Schlange auf dem Erdboden, blickte erschreckt von ihrer Schwester zu Joan und von Joan auf ihren schreckensbleichen Vater.
»Dieser schreckliche Kerl – er hat versucht Letty zu töten!« Sie war furchtbar in ihrer falsch angebrachten Wut.
»Seid still!«
Stephen Narth machte mit dieser scharfen Bemerkung der hysterischen Aufregung ein Ende. Er fühlte sich mit einmal als Hausherr.
»Seid ganz still, alle miteinander, ihr verflixten Mädels! Keine von euch hat soviel Verstand wie Joan!«
Letty erhob sich taumelnd, sie blickte um sich, ob sie jemand bemitleidete.
»Das war eine wirkliche Schlange.«
Narth schaute entsetzt auf das sich windende Ding und machte dabei trotz seiner ernsten Würde eine etwas lächerliche Figur. »Ach, bringen Sie das Tier aus dem Zimmer. Aber mit der Feuerzange. Hat er es totgeschossen, Joan? Ich habe gar nicht gesehen, daß er eine Pistole gebraucht hat.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Auch ich habe nichts gesehen. Ich hörte nur den Schuß.«
Mr. Narth zeigte auf die Schlange. Der Diener kam mit der Feuerzange und faßte den noch zuckenden Schwanz.
»›Verdammte Höllenbande‹, hat er gesagt«, bemerkte Joan in tiefem Nachdenken.
Die beiden Mädchen sahen ihren Vater an.
»Wer war denn das, ein Strolch, Vater?« fragte Letty.
Mr. Narth schüttelte den Kopf.
»Clifford Lynne«, sagte er. Die beiden waren starr.
»Diese Vogelscheuche?« rief Letty aufs höchste entrüstet. »Der ... ! Das also war der Mann, den ich – wir –«
Narth sah bedeutungsvoll auf Joan. Sie stand am offenen Fenster und hatte ihre Augen mit der Hand gegen die Nachmittagssonne geschützt. СКАЧАТЬ