Название: Pinocchio
Автор: Carlo Collodi
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9783754173220
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»Nein, nein«, schluchzte Bengele, »von heute an werde ich ganz brav sein; ich verspreche es ...«
»Ja, ja«, antwortete Vater Seppel, »so sagen die Kinder alle.«
»Sicher, im Ernste! ich verspreche es dir, Vater; ich gehe in die Schule und mache dir Freude.«
»Immer die gleiche Geschichte, wenn die bösen Buben etwas haben wollen.«
»Aber ich bin keiner von denen, ich bin bräver als alle und lüge nie. Ich verspreche es dir noch einmal: Ich will etwas Rechtes werden, dir Freude machen und dir helfen, wenn du einmal alt bist.«
Vater Seppel machte immer noch ein saueres Gesicht. In den Augen aber standen ihm die Tränen und sein Herz war voll Mitleid mit dem verkrüppelten Hampelmann.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, nahm er sein Werkzeug, wählte zwei Stücke Holz und begann zu schnitzen. Nach einer Stunde waren die beiden Füße fertig. Kein Künstler hätte sie trefflicher formen können.
»Mache die Augen zu und schlafe ein wenig!« befahl der Vater Seppel.
Bengele stellte sich schlafend. Indes leimte der Meister so zierlich die neuen Füße an die Beine, daß man den Unterschied kaum bemerken konnte.
Als der Hampelmann wieder Füße hatte, war er grenzenlos glücklich. Er hüpfte im Zimmer herum, schlug ein Dutzend Purzelbäume, klatschte mit seinen Holzhänden und sprach:
»Vater, wie bist du so gut gegen mich! – Jetzt will ich auch gleich zur Schule gehen.«
»Recht so, mein Sohn!«
»Aber ich sollte ein Kleid haben.«
Vater Seppel war schrecklich arm. Den letzten Pfennig hatte er ausgegeben; aber er wußte sich zu helfen. Das Hampelchen erhielt ein Gewand von geblümtem Papier, Schuhe von Baumrinde und eine Kappe von weichem Brot.
Bengele goß Wasser in eine Schüssel und spiegelte sich darin. Er schaute an sich herunter, neigte sich nach links und rechts und meinte:
»Wie ein feiner Herr sehe ich jetzt aus!«
»Sei nicht eitel!« mahnte der Vater. »Wir sind arme Leute und können keine teuern Stoffe kaufen. Auch ein einfaches Kleid ist schön, wenn es rein ist. Das merke dir wohl und achte auf dein Gewand!«
Bengele hörte nie gern gute Lehren an. Er lenkte das Gespräch auf etwas anderes und sagte:
»Wenn ich zur Schule gehen soll, fehlt mir immer noch die Hauptsache.« –
»Nämlich?« –
»Das ABC-Buch!«
»Wahrhaftig! – Aber wie eines bekommen?«
»Man kauft es beim Buchhändler.«
»Wer bezahlt es?«
»Ich habe kein Geld!«
»Ich auch nicht«, sagte traurig der alte Vater.
Bengele war sonst immer lustig und froh; aber jetzt ward er ernst und unglücklich. – Auch ein Kind begreift und fühlt es, wie bitter die wahre Armut ist.
»Bleibe ein paar Minuten allein!« unterbrach Vater Seppel das düstere Schweigen. Er zog seinen groben Kittel an und ging zum Hause hinaus.
Bald kehrte der alte Mann zurück und brachte ein ABC-Buch für seinen Kleinen mit. Den Kittel hatte er nicht mehr an. – Der Arme ging hemdärmelig, und schon fing es an zu schneien. Als er ins Zimmer trat, fragte Bengele:
»Dein Kittel, Vater?«
»Ich habe ihn verkauft.«
»Warum hast du ihn nicht behalten?«
»Er machte mir zu warm. – Hier hast du dein ABC-Buch.«
Der hölzerne Hampelmann fühlte in diesem Augenblick die große, unergründliche Liebe, die aus dem Vaterherzen sprach.
»Vater, lieber Vater!« konnte er nur sagen, hing sich dem guten Alten an den Hals, küßte ihn und schmiegte sich zärtlich an seine Wangen.
Neuntes Stück.
Bengele verkauft das ABC-Buch und geht ins Kasperletheater.
Am andern Morgen nahm Bengele das ABC-Buch unter den Arm und machte sich auf den Weg zur Schule. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf, er baute prächtige Luftschlösser und redete vor sich hin:
»Jetzt gehe ich in die Schule und bis heute abend kann ich schon lesen; morgen lerne ich schreiben, übermorgen rechnen! Geschickt wie ich bin, verdiene ich bald viel Geld, und zu allererst kaufe ich meinem Vater einen schönen Kittel. – Von feinem Tuch muß er sein! – Was, Tuch? – Nein, von Gold und Silber und die Knöpfe Edelsteine! Der arme Mann verdient's! Hemdärmelig muß er einhergehen, damit ich mit meinem Buch zur Schule gehen kann. – Und diese Kälte! Wie gut ist mein Vater, wie sehr liebt er mich! Nie will ich es vergessen und fleißig lernen.«
Das Hampelchen war so in seinen guten Gedanken versunken, daß es eine Weile stehen blieb.
Da klingt aus der Ferne fröhliche Musik an sein Ohr. Deutlich waren die hellen Flöten zu unterscheiden: di-dideldi, di-dideldi – und der große Brummbaß: bum-bumbum, bum-bumbum.
Die Töne kamen vom andern Ende einer langen Straße, die hinaus ans Meer führte. Dort lag vor der Stadt ein großer, freier Platz.
»Was für Musik das ist? – Schade, daß ich heute zur Schule muß, sonst ...«
Schon schwankten die guten Vorsätze. – Bengele stand am Scheidewege: zur Schule oder zur Musik.
»Heute höre ich die Musik an – morgen gehe ich zur Schule. Für die Schule ist immer noch Zeit, sie läuft nicht davon.«
So entschied sich der Schlingel. – Alle guten Vorsätze waren vergessen; er schlug die Seitenstraße ein und lief zur Stadt hinaus. Immer deutlicher ward die Musik, immer mehr Menschen gingen denselben Weg. – Bengele kam auf den großen Platz und sah die Musikanten am Eingang einer buntbemalten Meßbude. Eine Menge Leute stand davor, und Bengele fragte einen Knaben:
»Was kann man hier sehen?«
»Lies den Zettel dort, so weißt du es.«
»Ich tät' es gern, aber leider kann ich gerade heute noch nicht lesen.«
»Du bist ein netter Esel! – Ich will es dir lesen. Höre:
›Gros-ses Kas-per-le-the-a-ter!‹ So steht dort mit feuerroten Buchstaben.«
»Hat das Stück schon lange angefangen?«
»Eben geht es an.«
»Was kostet's Eintritt?«
»Zwanzig СКАЧАТЬ