Название: Die Begabten
Автор: Juryk Barelhaven
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742770332
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Der Kaufmann bedachte sie mit einem verächtlichen Blick, spuckte aus und stand schwerfällig auf. „Mit euch habe ich nicht gesprochen. So, es wird Zeit. Gehabt euch wohl. Auf mich wartet meine Familie und mein Geschäft. Ich habe schon genug Zeit verschwendet.“
„Es ist mitten in der Nacht“, warf Kamile kopfschüttelnd ein.
„Klöster werden in der Regel als Erstes überfallen. Es gibt kaum Wachen, aber Frauen und Kostbarkeiten. Denkt nur an den Raub der Heiligen Insignien von vor vier Monaten im Kloster der Stadt Ghravendulf. Die Schwachen fallen zuerst im Krieg. Das ist doch keine Lösung. Wenn ich mich auf meiner Reise mit einem Winselwelpen und einem vorlauten Krähen abgebe, wird mich das nur behindern. Es war ein Fehler, das Mädchen von Mooswald wegzuführen, Krähe.“, warf er knapp ein und packte seine Sache zusammen, als hätte er plötzlich eilig. „Wenn die besorgten Bürger sich auf die Suche machen, werden sie nicht lange Fragen stellen, wenn sie einen Fremdländer mit dem Kind entdecken. Ich suche keinen Streit mit Stadtwachen. Mein Entschluss steht fest. Ich wünsche euch beiden alles Gute.“ Kurz hielt er inne, griff an seinen Gürtel und warf ihr einen kleinen Lederbeutel zu. Ein paar klingende Münzen. „Damit solltest du dir ein paar gute Kleider kaufen können. Gehabt euch wohl, und danke nochmal.“
Ohne ein weiteres Wort schwang er sich wieder auf den Kutschbock und seine Wachen folgten ihm. Zurück blieb ein Lagerfeuer, die Decke um Sonias Schultern und zwei einsame Gestalten in der Tiefe der Nacht. In der Ferne hörten sie noch das Rumpeln der Räder – dann war er verschwunden.
Kamile seufzte leise. „Er… er ist weitergezogen.“
„Wieso?“ Sie war den Tränen nahe.
„Er will uns loswerden“, sagte Kamile und bedauerte sofort ihre Worte.
Sonia schüttelte den Kopf und blickte zu Boden. „Es… es ist wegen mir, oder? Weil ich hässlich bin.“
In Kamile gefror alles. Sofort eilte sie zu ihr und legte eine ihrer Flügel um die Schultern des kleinen Mädchens. „Nein, Sonia. Das ist es nicht. Du bist ein hübsches Mädchen, wirklich. Der Alte will zurück nach Hause um seine Familie wiederzusehen.“
Sonia war nicht zu beruhigen. Sie schniefte leise und wandte sich ihr zu. „Im Dorf nannten mich alle die Hässliche. Ich hatte einen Spiegel zuhause. Meine Mutter meinte, die wahre Schönheit komme von innen. Wie meinte sie das? Wirst du mich auch verlassen?“
Sie ist wirklich keine Schönheit, dachte Kamile bekümmert, aber lieber wäre sie einem Koch freiwillig in den Kochtopf gesprungen als ihr das zu sagen. Der Buckel, die lange Nase und die gekrümmte Haltung. Sicher hatte sie wenig Freunde gehabt, schlussfolgerte Kamile. Sie blickte sie ernst und feierlich an: „Lieber lasse ich mich in Paniermehl drehen und in einen Kuchen einbacken, als dass ich dich allein lasse. Versprochen, Sonia. Du weißt, dass man Versprechen halten muss?“
Sie nickte und wischte sich über die Nase.
„Du willst wirklich eine Hexe werden?“ fragte Kamile zweifelnd.
„Ja.“
„Sollen wir es mit Buchsenstübl versuchen?“
„Bitte.“
Die Krähe krächzte leise und nickte langsam. „Worauf warten wir dann?“
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