Название: Don Quijote
Автор: Miguel de Cervantes
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754175439
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Welches berichtet, was der Ziegenhirt der ganzen Gesellschaft erzählte, die den Ritter Don Quijote von dannen führte
Von dem Kampfe, so Don Quijote mit dem Ziegenhirten bestand, nebst dem ungewöhnlichen Abenteuer mit den Pilgern auf der Bußfahrt, das er im Schweiße seines Angesichts zu Ende führte
HOC SCRIPSERUNT
Der Schwarzaffe, Akademiker zu Argamasilla, auf die Grabstätte Don Quijotes
Grabschrift
Vom Tellerlecker, Akademiker zu Argamasilla, in laudem der Dulcinea von Toboso
Sonett
Sonett
Vom Spötter, Argamasillanischen Akademiker, auf Sancho Pansa
Sonett
Vom Teufelsfratz, Akademiker zu Argamasilla, auf Don Quijotes Grabstätte
Grabschrift
Vom Kunterbunt, Akademiker zu Argamasilla, auf das Grab Dulcineas von Toboso
Grabschrift
1. Kapitel
Welches vom Stand und der Lebensweise des berühmten Junkers Don Quijote von der Mancha handelt
An einem Orte der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Junker, einer von jenen, die einen Speer im Lanzengestell, eine alte Tartsche, einen hagern Gaul und einen Windhund zum Jagen haben. Eine Schüssel Suppe mit etwas mehr Kuh- als Hammelfleisch darin, die meisten Abende Fleischkuchen aus den Überbleibseln vom Mittag, jämmerliche Knochenreste am Samstag, Linsen am Freitag, ein Täubchen als Zugabe am Sonntag – das verzehrte volle Dreiviertel seines Einkommens; der Rest ging drauf für ein Wams von Plüsch, Hosen von Samt für die Feiertage mit zugehörigen Pantoffeln vom selben Stoff, und die Wochentage schätzte er sich’s zur Ehre, sein einheimisches Bauerntuch zu tragen – aber vom feinsten! Er hatte bei sich eine Haushälterin, die über die Vierzig hinaus war, und eine Nichte, die noch nicht an die Zwanzig reichte; auch einen Diener für Feld und Haus, der ebensowohl den Gaul sattelte als die Gartenschere zur Hand nahm. Es streifte das Alter unsres Junkers an die fünfzig Jahre; er war von kräftiger Körperbeschaffenheit, hager am Leibe, dürr im Gesichte, ein eifriger Frühaufsteher und Freund der Jagd. Man behauptete, er habe den Zunamen Quijada oder Quesada geführt – denn hierin waltet einige Verschiedenheit in den Autoren, die über diesen Kasus schreiben –, wiewohl aus wahrscheinlichen Vermutungen sich annehmen läßt, daß er Quijano hieß. Aber dies ist von geringer Bedeutung für unsre Geschichte; genug, daß in deren Erzählung nicht um einen Punkt von der Wahrheit abgewichen wird.
Man muß nun wissen, daß dieser obbesagte Junker alle Stunden, wo er müßig war – und es waren dies die meisten des Jahres –, sich, dem Lesen von Ritterbüchern hingab, mit so viel Neigung und Vergnügen, daß er fast ganz und gar die Übung der Jagd und selbst die Verwaltung seines Vermögens vergaß; und so weit ging darin seine Wißbegierde und törichte Leidenschaft, daß er viele Morgen Ackerfeld verkaufte, um Ritterbücher zum Lesen anzuschaffen; und so brachte er so viele ins Haus, als er ihrer nur bekommen konnte. Und von allen gefielen ihm keine so gut wie die von dem berühmten Feliciano de Silva verfaßten; denn die Klarheit seiner Prosa und die verwickelten Redensarten, die er anwendet, dünkten ihm wahre Kleinode; zumal wenn er ans Lesen jener Liebesreden und jener Briefe mit Herausforderungen kam, wo er an mancherlei Stellen geschrieben fand: Der Sinn des Widersinns, den Ihr meinen Sinnen antut, schwächt meinen Sinn dergestalt, daß ein richtiger Sinn darin liegt, wenn ich über Eure Schönheit Klage führe. Und ebenso, wenn er las: …die hohen Himmel Eurer Göttlichkeit, die Euch in göttlicher Weise bei den Sternen festigen und Euch zur Verdienerin des Verdienstes machen, das Eure hohe Würde verdient. Durch solche Redensarten verlor der arme Ritter den Verstand und studierte sich ab, um sie zu begreifen und aus ihnen den Sinn herauszuklauben, den ihnen Aristoteles selbst nicht abgewonnen noch sie verstanden hätte, wenn er auch zu diesem alleinigen Zweck aus dem Grab gestiegen wäre. Er war nicht sonderlich einverstanden mit den Wunden, welche Don Belianís austeilte und empfing; denn er dachte sich, wie große Ärzte ihn auch gepflegt hätten, so könnte er doch nicht anders als das Gesicht und den ganzen Körper voll Narben und Wundenmale haben. Aber bei alldem lobte er an dessen Verfasser, daß er sein Buch mit dem Versprechen jenes unbeendbaren Abenteuers beendet; und oftmals kam ihm der Wunsch, die Feder zu ergreifen und dem Buch einen Schluß zu geben, buchstäblich so, wie es dort versprochen wird; und ohne Zweifel hätte er es getan, ja er wäre damit zustande gekommen, wenn andere größere und ununterbrochen ihn beschäftigende Ideen es ihm nicht verwehrt hätten.
Vielmals hatte er mit dem Pfarrer seines Ortes – der war ein gelehrter Mann und hatte den Grad eines Lizentiaten zu Siguenza erlangt – Streit darüber, wer ein besserer Ritter gewesen, Palmerín von England oder Amadís von Gallien; aber Meister Nikolas, der Barbier desselbigen Ortes, sagte, es reiche keiner an den Sonnenritter, und wenn einer sich ihm vergleichen könne, so sei es Don Galaor, der Bruder des Amadís von Gallien, weil dessen Naturell sich mit allem zurechtfinde; er sei kein zimperlicher Rittersmann, auch nicht ein solcher Tränensack wie sein Bruder, und im Punkte der Tapferkeit stehe er nicht hinter ihm zurück.
Schließlich versenkte er sich so tief in seine Bücher, daß ihm die Nächte vom Zwielicht bis zum Zwielicht und die Tage von der Dämmerung bis zur Dämmerung über dem Lesen hingingen; und so, vom wenigen Schlafen und vom vielen Lesen, trocknete ihm das Hirn so aus, daß er zuletzt den Verstand verlor. Die Phantasie füllte sich ihm mit allem an, was er in den Büchern las, so mit Verzauberungen wie mit Kämpfen, Waffengängen, Herausforderungen, Wunden, süßem Gekose, Liebschaften, Seestürmen und unmöglichen Narreteien. Und so fest setzte es sich ihm in den Kopf, jener Wust hirnverrückter Erdichtungen, die er las, sei volle Wahrheit, daß es für ihn keine zweifellosere Geschichte auf Erden gab. Er pflegte zu sagen, der Cid Rui Diaz sei ein sehr tüchtiger Ritter gewesen, allein er könne nicht aufkommen gegen den Ritter vom flammenden Schwert, der mit einem einzigen Hieb zwei grimmige ungeheure Riesen mitten auseinandergehauen. Besser stand er sich mit Bernardo del Carpio, weil dieser in Roncesvalles den gefeiten Roldán getötet, indem er sich den Kunstgriff des Herkules zunutze machte, als dieser den Antäus, den Sohn der Erde, in seinen Armen erstickte. Viel Gutes sagte er von dem Riesen Morgante, weil dieser, obschon von jenem Geschlechte der Riesen, die sämtlich hochfahrende Grobiane sind, allein unter ihnen leutselig und wohlgezogen СКАЧАТЬ