Название: Verloren und Gefunden
Автор: Мэри Элизабет Брэддон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754177303
isbn:
»Was, Mr. Jarvis?«
Gervoise hatte sich in seinem Verkehr mit Mr. Cadgers und dessen Gesellschaft Jarvis genannt.
»Lassen wir das. Jeder Mensch hat einen Winkel in seinem Herzen, den er dunkel zu halten wünscht. Das ist mein dunkler Winkel,« antwortete der junge Mann, sich niederbeugend, um seine Pfeife mit dem brennenden Taback in dem kurzen schwarzen Meerschaum von Mr. Cadgers anzuzünden.
Die Gesichter der beiden Männer waren ganz nahe beisammen, als Gervoise dieses sagte. Mr. Cadgers sah ihn forschend an.
»Sie sind sehr zugeknöpft, Mr. Jarvis,« sagte er; »doch das ist ganz Ihre Sache. Sie kümmern sich um Ihre Angelegenheiten und ich um die meinigen; das ist nach meiner Ansicht wahres Christenthum. Aber es giebt gewisse Dinge, über die die Leute ihre eigenen Vermuthungen haben. So z. B. weiß ich natürlich recht gut, daß Sie nicht von unserm Schlage sind. Sie sind ein Gentleman, und ein Gentleman, dem es angeboren ist, den Kopf sehr hoch zu tragen, der aber auf irgend eine Weise von der Welt mißhandelt worden ist. Habe ich es errathen?«
»So ziemlich« antwortete Gervoise.
»Nun, wissen Sie, Mr. Jarvis, daß mir so eben, als Sie sich über mich beugten, um Ihre Pfeife anzuzünden, eine Idee in den Kopf kam?«
»So?«
»Ja, und diese Idee war, daß ich Sie früher schon gesehen habe. Ob es irgend Jemand war, der Ihnen ähnlich sah, oder ob Sie es selbst waren, vermag ich nicht zu sagen.«
»Sie müssen Jemand gesehen haben, der mir ähnlich sieht,« sagte Gervoise, »denn ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß Sie mich vor jenem Abend aus Putney-Heath gesehen haben.«
»Jetzt hab’ ich es,« sagte Mr. Cadgers, sich auf’s Knie klopfend, »jetzt fällt mir’s bei und unser Gespräch von Avondale hat es mir wieder in Erinnerung gebracht. Sie sind das leibhafte Bild des alten Grafen von Haughton, der vor zwei Jahren gestorben ist.«
Gervoise Gilbert war überrascht und wurde sehr bleich.
»Ist der alte Graf von Haughton todt?« fragte er.
»Ich schmeichle mir, daß er es ist,« antwortete Mr. Cadgers, »und, wie ich gehört habe, ist er ungewöhnlich schwer gestorben, gerade wie er gelebt hat, der alte Schurke. Ging ich doch vor drei Jahren zu ihm, um ihn zu unsern Vorstellungen einzuladen und zu bitten, uns eine seiner Wiesen dazu zu leihen. Sagte er mir da zuerst allerlei Grobheiten und drohte mir dann, mich von seinen Bedienten aus dem Hause werfen zu lassen. Ja, das alte Ungeziefer ist endlich fort und der junge Lord ist ein ganz wilder Bursche. Nichts als Jagen, Reiten, Wettrennen und der Teufel weiß, was sonst noch. Ich will darauf wetten, daß er unsere Vorstellungen besuchen würde, und da Sie solche gentleman’schen Manieren haben, so könnten Sie uns wohl den Gefallen thun, zu ihm zu gehen und ihn einzuladen. Wollen Sie nicht?«
Gervoise blickte Mr. Cadgers mit einem eigenthümlichen Lächeln an.
»Nein,« sagte er, »nichts auf der Welt würde ich weniger thun, als Lord Haughton um eine Gunst bitten.«
»Weshalb?«
»Weil ich ihn einmal, als ich noch ein Junge war, gekannt habe.«
»Und der Haughtonfamilie sehen Sie auch ungewöhnlich ähnlich,« rief Mr. Cadgers. »Sie sind doch nicht ein unehel —«
»Was?« rief Gervoise, so plötzlich auf Mr. Cadgers zutretend, daß dieser Herr unwillkürlich einen Schritt zurückwich.
»W a s?«
»Natürlich sind Sie es nicht,« rief Mr. Cadgers hastig, »wer sagt, daß Sie es sind? Ich möchte wissen, wer sagt, daß Sie es sind. Sie brauchen nicht sogleich auf Einen zuzustürzen, als ob Sie Einem die vordern Zähne einstoßen wollten, blos weil man Ihnen eine höfliche Frage stellt. Aber Sie sehen nichtsdestoweniger der Haughtonfamilie sehr ähnlich.«
»Das ist möglich. Zufällige Aehnlichkeiten hat es immer gegeben.«
»So ist es. Ich habe selbst manche gesehen, und sonderbare Zufälle sind zuweilen daraus entstanden. So lassen Sie uns nicht weiter davon sprechen,« antwortete Mr. Cadgers mit ruhiger Würde.
Es wurde nichts weiter gesagt, aber diese Unterhaltung hatte in Gegenwart des Herrn von Volterschocker stattgefunden, der in der Nähe der beiden Männer ruhig rauchend im Grase lag und auf jedes Wort, das gesprochen wurde, horchte.
Der schweigsame Clown hatte ein gutes Gedächtniß und war überdies ein scharfer Beobachter. Er verstand es auch, im Gesicht eines Mannes zu lesen, und wußte den Ton, in welchem ein Wort gesprochen würde, eben so gut abzuwägen als das Wort selbst.
Die Truppe kam in der Dunkelheit des Abends vor Avondale an, und während Mr. Cadgers und seine Leute mit ihren Vorbereitungen für den folgenden Tag beschäftigt waren, ging Gervoise Gilbert, seinen Schlapphut tief in die Stirne gedrückt und den Kragen seines Rockes aufgeschlagen, so daß der untere Theil seines Gesichts verdeckt war, in die ruhige kleine Stadt.
Es war ein schmucker, altertümlicher Platz, und es hatte, wie Mr. Cadgers gesagt, ganz den Anschein, daß er keine wesentlichen Veränderungen erlitten habe, seit die gute Königin Beß mit ihrem Gefolge durch die Straßen ritt, während loyale Stimmen ihr Willkommen zuriefen und die Kinder vor den Hufen ihres Rosses Blumen streuten.
In dem dunkeln Sommerzwielicht schritt Gervoise Gilbert durch die enge Hauptstraße nach dem Marktplatz, wo da und dort Gruppen von Einwohnern standen und sich über den Jahrmarkt unterhielten, der morgen stattfinden sollte.
Sie hatten indeß noch von etwas mehr als von dem Markte zu sprechen. Es sollte auch ein Wettrennen stattfinden und für das große Ereigniß galt ein Rennen mit Hindernissen, von Gentleman ausgeführt, dessen Haupttheilnehmer der junge Graf von Haughton war. Gervoise trat unter andern zu einer Gruppe, wo die Tagesfrage mit besonderer Lebhaftigkeit besprochen wurde.
»Man sagt, die Gräfin sei Mylord zu Füßen gefallen und habe ihn angefleht, nicht zu reiten,« sagte eine alte Frau, »aber er ist so eigensinnig, daß man eher die eiserne Streitaxt in der großen Halle zu Palgrave-Chase als ihn biegen könnte.«
»Das ist sehr hart für die Gräfin,« sagte eine andere Frau, »denn sie ist ein liebliches junges Wesen und Mylord erwartete, wie ich gehört, sehr bald einen Erben der Güter.«
»Ja, und dann wird es wahrscheinlich Feste in Avondale geben, denn was auch Lord Haughtons Fehler sein mögen, das kann man wenigstens nicht sagen, daß er knauserig ist.«
Gervoise hörte auch, daß nur drei Gentlemen an dem Wettrennen teilnehmen und daß die Hindernisse in einem doppelten Bann und einem doppelten Graben bestehen würden. Der Graf von Haughton sollte beim Rennen sein berühmtes Rennpferd »Teufelshuf« reiten.
Der junge Mann war im Begriff, sich zu entfernen, als eine Hand sich plötzlich auf feine Schulter legte.
Er wandte sich schnell um und fand sich einem Manne von seinem Alter — einem keck aussehenden Burschen mit dunklem, sonnenverbrannten Gesicht und glänzenden schwarzen Augen gegenüber. Derselbe sah halb wie ein-Zigeuner, halb wie ein Brigant aus. Seine Kleidung bestand aus einem kurzen sammtnen Rock mit versilberten Knöpfen aus einer bunten СКАЧАТЬ