Die seltsamen Morde des Ikonenmalers. José Luis de la Cuadra
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Название: Die seltsamen Morde des Ikonenmalers

Автор: José Luis de la Cuadra

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752970722

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СКАЧАТЬ ein Traum. Ich glaube, es war meine Frau. Sie wissen sicher, dass meine Frau ...»

       «Sie wollen sagen, Ihre Frau ist tot? Nicht nur im Traum?»

       «Ja, nicht nur im Traum.»

       «Das tut uns leid. Wir wussten es nicht. Ist es nicht sonderbar, dass Sie von einer Leiche träumen, nachdem Sie gestern in unmittelbarer Nähe zu einer solchen niedergeschlagen wurden, sich aber an die Tote nicht erinnern?»

       «Sie sagen es. Ich glaube, es muss einen Zusammenhang geben. Ich meine, zwischen mir und der Leiche. Zumindest in meinem Kopf.»

       «Nun, wie dem auch sei, Ihr Arzt sagt, dass Ihre Erinnerung zurückkehren wird. Sie leiden an Amnesie, verursacht durch den Schlag. Wir werden Sie später darüber befragen. Vielleicht wissen Sie aber, wo Sie sich vor dem Ereignis aufgehalten haben.»

       «Nein, aber ich kann raten. Ich gehe fast täglich an den Fluss. Ganz in der Nähe, zwischen Bäumen, steht eine Bank. Meine Lieblingsbank. Es ist ein Ort der Stille und des Friedens. Man hört nur das Gurgeln der Wellen, das Zwitschern der Vögel und anderes mehr. Die Stimmung beruhigt mich. Mein Psychiater sagt, ich brauche das. Ich leide nämlich an Ikonomanie.»

       «An Ikono-was?»

       «IkonoMANIE, eine seltene Form der Depression. Meine Frau, Sie wissen ...»

       «Ja, ja, das haben Sie erwähnt. Wenn ich Sie richtig verstehe, könnten Sie sich also vor dem Mord in der Nähe des Tatorts am Fluss aufgehalten haben. Kennen Sie eine Frau Namens Tanja Fedorowna? Eigentlich heißt sie Tatjana, aber in ihren Dokumenten steht fast überall Tanja, der Verniedlichungsname.»

       Wehrlen hält ihm eine Fotografie vor die Augen.

       «Der Name sagt mir nichts. Ist das die Ermordete?»

       «Allerdings. Sie ist Russin.»

       Der Kommissar runzelt die Stirne.

       «Soweit wir unterrichtet sind, haben Sie familiäre Beziehungen zu Russland. Durch Ihre Großmutter. Sie sind Ikonenmaler, spezialisiert auf die Restauration christlich orthodoxer Ikonen. Waren Sie schon einmal in Russland?»

       «Ich war bereits drei Mal dort. Es gibt einige für Ikonenmaler wichtige Orte, an denen berühmte Künstler gewirkt haben oder bedeutende Ikonen gefunden wurden. Es gibt Legenden, die von Wundern berichten. Man kann nicht an Ikonen arbeiten, ohne ihre Geschichten zu kennen.»

       «Wo waren Sie genau?»

       «Nun, ich war in Kasan, Wladimir und Smolensk. Das sind Orte, die berühmten Ikonen den Namen gegeben haben. Ein typisches Beispiel ist die Kasanskaja, die vor ungefähr fünfhundert Jahren in Kasan aufgetaucht ist.»

       «Dann haben Sie also Kontakt zu Russen?»

       «Ich arbeite im Auftrag. In der Regel sind die Auftraggeber aus dem Westen, aus England, USA, Deutschland. In diesen Ländern gibt es viele russische Exilgruppen aus der Sowjetzeit. Sie haben oft Ikonen mitgebracht, die sie aus den Kirchen gerettet haben, bevor diese durch die Kommunisten zerstört wurden. Manchmal handelt es sich um übermalte Objekte. Man bittet mich dann, das ursprüngliche Bild freizulegen.»

       «Hatten Sie in letzter Zeit Kontakt zu irgendwelchen Russen, oder zu Personen mit russischen Namen?»

       «Nicht, dass ich mich daran erinnern könnte. Ich spreche nicht gut russisch.»

       War da nicht eine Frau mit russischem Akzent auf der Bank?

       «Diese Frau, Tanja Fedorowna, ist hier nicht gemeldet. Sie ist möglicherweise kürzlich eingereist. Haben Sie zurzeit einen Restaurationsauftrag?»

       «Ich glaube ja, aber in meinem gegenwärtigen geistigen Zustand kann ich mich nicht erinnern, woher die Ikone stammt, an der ich arbeite. Es tut mir leid. Sobald ich entlassen bin, werde ich meinen Psychiater aufsuchen. Er muss mir meine Hirnzellen zusammenflicken.»

       «Ich muss Sie bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten. Außerdem wird Ihnen noch heute eine DNA-Probe von Ihrer Mundschleimhaut entnommen. Zur Sicherheit. Wir wissen ja noch nicht, welche Spuren wir auf dem Messer und an der Ermordeten nachweisen werden. Es könnte Sie entlasten.»

       «Oder belasten.»

       «Wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen, Herr Popow. Erholen Sie sich erst einmal. Wir melden uns. Einen guten Tag noch.»

       Ja, der Teufel. Ich spüre ihn. Er ist auf der Lauer. Eugen nennt ihn Schatten, mein Schatten. Und Tanja? Wer ist Tanja? Ist sie die Auftraggeberin? Die Frau, die mich angerufen hat? Kann es sein, dass ich die Ikone ...?

       Der Kaffee, den man ihm gebracht hat, schmeckt bitter. So wie der heutige Tag ... und wie die Krankenschwester des Frühdiensts. Sie präsentiert sich als Ausbund von Hässlichkeit. Alex weiß nicht, ob er sie einen Tag lang ertragen kann. Sie schaut ihn böse an, wenn sie ins Zimmer kommt. Als durchschaute sie ihn. Als wisse sie, was er längst vermutet.

       Wenn Gedanken sprechen könnten, hätten sie Einiges zu berichten. Alex braucht die Pflegefrau nur anzusehen, und schon purzeln die Verdächtigungen aus ihrem Mund. Zudem ist sie grob. Man kann in ihren Gesichtszügen erkennen, dass sie es geniesst, ihm den Verband zu wechseln. Jedes Mal reißt sie ihm genüsslich ein paar Haare aus. Sie wählt möglichst große Pflaster, damit beim nächsten Wechsel noch einige Haare mehr daran kleben bleiben. Und sie lässt keine Gelegenheit aus, um ihm unter die Nase zu reiben, wie groß das Loch in seinem Kopf ist.

       «Es gibt noch Kaffee, dann ist fertig ausgeruht.»

       Alex blickt ihr in die Augen. Sie hat ihr Makeup verschmiert, was die Frau nicht hübscher macht. Die Pupillen leuchten aufdringlich, sie blitzen regelrecht. Der Ikonenmaler hält sich am Bettgestell fest. Was er in ihnen liest, lässt ihn erschauern: Mörder!

      3

       «Eugen, ich habe gemordet. Zum zweiten Mal. Du weißt ...»

       «Ja, ja, über deine Frau haben wir schon mehrmals gesprochen. Bitte, wir wollen dieses Thema heute beiseitelassen. Erzähl mir, was geschehen ist.»

       «Wenn du nicht über meine Frau sprechen willst, dann kann ich dir nicht sagen, was geschehen ist. Es gibt eine Verbindung. Ich habe die Leiche Natalies gesehen, im Traum. Und zuvor wurde ich von einem Spaziergänger und seinem Hund, vor einer Leiche liegend, am Boden aufgefunden. Neben mir lag ein blutverschmiertes Messer. Das steht in der Zeitung. Und die Leiche ist eine Russin. Ich stehe unter Verdacht, weil ich russische Ikonen restauriere. Die Heiligenbilder wenden sich plötzlich gegen mich. Ikonomanie, deine Diagnose, ich weiß. Das Schlimmste ist, ich arbeite an einer Ikone und weiß nicht, woher ich sie habe. Vielleicht von der Leiche, ich meine von Tanja, so hiess sie, die Tote, als sie noch lebte.»

       «Kennst du sie?»

       «Nein, man hat mir eine Fotografie gezeigt. Ich habe keine Erinnerung an sie. Irgendetwas lässt mich an Natalie denken. Vielleicht eine Fehlschaltung meiner Synapsen. Um es offen zu sagen, ich habe überhaupt keine Erinnerung mehr. Mein Kopf ist leer wie ein Sack, aus dem das Gemüse herausgefallen ist. Ich fühle mich schrecklich. Du weißt, ich mag keine Leichen in meinem Leben. Vor allem seit das mit Natalie geschehen ist. Noch weniger mag ich Messer. Sie lösen in mir Übelkeit aus. Ich benütze sie nicht einmal mehr zum Essen. Ob allem Kummer bin ich auf bestem Weg, mich in der Ikonenmystik zu СКАЧАТЬ