Zeppelin 126. Gunnar Kunz
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Название: Zeppelin 126

Автор: Gunnar Kunz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kriminalroman aus der Weimarer Republik

isbn: 9783752913552

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СКАЧАТЬ Meter. Die Schleier um ihn herum wurden dünner und verflüchtigten sich. Ein leichter Westwind zupfte an der Gondel. Ideale Bedingungen: Dunkelheit, eine geschlossene Wolkendecke und ein Wind, der sie von selbst in die Heimat zurückbrachte, sollte das Schiff wider Erwarten angeschossen werden.

      Die Augenlider des Mannes zuckten, erst das rechte, dann das linke, dann beide zugleich. Verflucht, es ging wieder los! Bloß ein nervöser Tic, gar nicht weiter beachten. Er drückte seine Zigarette aus und sah nach unten. Ostende und Dünkirchen lagen hinter ihnen; irgendwo dort in der Finsternis musste sich Calais verbergen. Natürlich hatten die Franzosen ihre Stadt verdunkelt, aber so etwas funktionierte nie hundertprozentig. Der Mann kniff seine Augen zu Schlitzen zusammen, was das Zittern der Lider verstärkte. War da nicht etwas? Tatsächlich, ein einzelner Lichtpunkt, der sich bewegte; ein Autoscheinwerfer vielleicht.

      Dreihundert Meter. Überraschend fing auch seine linke Schulter an zu zucken, was nicht mehr vorgekommen war, seit er damals im Unterstand verschüttet wurde. Mit der rechten Hand hielt er seinen Oberarm fest, erreichte jedoch nur, dass das Zucken auf die Hand übersprang. Verflucht! Er war doch keiner von den Drückebergern, die so taten, als würden sie sich vor Teppichfalten fürchten, den Feiglingen, die mit Eiswassergüssen und Elektroschocks auf Vordermann gebracht werden mussten! Mit der Faust schlug er auf seine Schulter ein, stieß einen Schrei aus und klammerte sich an der Kartenablage fest.

      Vierhundert Meter. Das Zucken hörte so plötzlich auf, wie es begonnen hatte. Erleichtert ließ der Mann die Kante los. Seine Augen, die sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahmen einen Schimmer war, den Schein gedämpfter Lichtquellen. Kein Zweifel: Calais. Er griff zum Hörer des Fernsprechers, gab seine Beobachtungen durch und dirigierte den Zeppelin zum Zielgebiet. Die Leitung, mit Gummi isoliert und in das Stahlkabel eingearbeitet, funktionierte nahezu störungsfrei.

      Sechshundert Meter. Immer deutlicher schälte sich die Stadt aus der Dunkelheit, Umrisse von Häusern waren auszumachen. Der Mann zielte mit seinem Zeigefinger auf einen Industrieschornstein und ahmte das Geräusch eines Schusses nach. Ich bin der Todesengel, dachte er, mit feurigem Schwert komme ich über euch und nehme Rache für Langemark, für die Franktireurs, für all eure Hinterhalte.

      Schlau waren sie, die Franzosen, das musste man ihnen lassen. Wo immer sie vertrieben wurden, ließen sie gut versteckte Soldaten zurück, die für Verluste unter den vorrückenden Deutschen sorgten und den Angriff ins Stocken brachten. Den Schlieffen-Plan hatten sie damit zunichte gemacht und einen schnellen Sieg Deutschlands verhindert. Aber gegen das Armageddon, das gleich über ihre Köpfe hereinbrechen würde, waren sie machtlos.

      Siebenhundert Meter. Eigentlich hätte jetzt Beethovens Fünfte ertönen müssen: Das Schicksal klopft an die Pforten. Oder besser noch, Wagners Walkürenritt. Ja, das wäre angemessen. Der Mann in der Gondel fing an, die Melodie zu summen, nur unterbrochen von kurzen Anweisungen an das Mutterschiff.

      Als sie sich dem Stadtzentrum näherten, flammten plötzlich Scheinwerfer auf, Strahlenbündel durchschnitten den Himmel. Offenbar hatte jemand die Motoren gehört; jetzt suchten sie nach der Ursache des Lärms. Abwehrgeschütze feuerten blind in die Luft. Der Mann in der Gondel lachte. Wie aufgescheuchte Hühner!

      Achthundert Meter. Tief genug. »Stopp!«, rief er. Mit einem Ruck kam die Winde zum Stehen. Hallen, Docks, Hafenanlagen, alles lag wehrlos unter ihm ausgebreitet. Es konnte losgehen. Er gab die Positionen der Ziele durch. Von unten schwenkten weitere Lichtfinger durch die Nacht. Gebt euch keine Mühe, der Spähkorb ist zu klein, und der Zeppelin wird von Wolken verdeckt. Wir sind der unsichtbare Zorn Gottes.

      Der Mann summte wieder den Walkürenritt, während die ersten abgeworfenen Bomben detonierten. Seine Augenlider fingen erneut an zu zucken, aber diesmal war er so gebannt von den Geschehnissen am Boden, dass er es kaum mitbekam. Eine Explosion verriet, dass sie ein Munitionslager getroffen hatten. Feuer loderte auf und erhellte Straßenzüge; das Licht erleichterte ihm seine Aufgabe. Ununterbrochen fielen Bomben auf die Ziele, die er aussuchte. Dreitausend Kilogramm hatten sie an Bord, und jedes einzelne würden sie in die Stadt jagen. Da unten musste die nackte Panik herrschen. Ob die Franzmänner eine Ahnung hatten, was hier über sie hereinbrach? War ihnen die Existenz eines Spähkorbes bekannt? Oder würden sie so etwas Hirnrissiges wie einen Tarnanstrich vermuten? Oder gar an eine neue Fernartillerie glauben?

      Geschützbatterien schleuderten aufs Geratewohl Abwehrfeuer in die Luft, ohne etwas zu treffen. Zwei feurige Punkte krochen auf den Spähkorb zu – Brandgeschosse – und fielen am Scheitelpunkt ihrer Kurve auf die Stadt zurück, ohne auch nur in seine Nähe zu gelangen. Währenddessen spie der Zeppelin unentwegt seine tödliche Ladung aus und ließ Tod und Vernichtung auf die Feinde herabregnen.

      Der Mann in der Gondel riss sich die Kappe vom Kopf und schwenkte sie. Dabei sang er aus voller Brust, versetzte den Spähkorb in schaukelnde Bewegungen und lachte. Ja, ihr Hunde, jetzt zeigen wir es euch! Mögen die Franzosen zu Land erbitterten Widerstand zeigen, mögen die Engländer die Meere beherrschen – die Deutschen sind die Herren der Lüfte, jetzt und für alle Ewigkeit!

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