KIGALI. Dantse Dantse
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Читать онлайн книгу KIGALI - Dantse Dantse страница 5

Название: KIGALI

Автор: Dantse Dantse

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742794765

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      „Aber die UNO ist doch da. Ich glaube nicht, dass wir Angst haben müssen. Die Blauhelme werden nicht zulassen, dass es hier einen Bürgerkrieg gibt, sie sind doch da, um Frieden zu bringen, Menschen zu schützen.“

      „Ja, wenn es nur um einen Bürgerkrieg gehen würde, wäre ich noch gelassener. Was sich da vorbereitet, könnte die Geschichte Ruandas verändern. Es ist viel schlimmer. Es wird von ethnischen Säuberungen gesprochen. Ja, vor zwei Wochen erfuhr ich von einer Gruppe von Offizieren, dass die Tutsi Rebellen bald alle Hutu in ihrem Gebiet umbringen werden. Deswegen müssen die Hutu schneller reagieren und den Tutsi zuvorkommen und sie zuerst töten. Diese Information gab ich Colonel Le Choux-Noir, unserem französischen Freund. Und was sagte er mir? Lapidar meinte er, dass das doch jeder wisse und dass ein Hutu oder Tutsi mehr oder ein weniger Frankreich nicht schade. Weiter meinte er, ich sei doch ein Hutu, wovor hätte ich Sorge und Angst? Frankreich steht an eurer Seite und unterstützt euch finanziell, logistisch und mit Waffen‘, erklärte er lachend.“

      „Baba, ich bin überzeugt, dass die UNO der Bevölkerung helfen wird.“

      „Ha Reh, vergiss es. Ich bin mir sicher, dass sie nichts machen werden. Was haben sie getan, seitdem sie die Gerüchte hören? Seitdem die Medien und manche Politiker und Militärs ganz offiziell Hass und Mord predigen? Nichts. Es wird nichts getan. Kein Druck kommt aus Frankreich, Belgien, Amerika und so. Im Gegenteil, sie machen ihre Ohren zu und bald werden sie auch ihre Augen verschließen, um nicht sehen zu müssen, wie das Blut vor ihren Augen vergossen wird. Sie werden dann nach der Katastrophe kommen und die Helfer spielen. Die Guten, die den Armen helfen wollen. Deswegen lassen sie die Armut oder den Krieg entstehen, bevor sie handeln. So profitieren sie noch mehr von ihrer Hilfe und nehmen noch mehr Einfluss auf uns. Es ist offensichtlich, dass sich ein Massaker anbahnt. Ein Völkermord steht bevor und alle Botschaften der westlichen Länder wissen es, und vielleicht erwarten sie ihn oder wünschen ihn sogar? Ich habe viele geheime Informationen weitergegeben. Warum machen sie denn nichts? Nein, ich muss euch in Sicherheit bringen, bevor es explodiert. Das ist eine Sache von nur noch wenigen Wochen.“

      Kigali hatte alles mitgehört und hatte nun verstanden. Sie ging ins Zimmer und wiederholte das Gespräch in ihrem Kopf, dabei schlief sie ein, und als sie aufwachte war es schon 9 Uhr. Sie blieb im Bett und dachte über das Gespräch nach, als ihre Mama ins Zimmer kam.

      „Kigali, du bist noch im Bett, steh auf!“

      „Mama, ich habe Kopfschmerzen“, log sie. „Mama, ist es wahr, dass es Krieg zwischen den Tutsi und den Hutu in Kigali geben wird? Wird Papa sich von dir trennen müssen?“, fragte sie.

      Die Mama war sichtlich überrascht. Sie hatte nicht erwartet, dass das kleine Mädchen so eine Frage stellen würde.

      In Ruanda gibt es zwei große Stämmen, die seit je immer Probleme miteinander hatten, aber irgendwie auch miteinander leben konnten: Es handelt sich um die Hutu, sie sind die Mehrheit, und die Tutsi.

      Kigalis Mama war eine Tutsi und ihr Vater ein Hutu.

      Seit einigen Monaten propagierten manche Extremisten die Idee einer ethnischen Säuberung und deswegen sollten alle Hutu sich von Tutsi-Partnern trennen, sonst würden sie als Verräter gelten. Diese Leute wollten auch, dass Baba, wie man ihn nannte, sich von Reh trennte. Was er selbstverständlich ablehnte.

      Reh versuchte, schnell wieder eine entspannte Ausstrahlung zu haben, und lächelnd sagte sie zu ihrer Tochter: „Ach, meine Tochter, wo hast du den Blödsinn her? Nichts wird passieren in einem Land, wo es Blauhelme gibt. Da wo die UNO ist, ist die Welt vor Ort. Die Welt wird nicht zulassen, dass so etwas passiert. Steh auf. Wir müssen zu Farima fahren. Hast du das vergessen?“

      Kigali war trotzdem nicht beruhigt, stellte aber keine weiteren Fragen mehr. Sie hatte keine Lust, irgendwo ohne ihre Familie zu sein, aber gestern hatte sie sich mit Farima, der Tochter einer befreundeten Familie, verabredet. Sie wollten den ganzen Vormittag zusammen verbringen.

      „Mama, ruf sie bitte an und sag, dass ich krank bin. Ich will zu Hause bleiben. Bitte Mama“, bat sie.

      „Okay, das tue ich, mein Schatz“, antwortete Mama und ging hinaus.

      Den ganzen Tag beruhigte sie sich mit der Anwesenheit der Blauhelme vor Ort, aber die Nachrichten, die sei mitbekam waren sehr beunruhigend. Berichte von Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Watch, legte schon Anfang 1994 offen, dass neben Macheten, die an die Bevölkerung verteilt worden waren, Kriegswaffenlieferungen in erheblichem Umfang nach Ruanda gingen. Die Geheimdienste der Weltmächten müssen doch informiert sein und ganz sicher tun sie etwas dagegen, überzeugte sie sich selbst.

      Dieser Tag, Mittwoch der 6 April 1994, verlief ansonsten ruhig. Im Rundfunk war zu hören, dass der Präsident des Landes in Daressalam war und am Abend zurück nach Kigali flog. Deswegen warteten sie mit dem Abendessen nicht auf Baba, der ein Offizier der Armee war. Er musste bei solchen Gelegenheiten, wenn der Präsident nach Hause zurück kam oder ins Ausland flog, immer in Bereitschaft sein.

      Sie waren fertig mit dem Essen und schauten ein Video von Rambo, als Baba vollgeschwitzt und außer Atem ins Wohnzimmer platzte.

      „Schnell, schnell, packt eure Sache, sofort!“, schrie er sehr aufgeregt.

      „Was ist los Baba?“, fragte Reh.

      „Ich sage es dir unterwegs. Macht schnell. Wir haben keine Zeit. Nur paar Kleidungsstücke und wichtige Sachen. Ich muss euch sofort in Sicherheit bringen.“

      „Was ist los Papa?“, fragte der älteste Sohn Paul, der 18 war.

      „Frag nicht so blöd. Mach, was ich dir sage. Wir müssen sofort weg hier. Habt ihr keine Nachrichten gehört?“

      Der Sohn machte das Radio an und suchte den Sender RFI, einen französischen Sender für Afrika. Er hörte kurz zu und schrie laut auf.

      „Schnell, weg hier. Ein Attentat auf den Präsidenten. Präsident Habyarimana ist tot. Sein Flugzeug wurde bei der Landung abgeschossen und die Hutu machen die Tutsi dafür verantwortlich“, sagte der Vater.

      Nach 15 Minuten waren alle Kinder – Kigali (11), Bernard (13), Mireille (15) und Paul im Auto und warteten auf ihre Eltern.

      Die Eltern blieben noch 15 Minuten im Haus. Als die Kinder draußen waren, hatten sie sich in die Augen geschaut und Lust bekommen, noch einmal miteinander zu schlafen, als ob sie etwas Schreckliches ahnten. Als ob sie wussten, dass sie so etwas Schönes und Inniges nicht mehr haben würden. Es war wie ein unbewusster Liebesabschied. Dieses Mal war der Sex anders. Er war sehr schön und schmerzhaft. Zum ersten Mal, seitdem sie zusammen waren, erreichten sie gleichzeitig den Höhenpunkt. Dabei weinten sie, wie kleine Kinder. Sie standen beide auf und nahmen sich nackt in die Arme und drückten sich so fest, dass, sie kaum noch atmen konnten.

      „Ich liebe dich, Baba, und werde dich immer lieben, verstehst du?“, sagte Reh.

      Baba hielt sie weiter fest und sagte nichts dazu.

      „Warum sagst du nichts, Baba, warum sagst du nicht, Reh, habe keine Angst, alles wird gut? Warum versuchst du nicht, mich zu beruhigen?“

      „Ich liebe dich über alles, Reh“, sagte Baba. „Alles wird gut, mein Schatz. Bleib ruhig“, hörte er sich ohne Überzeugung sagen.

      „Ist das wahr, Baba? Ich kann wirklich ruhig bleiben? Kommen wir jemals zurück in dieses Haus, mein Tarzan? Kannst du es mir versprechen?“

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