Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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Dem mittelbaren Täter wird eine fremde steuerliche Erklärung als eigene zugerechnet, wenn er die Steuerhinterziehung durch den Vordermann als „Werkzeug“ begeht. Der mittelbare Täter veranlasst „mit Tatherrschaft und Täterwillen“ einen anderen, für ihn die zur Verwirklichung des Tatbestandes notwendigen Handlungen vorzunehmen.[57] In der Regel kommt das nur in Betracht, wenn die handelnde Person nicht selbst vorsätzlich und voll verantwortlich den Tatbestand erfüllt. Fingiert der technische Leiter der steuerpflichtigen GmbH, der nicht gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 35 GmbHG ist, Vorsteuer aus Scheinrechnungen und werden entspr. falsche Umsatzsteuervoranmeldungen von dem gutgläubigen Buchhalter oder Steuerberater abgegeben, so handelt der technische Leiter als mittelbarer Täter.[58] Mittelbarer Täter ist auch, wer durch Bestechungshandlungen einen Betriebsausgabenabzug gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG auslöst und den Erklärungspflichtigen nicht über die Gründe informiert, die zum Abzugsverbot geführt haben, so dass dieser infolge regelhafter Abläufe bei der Verbuchung von Rechnungen die Geltendmachung der Beträge als Betriebsausgaben herbeiführt.[59]
b) § 370 als Allgemein- und Sonderdelikt
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Als Täter einer Steuerhinterziehung kommt jeder in Betracht, der die Tatbestandsmerkmale des § 370 erfüllt. Das muss nicht der Steuerschuldner sein.[60]
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Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun (Abs. 1 Nr. 1) kann jeder sein, der auf die Festsetzung, Erhebung oder Vollstreckung der geschuldeten Steuer einwirken kann[61] (sog. Allgemeindelikt[62] oder „Jedermannsdelikt“[63]). Wer dazu in der Lage ist, den steuerlichen Verkürzungserfolg durch die Abgabe von Erklärungen gegenüber den Finanzbehörden herbeizuführen, macht sich mit entspr. falschen Erklärungen strafbar, auch wenn er nicht erklärungspflichtig ist.[64] Er muss auch nicht mit Wissen oder Billigung des Steuerpflichtigen handeln. So macht sich etwa ein Buchhalter strafbar, der ohne Vollmacht des Unternehmers fehlerhafte Umsatzsteuervoranmeldungen einreicht und damit eine Steuerverkürzung bewirkt.
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Bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3, siehe dazu auch § 369 Rn. 42 ff.) muss demgegenüber über das Merkmal „pflichtwidrig“ die Verletzung einer Pflicht zur Offenbarung gegenüber den Finanzbehörden hinzutreten.[65] Folglich können sich auch als Mittäter nur Personen strafbar machen, denen selbst steuerliche Erklärungspflichten (bei Nr. 2) bzw. Verwendungspflichten (bei Nr. 3) obliegen.[66] Insoweit wird § 370 als Sonderdelikt eingeordnet.[67] Der BGH hat dementspr. in früheren Entscheidungen – zutreffend – (nur) geprüft, ob dem vermeintlichen (Mit-)Täter nach den geltenden Steuergesetzen eine Steuererklärungspflicht obliegt.[68] Widersprüchlich äußert sich insoweit der 1. Senat des BGH in einem Urt. v. 9.4.2013, in dem er einerseits die Auffassung vertritt, § 370 Abs. 1 Nr. 2 könne „nicht nur vom Stpfl. und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind“, verwirklicht werden, sondern grundsätzlich von „Jedermann“, andererseits aber – unter zutreffendem Verweis auf den Wortlaut der Norm – daran festhält, dass Täter nur derjenige sein könne, „der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist“.[69] Diesen Widerspruch will der BGH dadurch überbrücken, dass sich die Erklärungspflicht grundsätzlich auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben könne.[70] Allein die Möglichkeit, durch Erklärungen den steuerlichen Verkürzungserfolg abzuwenden genügt jedenfalls nicht, um einer Person das Unterlassen erheblicher Angaben vorzuwerfen, hinzukommen muss die Verletzung einer eigenen Pflicht zur Abgabe der Erklärung[71] (s. dazu näher Rn. 108 ff. und § 369 Rn. 42 f.).
c) Täterschaft und Teilnahme
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Der Täter beteiligt sich an der eigenen Tat, der Teilnehmer sich an einer fremden Tat. Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nimmt die Rspr. aufgrund einer wertenden Betrachtung der gesamten Umstände vor. Dabei sind für die Täterschaft entscheidend, „der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder doch wenigstens der Wille zur Tatherrschaft“.[72] Das gilt für die aktive Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 genauso wie für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3. Da Unterlassungstäter nur derjenige sein kann, dem steuerliche Pflichten i.S.d. § 370 Abs. 2 bzw. Nr. 3 obliegen, ist insoweit Täter, wer den Taterfolg durch eigene Angaben gegenüber den Finanzbehörden verhindern kann und muss, Teilnehmer hingegen, wer die Tatbegehung eines anderen erschweren kann und muss.[73] Schmuggelt z.B. der A im Auftrag des B Ware des B über die Grenze, so ist A Täter, da er im Zeitpunkt der Tatbegehung, dem Unterlassen der Anmeldung der Ware bei Grenzübertritt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2), die Tatherrschaft hat, auch wenn die unverzollte Einfuhr auf Wunsch des B und in dessen Interesse erfolgt. § 370 setzt nicht voraus, dass die Steuerverkürzung im eigenen Interesse erfolgt. Ob B Mittäter sein kann, ist umstritten. Da ihm keine steuerlichen Pflichten obliegen, käme insoweit nur eine Garantenpflicht nach § 13 StGB aus Ingerenz in Betracht (s. dazu Rn. 108 ff.). Anders wäre die Beteiligung zu beurteilen, wenn der A nicht weiß, dass er zu verzollende Ware einführt und die Anmeldung nur deshalb unterlässt. In diesem Fall wäre A mangels Vorsatzes nicht strafbar, die Tatherrschaft hätte B, der A als undoloses Werkzeug benutzt und demgemäß als mittelbarer Täter handelt (s. dazu auch Rn. 18, СКАЧАТЬ