Aus meinem Leben - 2. Teil. August Bebel
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Название: Aus meinem Leben - 2. Teil

Автор: August Bebel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783966511681

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СКАЧАТЬ ich nicht. Hofstetten war ein schwacher Mann ohne tiefere Einsicht in das Wesen der Dinge, der sich von Schweitzer treiben und mißbrauchen ließ, und den dann Schweitzer wie eine ausgequetschte Zitrone nach einigen Jahren beiseite warf, nachdem Hofstetten sein Vermögen bis zum letzten Rest für den »Sozialdemokrat« und für Schweitzer, der über Jahr und Tag auch an seinem Tische saß, geopfert hatte.

      Die korrekte Haltung des »Sozialdemokrat« währte nicht lange.

      Bereits in Nr. 6 des »Sozialdemokrat« waren in dem Artikel »Das Ministerium Bismarck und die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten« Wendungen enthalten, in denen Schweitzers Sympathie mit der Politik Bismarcks, wenn auch noch sehr vorsichtig, zum Ausdruck kam. Mit der Nr. 14 des »Sozialdemokrat« vom 27. Januar 1865 beginnt dann jene Serie Artikel »Das Ministerium Bismarck«, in denen er die demokratische Maske fallen läßt, was die öffentliche Absage der meisten der eben erst gewonnenen Mitarbeiter zur Folge hatte.

      In dem ersten dieser Artikel wurde ausgeführt:

      »Parlamentarismus heißt Regiment der Mittelmäßigkeit, heißt machtloses Gerede, während Zäsarismus doch wenigstens kühne Initiative, doch wenigstens bewältigende Tat heißt. 'Schmach den Renegaten, die jetzt der Reaktion dienen', rufe man. Sonderbar aber doch, daß diese radikalen Renegaten (deren rasche Abwirtschaftung wir erlebt haben. A.B.) nicht bei Pfordten und Beust (selbstverständlich nicht. A.B.), daß diese radikalen Renegaten gerade bei Bismarck sind.«

      Die Renegaten, die er meinte, waren eben alles Leute, die keinen Beruf zu einem revolutionären Vorgehen in sich verspürten, die sich mit der kapitalistischen Ordnung der Dinge – vorausgesetzt, daß sie überhaupt je deren Gegner waren – abgefunden hatten und sich sagten, daß der Kapitalismus unter der Aegide des märkischen Junkers nicht zu kurz kommen werde, worin sie sich nicht täuschten.

      Im zweiten Artikel Schweitzers hieß es in Betrachtung der Entwicklung Preußens:

      »Von dieser Grundlage aus (dem Kurfürstentum) hat sich sodann der vergleichungsweise junge Staat, vorzugsweise durch das mächtige Genie eines großen Königs und gewaltigen Kriegshelden, eines in jeder Beziehung bewunderungswürdigen Mannes, zu einem ausgedehnten und mächtigen Königreich erweitert.«

      Nach dieser Verherrlichung Friedrichs des Großen, die ein Sybel oder Treitschke tönender nicht betreiben konnte, spendet er auch der Volkserhebung von 1813 ein Lob, die eine glänzende Ausnahme von der Regel preußischer Geschichte sei. »Der Hauptsache nach und alles in allem genommen, ist Preußen das, was es ist, durch die an seiner Spitze stehende Dynastie geworden.«

      Alsdann charakterisiert er das Wesen des preußischen Royalismus.

      »Während ein solcher Geist in den einen deutschen Staaten zwar nicht ohne alle Begründung sein mag, jedenfalls aber alles höheren politischen Ernstes und der tieferen Würde entbehrt, in den anderen Staaten aber geradezu als Karikatur dessen erscheint, was man Royalismus nennt, ist der königliche Geist in Preußen eine wohlbegründete politische Anschauungsweise und Richtung. Denn die Dynastie und in ihr der jedesmalige Regent können mit innerer Berechtigung als der Kulminationspunkt der aufsteigenden Skala der herkömmlichen Elemente, als der Schwerpunkt der in hergebrachten Bahnen rotierenden Kräfte, als Herz und Gehirn des Organismus innerhalb eines Staatsganzen betrachtet werden, welches nur so und unter solcher Voraussetzung seine eigentümliche Wesenheit und seine dermalige Stellung erlangte und erlangen konnte.«

      Des weiteren meinte er noch, daß der preußische Staat in seinem dermaligen Zustand das offenbare Gepräge des Unfertigen, einer noch nicht abgeschlossenen geschichtlichen Entwicklung auf sich trage. Ein Zustand also, der nach Annexionen schreie. Diese Mission, die Preußen in Deutschland habe, sei aber keine deutsche, wie man uns glauben machen wolle, sondern eine preußische.

      Schweitzer kannte also die Natur des preußischen Staates, wie keiner sie besser kennen konnte, seine Schlüsse waren durchaus logisch. Aber um so mehr drängt sich die Frage auf, wie konnte er dann eine Politik unterstützen, die nach seinem eigenen Geständnis undeutsch, weil nur großpreußisch war, und wenn siegreich, die Niederlage der Demokratie bedeutete? Eine solche Politik durfte vom demokratischen Standpunkt aus nicht unterstützt, sie mußte vielmehr auf Leben und Tod bekämpft werden, denn es war der Todfeind der Demokratie, der diese Politik betrieb.

      Schweitzer schließt seinen zweiten Artikel also:

      »Ein wahrhaft preußisches Ministerium, ein solches, welches die aus der Geschichte des preußischen Staates hervorgegangene Wesenheit desselben zu befestigen und weiterzuentwickeln strebt, kann weder in Gemäßheit bloßen Schablonenkonser-vatismus lediglich die stupide Aufrechterhaltung des gerade Vorhandenen beabsichtigen, wie dies konservative Ministerien in Preußen lange getan, noch auch kann es die dem Staate von seiner Geschichte indizierte äußere Politik unter Aufhebung des inneren Charakters des Staates anstreben, wie dies die liberale Partei unter Verleugnung des Machtschwerpunktes von der Krone hinweg in das Abgeordnetenhaus beabsichtigte.«

      Das heißt also in klares Deutsch übersetzt: Die Eigenart des preußischen Staates verbietet einer preußischen Regierung die Einführung eines parlamentarischen Regimes, und wenn ihr Liberalen dennoch danach strebt, so verlangt ihr etwas, was der Natur des preußischen Staates entgegen ist. Begnügt euch also, ein Ornament am Staatswagen zu sein. In der Situation, in der damals die Kammer sich der Regierung gegenüber befand, bedeuteten solche Auslassungen einfach ein In-den-Rücken-fallen der Volksvertretung und eine Unterstützung der Pläne Bismarcks.

      In seinem dritten Artikel führt er zunächst aus: Die Schlußfolgerungen seines zweiten Artikels und die Untersuchungen, die zu denselben führten, seien mehrfach mißverstanden (!) worden. Er wird also jetzt noch deutlicher. Er sagt:

      »Indem Preußen eine Politik verfolge, die zur Annexion der Herzogtümer (Schleswig-Holstein) führen müsse, setze es, die glorreichen Traditionen preußischer Geschichte aus langem Schlummer weckend, an den innersten Kern des preußischen Staatsgeistes seine Hebel an.

      Es ist eine bedeutende Politik, die jetzt in Preußen gemacht wird! ... Wer Annexion anfängt, muß sie durchsetzen. Mehr noch.

      Eine preußische Regierung, die in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts deutsches Land zu annektieren beginnt, eine preußische Regierung, die angesichts der offenkundigen, von Kaiser, Königen und Fürsten feierlich proklamierten Unhaltbarkeit der politischen Verfassung Deutschlands die 'friedericianische Politik' (wie ein großdeutsches Blatt sich ausdrückte) wieder aufnimmt, kann nicht stille stehen nach kleinem Sieg – weiter muß sie auf der betretenen Bahn – vorwärts, wenn nötig mit 'Blut und Eisen'.

      Denn anknüpfen an die stolzesten Traditionen eines historisch erwachsenen Staates und dann feige zurückbeben vor entscheidender Tat, hieße den innersten Lebensnerv eines solchen Staates ertöten.

      Man kann solche Traditionen ruhen lassen – aber man kann sie nicht aufnehmen, um sie zu ruinieren!

      Ein preußischer Minister, der solche Politik für Preußen machte – er verfiele unrettbar den zürnenden Manen des großen Friedrich und dem Gelächter seiner Zeitgenossen.«

      Wie mußte bei dem Lesen solcher Artikel das Herz jedes guten Preußen schlagen; war doch danach Preußen quasi von der Vorsehung vorher bestimmt, der Beherrscher Deutschlands zu werden. Und wie mußten die Herzen der Feudalen einem Manne zugetan sein, der besser als sie alle die »historische Mission« des preußischen Staates darzulegen und zu verherrlichen verstand. Und das sollte unbeachtet und unbelohnt bleiben?

      Was Schweitzer hier schrieb, war aber auch eine Verherrlichung der weiteren Bismarckschen Politik, es war eine förmliche Anpeitschung Bismarcks, auf dem betretenen Wege weiter zu gehen, wäre eine solche noch notwendig СКАЧАТЬ