Aus meinem Leben - 2. Teil. August Bebel
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Название: Aus meinem Leben - 2. Teil

Автор: August Bebel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783966511681

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СКАЧАТЬ gemeinsam gekämpft und gelitten – wir werden auch in Zukunft gemeinsam kämpfen und leiden.«

      So auf die Rührseligkeit spekulierend, rührte er die Mitglieder zu Tränen, und sie vertrauten ihm weiter.

      Wäre es die Feindseligkeit der preußischen Regierung gegen den Verein gewesen, wie Schweitzer wider besseres Wissen schrieb, dann war es jetzt seine Pflicht und Schuldigkeit, den Verein dem Einfluß der preußischen Regierung nach Möglichkeit zu entziehen, zum Beispiel dessen Sitz nach Hamburg zu verlegen, dessen Vereins- und Versammlungsgesetz kein Verbindungsverbot kannte. Außerdem hatte der Verein in Hamburg-Altona seine stärkste Mitgliedschaft, die für die Finanzen des Vereins wie für das Blatt das eigentliche Rückgrat bildete. Auch fehlte es in Hamburg nicht an geistigen Kräften. Statt dessen gründete Schweitzer den neuen Verein unter den Augen der Berliner Polizei, und Berlin wurde dessen Sitz. In Preußen bestand aber das Verbindungsverbot so gut wie in Sachsen, und außerdem verlangte das damalige preußische Vereins- und Versammlungsgesetz, daß die Mitgliederlisten des Vereins aus ganz Deutschland bei dem Polizeipräsidium eingereicht werden mußten. Und wiederum verriet er seine Beziehungen zum Berliner Polizeipräsidium und sein Einverständnis mit der Auflösung, indem er in Nr. 119 des »Sozialdemokrat« sagte:

      »Man habe Berlin als Sitz der Partei gewählt, damit die Polizei fortwährend Gelegenheit habe, sich davon zu überzeugen, daß die Partei ihre Agitation auf Grund und in Gemäßheit der bestehenden Gesetze betreibe.«

      Wie rührend folgsam gegen die liebe Polizei von der Leitung einer demokratischen Partei!

      Wenn je die innige Verbindung zwischen Schweitzer und dem Berliner Polizeipräsidium nachgewiesen werden konnte, so jetzt. Aber nicht allein, daß der Verein nunmehr unter die Kontrolle des Berliner Polizeipräsidiums kam, Schweitzer benutzte auch die Neugründung, um die ihm unbequemen Beschlüsse der Hamburger Generalversammlung aus der Welt zu schaffen und durch die neue Organisation seine Diktatur unumschränkter denn je zuvor zu befestigen. Er verkündete den neuen Plan mit den Worten:

      »Jedenfalls wird dafür gesorgt werden, daß die Einheitlichkeit der Partei durch ganz Deutschland gewahrt werde. Denn diese Einheitlichkeit ist unser bestes Kleinod – sie ist der Grundgedanke der Lassalleschen Organisation, und von dieser werden wir niemals abgehen.«

      So mußte also die beständige Berufung auf Lassalle dazu dienen, seine Autorität aufrecht zu erhalten und den Mitgliedern Sand in die Augen zu streuen.

      Die neue Vereinsgründung fand unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt in einem kleinen Kreise Auserwählter, die mit ihm durch dick und dünn gingen. Das neue Statut enthielt geradezu ungeheuerliche Bestimmungen. So sollte der Präsident sechs Wochen vor der ordentlichen Generalversammlung in Urabstimmung durch die Mitglieder des Vereins gewählt werden, also ehe noch die Generalversammlung gesprochen und dessen Geschäftsführung geprüft hatte. Ein Mißtrauensvotum auf der Generalversammlung war dann wirkungslos, ebenso eine unliebsame Kritik seiner Tätigkeit. Ferner besagte §5 der Statuten:

      »Wenn der Präsident es für dringlich hält, so kann er, vorbehaltlich der in drei Monaten einzuholenden Genehmigung des Vorstandes, alle Anordnungen treffen.«

      Der Vorstand selbst sollte, im Gegensatz zu den Beschlüssen der Hamburger Generalversammlung, wieder über ganz Deutschland verteilt wohnen. Die Generalversammlung sollte eine Statutenänderung nur dann vornehmen können (§7), wenn ein solcher Antrag von 60 Mitgliedern unterzeichnet und drei Monate vor der Generalversammlung beim Vorstand eingereicht worden war. Wo und wie der Verein aufs neue gegründet wurde, darüber hat man nie Sicheres erfahren. Aber die Polizei mußte davon unterrichtet sein, sonst hätte sie den Verein nicht anerkannt. Der organisierte Arbeiter unserer Zeit wird sich bei dem Lesen solcher Vorgänge fragen, wie denn dergleichen möglich gewesen sei und ob denn nicht die ungeheure Mehrheit der Mitglieder des Vereins sich wie ein Mann erhob und gegen solche Ungeheuerlichkeiten protestierte, den Urheber derselben aber sofort von seinem Posten entfernte? Von alledem keine Spur. Mit seinem Blatte beherrschte Schweitzer absolut den Verein; jeder, der wagte aufzumucken, dessen Beschwerde flog in den Papierkorb, und wer in einer Versammlung austrat, der wurde als Verräter an dem Kleinod der Lassalleschen Organisation gebrandmarkt und mit dem Bann belegt. Im Verein war er tot. Ließ aber jemand sich merken, daß er mit Liebknecht und mir sympathisiere, so galt dieses selbst in den Augen der meisten Mitglieder als ein Verbrechen, womöglich größer als Blutschande oder Mord. Das war die Folge der systematisch von ihm betriebenen Verhetzung.

      Doch die Umwandlung in den Anschauungen vollzog sich bei einem Teil der Vereinsmitglieder rascher, als wir damals selbst für wahrscheinlich hielten.

      Unter dem 26. November 1868 veröffentlichte Schweitzer einen langen Aufruf in dem mittlerweile seit dem 10. Oktober vergrößerten »Sozialdemokrat«, der damals 3400 Abonnenten hatte, in welchem er seine Ansicht über die Finanzlage des Vereins darlegte, die durch das Wachstum desselben eine wesentlich günstigere geworden war. Zum Schluß kündigte er an, daß er auf drei Monate »in die Einsamkeit des Gefängnisses wandere«, die er wegen Veröffentlichung einer Broschüre, »Der Arbeitslohn und der Kapitalgewinn«, anzutreten hatte. Er schließt den Artikel mit den Worten:

      »Lassalle sagt in betreff der Organisation, daß alle Einzelkräfte zusammengeschmiedet werden müßten zu einem einzigen Hammer. Die Partei war, als sie mich zu ihrem Führer erkor, der Meinung, daß mein Arm kräftig genug sei, diesen Hammer zu schwingen. Ich will hoffen, daß mir diese Kraft niemals erlahmt.«

      An Selbstgefühl ließen diese Ausführungen nichts zu wünschen übrig.

      Anfang Dezember trat er seine Haft an, er wurde aber bereits gegen Ende Dezember wieder aus dieser entlassen, weil sein Vater schwer erkrankte, der noch vor Ende des Jahres starb. Schweitzer erhielt darauf eine Woche Urlaub zur Ordnung von Familienangelegenheiten. Jetzt spielte sich aber dasselbe ab, was sich 1866 abgespielt hatte, als er auf Urlaub entlassen wurde. Aus der einen Woche wurden viele Wochen Urlaub, und nun begann Schweitzer abermals eine umfassende politische Tätigkeit, als sei der Urlaub ihm nur zu diesem Zweck gewährt worden.

      Am 1. Januar 1869 kündigte der »Sozialdemokrat« an, der Präsident sei noch auf Tage den Geschäften der Parteileitung entzogen. Am 14. Januar veröffentlichte Schweitzer unter den Augen der Polizei im »Sozialdemokrat« eine lange Ansprache an die Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und berief die Generalversammlung des Vereins auf den 27. bis 30. März nach Barmen-Elberfeld.

      Nach normalem Gang hätte Schweitzer dieser Generalversammlung gar nicht beiwohnen können, da um diese Zeit seine Haft noch nicht zu Ende war. Aber er wußte bereits, daß er die Freiheit dazu haben würde. Weiter ordnete er an, daß die Präsidentenwahl sechs Wochen vor der Generalversammlung, zwischen dem 24. Januar und dem 7. Februar stattzufinden habe, wie es die neue, von ihm oktroyierte Organisation vorschrieb.

      Ferner kündigte er die Einberufung einer Konferenz des Vorstandes in einer Stadt Mitteldeutschlands an, in der über die Agitation in Süddeutschland und Sachsen beschlossen werden sollte. Gegen uns nahm der »Sozialdemokrat« jetzt eine noch schärfere Stellung ein, da wir bewußt oder unbewußt im Schlepptau der österreichischen Politik uns befänden. Bemerkt sei hier, daß um diese Zeit Liebknecht wiederholt im »Demokratischen Wochenblatt« Oesterreich gegenüber eine Taktik eingeschlagen hatte, die ich für durchaus verfehlt hielt, was wiederholt zwischen uns zu Meinungsverschiedenheiten führte. Liebknecht war eben ein Mann des Extrems. Wie sein Haß gegen Bismarck und den Nordbund oft die Grenze überschritt, so auch wieder seine Zuneigung zu Oesterreich, dessen liberalem Bürgerministerium er übermäßige Leistungen zutraute. Es war nur natürlich, daß Schweitzer diese Schwäche Liebknechts ausnutzte, wobei ich bemerken will, daß es im Jahre 1867 auch für Schweitzer eine Periode gab, in der er dem Bürgerministerium seine Unterstützung in Aussicht stellte. Er wollte offenbar Hofstetten die Wege in Wien ebnen.

      Im СКАЧАТЬ