Название: BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil
Автор: Harm Peter Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
isbn: 9783811453562
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Hinweis: Man könnte – abweichend vom hier eingeschlagenen Lösungsweg – auf Grundlage der §§ 133, 157 auch eine konkludente Vereinbarung bejahen, derzufolge die Zweifelsregel des § 271 Abs. 2 nicht gelten soll. Dabei wären letztlich dieselben Argumente maßgeblich wie im Lösungsvorschlag oben. Es ist in Prüfungsarbeiten aber regelmäßig klüger, in entsprechenden Fällen eine konkludente Vereinbarung abzulehnen und die entscheidenden Sachargumente bei den „Umständen“ unterzubringen. So kann man der Korrektorin auch zeigen, dass man weiß: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Umstände des Einzelfalls auch ganz unmittelbar – also ohne die Fiktion einer konkludenten Parteiabrede – zu Abweichungen von den Zweifelsregeln des § 271 führen können.
d) Zweifelsregeln (§ 271)
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Wenn weder die Parteivereinbarungen noch gesetzliche Bestimmungen Abweichendes bestimmen und auch die Umstände des Einzelfalls nichts Abweichendes ergeben, kommen die Zweifelsregeln des § 271 zum Tragen. § 271 Abs. 1 regelt sowohl die Fälligkeit als auch die Erfüllbarkeit von Schulden. Beides tritt im Zweifel sofort ein: Der Gläubiger kann die Leistung sofort verlangen (sofortige Fälligkeit), der Schuldner kann die Leistung sofort bewirken (sofortige Erfüllbarkeit). Mit „sofort“ ist aber nicht unbedingt der Zeitpunkt gemeint, zu dem die Leistungspflicht entsteht, so dass der Gläubiger die Leistung „auf der Stelle“ verlangen könnte. Vielmehr kann unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte (§§ 133, 157, 242) eine mit Rücksicht auf die konkreten Einzelfallumstände zu bestimmende Zeitspanne des Abwartens einzuhalten sein.[9]
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Steht der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung, treten Fälligkeit und Erfüllbarkeit frühestens im Zeitpunkt des Bedingungseintritts ein. Denn erst ab diesem Zeitpunkt entstehen die Leistungspflichten aus dem Vertrag.[10]
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§ 271 Abs. 2 regelt Fälligkeit und Erfüllbarkeit für den Fall, dass eine Leistungszeit bestimmt ist. Dann gilt für die Fälligkeit im Zweifel: Der Gläubiger kann die Leistung erst ab dem Zeitpunkt der bestimmten Leistungszeit verlangen. Für die Erfüllbarkeit sieht § 271 Abs. 2 Abweichendes vor. Der Schuldner kann im Zweifel die Leistung auch schon vor der vereinbarten Leistungszeit bewirken. Wer etwa ein zinsloses Darlehen erhalten hat, kann das Darlehen im Zweifel schon vor der bestimmten Leistungszeit zurückzahlen. Wenn der Schuldner einer unverzinslichen Geldforderung dementsprechend vorzeitig zurückzahlt, kann er jedoch gem. § 272 keinen Abzug wegen Zwischenzinsen vornehmen. Mögliche Zinsvorteile des Gläubigers muss der Schuldner in diesem Fall also hinnehmen, da seine Zahlung freiwillig erfolgt.
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Die vorzeitige Erfüllungsmöglichkeit, die § 271 Abs. 2 als Zweifelsregel vorsieht, wird den Parteiinteressen oft nicht gerecht. Deshalb wird beispielsweise in verzinslichen Darlehensverträgen regelmäßig vereinbart, dass die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens ausgeschlossen ist bzw nur unter Zahlung zusätzlicher Entgelte („Vorfälligkeitsentschädigung“) erfolgen darf. Solche Vereinbarungen sind gegenüber der Zweifelsregel vorrangig.[11] Beim verzinslichen Darlehen finden sich auch vorrangige gesetzliche Bestimmungen, die § 271 Abs. 2 verdrängen: So sieht § 488 Abs. 3 S. 3 nur für das nicht verzinsliche Darlehen vor, dass der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt ist. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Erfüllbarkeit der Rückzahlungspflicht grundsätzlich nicht vor Kündigung des Darlehens (vgl dazu die Kündigungsgründe des § 489) statthaft ist. Auch aus den Umständen kann sich ergeben, dass § 271 Abs. 2 nicht zum Tragen kommt: Dazu sei als Beispiel in Erinnerung gerufen, dass der Verkäufer einer Einbauküche diese regelmäßig nicht vor dem vereinbarten Termin liefern darf.[12]
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Zwar kann B die Darlehensvaluta in Fall 23 erst am 23.12. zurückfordern (Fälligkeit), aus § 271 Abs. 2 folgt jedoch, dass, selbst wenn eine Zeit bestimmt ist, der Schuldner die Leistung im Zweifel auch vor dieser Zeit bewirken darf (Erfüllbarkeit). Gemäß § 488 Abs. 3 S. 3 muss das (zinslose) Darlehen dazu nicht gekündigt werden. Folglich steht es A frei, das Darlehen auch schon Ende November an B zurückzuzahlen, insbesondere, weil dieses zinslos)gewährt wurde und B daraus keine Nachteile erwachsen (vgl etwa § 272).
a) § 475 Abs. 1
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§ 475 Abs. 1 S. 1 betrifft den Verbrauchsgüterkauf und dient der Umsetzung der Verbraucherrechte-RL. Die Norm lässt § 271 Abs. 2 unberührt, verdrängt aber § 271 Abs. 1. Gem. § 475 Abs. 1 S. 1 kann der Gläubiger die Leistungen nur unverzüglich (vgl § 121: „ohne schuldhaftes Zögern“) verlangen.[13] Soweit es um Ansprüche des Käufers (Verbrauchers) geht, begründet die Norm gegenüber der sofortigen Fälligkeit nach § 271 Abs. 1 eine Verschlechterung der Verbraucherposition, die jedoch wegen der vollharmonisierenden Wirkung der Verbraucherrechte-RL unvermeidbar war.[14] Immerhin werden auch die Ansprüche des Verkäufers nur unverzüglich fällig. Der unternehmerische Verkäufer muss die Sache allerdings spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss übergeben (§ 475 Abs. 1 S. 2). Für die Erfüllbarkeit gilt abweichend von § 271, dass die Vertragsparteien die Leistungen sofort bewirken können.
b) § 271a (Wirksamkeit von Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen)
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Für die Vereinbarung von Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen gelten die besonderen Regeln des § 271a. Die Norm dient der Umsetzung der Zahlungsverzugs-RL.[15] Sie dient der Zahlungsdisziplin im Geschäftsverkehr und soll vor allem kleine und mittlere Unternehmen schützen, für die verspätete Zahlungen vor allem auch in ihrer Kumulation mit existenzbedrohenden Gefahren einhergehen.[16] Dieser Schutzzweck spiegelt sich auch in § 271a Abs. 6: Die Normen bieten Entgeltgläubigern einen zusätzlichen Schutz, so dass sonstige Vorschriften, aus denen sich Beschränkungen für Vereinbarungen über Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen ergeben, unberührt bleiben. Solche Vorschriften sind insbesondere die § 308 Nr 1a und b. Vereinbarungen, die den Grenzen des § 271a standhalten, sind also nicht ohne weiteres wirksam; sie können vielmehr auch nach anderen Vorschriften unwirksam sein. Wenn Fristvereinbarungen gegen § 271a Abs. 1-3 verstoßen, sind sie gem. § 271a Abs. 4 unwirksam. Daraus folgt, dass das Entgelt sofort fällig wird (§ 271 Abs. 1). Die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen bleibt davon unberührt (§ 271a Abs. 4). Nur das entspricht dem Schutzzweck der Norm, da den Entgeltgläubigern ja nicht daran gelegen sein kann, dass die Anspruchsgrundlage für ihre Entgeltforderungen gänzlich entfällt.
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§ 271a erfasst individualvertragliche Vereinbarungen ebenso wie AGB. Für letztere gelten zusätzlich die Anforderungen der §§ 307 ff. Insbesondere sehen die §§ 308 Nr 1a und Nr СКАЧАТЬ