Die geteilte Seele. Iris Zachenhofer
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Название: Die geteilte Seele

Автор: Iris Zachenhofer

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783990013588

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СКАЧАТЬ sagte sie einmal zu mir. »Wenn ich Hilfe nötig habe, dann frage ich danach.«

      Der Typ Sophie, den die Wissenschaft veraltet und so wenig schmeichelhaft, dass es irreführend klingt, »schizoid« nennt, ist unbestechlich, lässt sich nicht blenden und viele empfinden ihn deshalb als lästig. »Ihre Ergebnisse können nicht stimmen«, hatte der Oberarzt einmal zu Sophie gesagt, nachdem sie Messungen an einem Hirntumor nach einer Strahlentherapie durchgeführt hatte. »Es ist unmöglich, dass ein Tumor nach der Bestrahlung größer ist als davor.«

      Sophie hatte sich aber bereits mit der Sache befasst und war auf einen Beitrag in der renommierten neurochirurgischen Zeitschrift Neurosurgery gestoßen, deren Reviewern ebensolche Fälle auch schon aufgefallen waren, eine entsprechende Studie war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht publiziert. Tumore, die nach der Bestrahlung anschwollen, gab es tatsächlich. Es hatte anscheinend jemanden wie Sophie gebraucht, damit dieses Wissen öffentlich gemacht werden konnte.

      Der Typ Sophie ist somit sachlich, analytisch und bevorzugt Berufe, bei denen er möglichst wenig Kontakt mit anderen Menschen hat. Unter uns Ärzten sind es oft Wissenschaftler, Radiologen oder Chirurgen, die diesen Typ verkörpern. Ihre Schattenseiten fallen dort weniger ins Gewicht, auch wenn sie sich trotzdem bemerkbar machen: Kühle und Distanz. »Ich interessiere mich nicht für die Lebensgeschichte der Patienten, hatte Sophie einmal im Umkleideraum zu mir gesagt, »ich interessiere mich nur für die neurologische Symptomatik und die MRT-Bilder.« Im Grunde waren Patienten Arbeits- und allenfalls auch Übungsmaterial für sie.

      In privaten Beziehungen fällt es dem Typ Sophie oft schwer, Nähe zuzulassen. Zu groß ist die Angst vor Bindung und der daraus resultierenden Abhängigkeit, welche sich für den Typ Sophie oft so anfühlt, als würde ihn der Partner überrennen. Er braucht viel Zeit für sich allein und viele Freiräume.

      Mit jemandem zusammenzuziehen war für meine ehemalige Kollegin Sophie deshalb nie ein Thema gewesen. »Ich würde es niemals aushalten, wenn ständig jemand an mir kleben würde«, hatte sie einmal zu mir gesagt. »Was kommt denn dann als Nächstes? Gemeinsam in ein Einrichtungshaus fahren oder vielleicht sogar noch heiraten und sich damit komplett aufgeben? Ich könnte niemals die Frau von jemandem sein. Diese Symbiosen, dieses Miteinanderverschmelzen würde mir die Luft zum Atmen nehmen. Allein schon der Gedanke daran macht mich ganz krank.«

      Der Typ Sophie fühlt sich frei und autonom und kann deshalb auch am besten von allen Menschen mit Einsamkeit umgehen. Schließlich ist es für ihn das Wichtigste, niemanden zu brauchen, von niemandem abhängig zu sein und alles allein zu schaffen.

      An Gemeinschaft ist der Typ Sophie deshalb kaum interessiert und gängigen gesellschaftlichen Normen wie »Es ist üblich, dass …« steht er zynisch und ablehnend gegenüber. Er ist Einzelgänger, lebt zurückgezogen, verschanzt sich in seiner Freizeit oft tagelang zuhause und widmet sich am liebsten Büchern oder Musik.

      Der Typ Sophie hat so auch eine gewisse Vorliebe für Anonymität. Er meidet kleine Buchgeschäfte, in denen ihn Verkäufer beobachten, um ihn im richtigen Moment anzusprechen. Da sind ihm große Filialen lieber, auch wenn er dort zehn Minuten lang einen Verkäufer suchen muss, wenn er dann doch einen braucht.

      Als Arzt auf Kongressen oder Tagungen gehört der Typ Sophie zu denjenigen, die sich zu Mittag oder an den Abenden, wenn die anderen gemeinsam essen gehen oder etwas unternehmen, komplett zurückziehen. Denn meist versteht sich der Typ Sophie nur mit wenigen richtig gut und hat deshalb keine Lust auf große Runden. Es belastet ihn schon genug, bei solchen Gelegenheiten den ganzen Tag mit Kollegen verbringen zu müssen.

      »Bei den Jahrestagungen der Neurochirurgen wäre es mir jedes Jahr das Liebste, ich könnte unsichtbar sein«, erzählte mir Sophie einmal. »Dann könnte ich mir in Ruhe die Vorträge anhören, ohne ständig Small Talk führen zu müssen. Dann könnte ich auch in Ruhe durchs Ausstellungsgelände gehen, ohne dass mich ständig Pharma-Vertreter anquatschen.«

      Nach einem Kongress in München meinte sie: »Der beste Abend war der mit dem Abschiedsdinner. Da sind die ganzen neurochirurgischen Trotteln fein ausgegangen und ich konnte mich in aller Ruhe in ein gemütliches Wirtshaus setzen, ohne ständig eines dieser blöden Gesichter sehen zu müssen.«

      Jemand hatte einmal von Sophie behauptet, sie würde Friseuren und Taxifahrern Trinkgeld fürs Schweigen geben. Ich konnte mir gut vorstellen, dass das stimmte.

      Die guten Eigenschaften der inneren Sophie: Sie ist stark, unabhängig, direkt, realistisch, selbstständig, authentisch, hartnäckig und lässt sich nicht täuschen.

      Die schlechten Eigenschaften der inneren Sophie: Sie ist distanziert, kühl, emotionslos, grob, unsensibel, wenig einfühlsam, abweisend und unnahbar.

      Mit einer dominanten Sophie …

      … haben wir den dringenden Wunsch, einmalige Einzelwesen und unverwechselbare Individuen zu sein. Wir versuchen, so unabhängig wie möglich zu sein und ja niemanden zu brauchen. Wir distanzieren uns gerne von unseren Mitmenschen, halten Abstand, vermeiden vertraute Nähe, haben Angst, uns zu öffnen, uns hinzugeben und sind misstrauisch und überaus rational. Nähe, Sympathie oder Zuneigung erleben wir leicht als Bedrohung.

      Wir entwickeln das Bedürfnis, unverletzbar zu sein und unsere Gefühle kontrollieren zu müssen. Zu diesem Zweck legen wir uns eine Fassade zu, hinter die niemand mehr blicken kann. Von außen wirken wir distanziert, kühl und sachlich, aber allzu leicht auch schroff und seltsam. Kein Wunder, dass wir mit dieser Prägung leicht Singles bleiben.

      Mit einer besonders schwach ausgeprägten Sophie in uns …

      … haben wir Probleme damit, uns als unabhängig von anderen wahrzunehmen. Wir fühlen uns schnell einsam und sind am besten immer von vielen Menschen umgeben. Unsicherheit gegenüber unseren eigenen Gedanken und Überzeugungen führt dazu, dass wir uns stark an den Meinungen anderer orientieren.

      In der Arbeit fragen wir häufig, wie genau eine bestimmte Tätigkeit gemacht werden sollte und ob wir auch alles richtig machen. Dies kann in anderen den Eindruck entstehen lassen, wir wären unsicher, unselbstständig oder sogar inkompetent.

      In einer Beziehung zeigt sich ein ähnliches Muster. Wir haben es am liebsten, wenn unser Partner uns genau sagt, was wir machen sollen. Getrieben von unserer eigenen Unsicherheit und Unselbstständigkeit suchen wir die permanente Bestätigung des Partners und wären am liebsten zu jeder Zeit mit ihm zusammen.

      Diese Faktoren können oft erdrückend für den Partner sein, da er das Gefühl haben kann, die Verantwortungs- und Entscheidungsgewalt auf seinen Schultern tragen zu müssen.

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