Des Girolamo Cardano von Mailand eigene Lebensbeschreibung. Hieronymus Cardanus
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СКАЧАТЬ in der viele Fürstlichkeiten und Kardinäle die erste Rolle spielten, nicht von vornherein ablehnte und mich der Sache ganz entzog. Nur aus ängstlicher Bescheidenheit nahm ich damals an; als die Akademiker aber, mit allen Insignien bekleidet, dem König vorgestellt werden sollten, lehnte ich für meinen Teil ab und erklärte offen, dass ein derartiger Pomp meinem Charakter nicht entspreche. Bezüglich der Tugend im Allgemeinen habe ich nichts anderes zu sagen, als was schon Horaz gesagt hat:

      »Tugend heißt das Laster fliehen.«86

      Nie habe ich mit einem Freunde gebrochen, und war es dennoch einmal wider meinen Willen zum Bruch gekommen, so habe ich nie Geheimnisse ausgeschwatzt, die ich als Freund erfahren – wie ich denn überhaupt mir niemals fremdes geistiges Eigentum angeeignet habe –, und habe auch nie dem mir Verfeindeten frühere Äußerungen vorgehalten, ein Punkt, in dem ein Aristoteles manches, ein Galenus, der bis zu den hässlichsten Streitereien sich hinreißen ließ, sehr viel gesündigt hat. Nur dem Plato stehe ich in dieser Sache nach. Ein Vorbild in dieser Tugend hatte ich an Andreas Vesal, einem vornehm ruhigen Charakter, der, von Matteo Curzio87 durch kleinliche Angriffe gereizt, gleichwohl dessen nie tadelnd erwähnen wollte. Auch habe ich, stets von reinem wissenschaftlichem Interesse beherrscht, den Curzio seiner Gelehrsamkeit wegen nie beneidet. Und wenn er mich auch als Dieb verschrien hat, weil ich einmal ein Pfand von ihm zurückbehielt für eine Geldsumme, die er mir ohne Zeugen versprochen hatte, so hat er doch, als er nach Pisa übersiedelte und der Senat der Universität von Pavia ihn frug, ob ich wohl geeignet sei, seine Stelle einzunehmen, geantwortet: »Mehr als irgendein anderer.« Und da der Senat wohl wusste, dass wir uns nicht versöhnt hatten, erteilte er mir den Lehrauftrag, den Curzio innegehabt. Zu meinen guten Eigenschaften gehört auch zweifellos, dass ich von frühester Jugend an niemals eine Lüge gesprochen, dass ich Armut, Verleumdungen und so viel anderes Unglück ertragen habe und dass man mit einigem Rechte mich niemals der Undankbarkeit bezichtigen konnte. Doch schon zu viel des Selbstlobes!

      FÜNFZEHNTES KAPITEL

      Von meinen Freunden und Gönnern

      Mein erster Jugendfreund war Ambrogio Varadeo, mein Genosse im Schachspiel und im Musizieren; Ähnlichkeit des Charakters hatte uns zusammengeführt. In späteren Jugendjahren war ich dann vor allem befreundet mit Prospero Marinoni aus Pavia, mit dem Mailänder Ottaviano Scotto, der mir oft mit Darlehen aus Geldverlegenheiten geholfen hat, und mit Gaspare Gallareato. Während meines Aufenthaltes im Städtchen Sacco verband mich eine enge Freundschaft mit Giovanni Maria Mauroceno, einem venezianischen Adligen, und mit dem Drogisten Paolo Illirico. Nach meiner Rückkehr nach Mailand gewann ich die Freundschaft des dortigen Erzbischofs, Filippo Archinti, der mich dann mit Lodovico Madio bekannt machte, dessen Unterstützung ich bedurfte und genossen habe. Unter manchen anderen lernte ich zu Mailand den Juwelier Girolamo Guerrini kennen, von dem ich viele Geheimmittel erfuhr, über die ich später in meinen Büchern berichtet habe, aber nicht in der Art der Plagiatoren, die aus fremden Büchern ihre Weisheit zusammenstehlen. Durch Guerrini wurde ich auch bei dem Florentiner Francesco Belloti eingeführt. Des Weiteren befreundete ich mich mit dem Rechtsgelehrten Francesco della Croce, einem angesehenen, wackeren Manne, der auch in der Mathematik Bescheid wusste und dessen Hilfe ich sehr viel verdankte, als es sich um meine Aufnahme in das Kollegium der Ärzte handelte. Durch die Vermittlung des Drogisten Donato Lanza wurde ich mit dem Senator von Cremona, Francesco Sfondrati, befreundet, der später Kardinal wurde; und durch diesen wiederum machte ich die Bekanntschaft des Giambattista Speciario, der gleichfalls von Cremona gebürtig und Vorstand des dortigen Kriminalgerichtshofes war, ein gebildeter und überaus tüchtiger Mann, durch den ich dem Gouverneur von Mailand und Kommandanten der kaiserlichen Armee, Alfonso d'Avalos88, vorgestellt wurde. Sfondrati war es auch, der mir die Stelle eines Dozenten der Medizin in Pavia verschaffte.

      Später schenkte mir Andrea Alciati89 seine Freundschaft, jener berühmte Jurist und glänzende Redner, und nach ihm sein Neffe Francesco Alciati90, der jetzt Kardinal ist. Einige Zeit darauf lernte ich noch zwei andere Kardinäle kennen, den Giovanni Morone und den Pietro Donato Cesi. Und auf dem Mäzenat dieser drei Kardinäle ruht heute meine Lebensstellung. Ein vierter Kardinal, mit dem ich befreundet bin, ist Christoforo Madruzzo91, Bischof von Trient, der Sprössling eines hocherlauchten Fürstengeschlechts, der wie kein Zweiter mich mit Wohltaten überhäuft und freigebig ist gegen jedermann.

      Dann stand ich – um wieder von Freunden zu sprechen, die mir gleichgestellt waren, – in herzlichem Verkehr mit Panaetius Benevento aus Arezzo, dem allertrefflichsten Manne, und diese Freundschaft, die nur auf der eigenen Kraft unserer Zuneigung ruhte, schien mir würdiger und köstlicher als alle anderen, die für mich mit finanziellen Vorteilen verknüpft waren. In Rom war ich befreundet mit dem ehrwürdigen Bischof Taddeo Massa, einem ebenso hochintelligenten Kopf als reinen Charakter, und schon früher mit Giovanni Meone, einem der Räte des Dom Ferrante Gonzaga92, Gouverneurs von Mailand und Generals der kaiserlichen Armee. Auch mit den Kardinälen Carlo Borromeo93 und Marco Antonio Amulio94, einem Venezianer, zwei ganz ausgezeichneten Männern, war ich befreundet und mit noch so viel anderen, dass es zu viel wäre, sie alle aufzuzählen. Dem Einfluss der angesehenen Kardinäle Borromeo und Alciati verdanke ich es auch, dass ich, als ich nach Bologna kam, Medizin zu dozieren, die Freundschaft des ganzen dortigen erlauchten Senats gewonnen habe; denn diese edlen Herren sind ganz staunenswert gefällig und liebenswürdig und ebenso klug als vornehm.

      Von den Ärzten, die ich kannte, verband mich ein besonders freundschaftliches Wohlwollen mit Camillo Montagnani und Aurelio Stagni, beide aus Modena gebürtig, von untadelhafter Lebensführung und nicht geringer Bildung, des Weiteren mit dem Mailänder Melchiorre della Valle und mit Toma Iseo aus Brescia; ich habe freilich darum auch die schwersten Feindschaften auf mich genommen. In England lernte ich an vornehmen Männern vor allem den Sir John Cheke, den Jugendlehrer des späteren Königs Eduard VI.95, kennen und den Franzosen Claude Laval, Herrn von Boisdauphin, der damals Gesandter seines Königs am englischen Hofe war. Von den Bürgern unserer Stadt schuldete ich nicht wenig Dank der unvergleichlichen Tüchtigkeit des sehr intelligenten Stadtpräfekten Lodovico Taverna. Von den Professoren achtete ich am meisten den Francesco Vicomercato, Professor der Philosophie in Mailand, und den Andreas Vesal, die erste Autorität im Fach der Anatomie. Zwei Freunde meines Vaters verehrte ich besonders in meinen jungen Jahren, den Senatssekretär Agostino Lanizario aus Como und den Schmied Galeazzo Rossi, die beide ich mehrfach schon erwähnt habe; ebenso den Francesco Buonafede, Arzt zu Padua, von dem gleichfalls an anderer Stelle die Rede war. Viele andere sehr gebildete und mir befreundete Männer übergehe ich hier, weil sie auch ohne mein Zutun bekannt genug geworden sind durch ihre Gelehrsamkeit. Ich gebe nur einige Beispiele meiner dankbaren Gesinnung, die dem Leser beweisen sollen, dass ich keinen vergessen habe, dem ich Dank schulde, sodass ich, so viel an mir liegt, gerne jedem dadurch, dass ich ihn hier nenne, einen ewigen Namen schenken würde. Ich nenne also noch den Guillaume Choul, den königlichen Statthalter in Savoyen und in der Dauphine, der ein gelehrter Herr war, und den Bonifazio Rodigino, bekannt als Rechtsgelehrter und zugleich als trefflicher Astrolog, des Weiteren den Giorgio Porro aus Rhätien, den Genuesen Luca Giustiniani und den berühmten Mathematiker Gabriele Aratore aus Caravaggio. Einen ganz außerordentlich regen freundschaftlichen Verkehr pflog ich mit dem Mailänder Arzt und Professor Gianpietro Albuzio, mit Marco Antonio Majoragio96 und mit Mario Gessio aus Bologna.

      Viel aufrichtige Freundestreue, große Dienste und Wohltaten erwies mir auch der kärntische Arzt Lorenz Zehener und der Belgier Adrian. Noch göttlicher aber war die Gunst, die mir der Fürst von Matelica97 schenkte; größer ist sie, als dass ich glauben könnte, sie aus menschlichen Gründen gewonnen zu haben. Ich will hier nicht von des Fürsten seltenen Geistesgaben reden, die einer Königskrone würdig wären; von seiner allseitigen Kenntnis und Bildung, von der Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit seines Charakters, nicht von der Größe seines Vermögens noch von seiner vornehmen Abstammung, von seiner Weisheit, die alle menschlichen Begriffe übersteigt, oder von seiner dankbaren Gesinnung, die nie empfangener Dienste und früherer Beziehungen vergisst. – Was СКАЧАТЬ