Glücklich wollen wir mit Sicherheit sein. Michael Klaus Wernicke
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Название: Glücklich wollen wir mit Sicherheit sein

Автор: Michael Klaus Wernicke

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783429062200

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      Manichäische Gedanken tauchten im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder auf: im 11. Jahrhundert bei den Bogomilen auf dem Balkan, im 12. Jahrhundert bei den „guten Christen“, die von ihren Gegnern Katharer genannt wurden, wovon sich das Wort Ketzer ableitet. Bogomilen und Katharer lehnten das Alte Testament als Beschreibung eines bösen Schöpfergottes ab. Ein hässlicher Seitentrieb des Baumes blühte noch im 20. Jahrhundert: Im November 1933 hielten die sich den Nationalsozialisten anbiedernden Deutschen Christen einen Kongress im Berliner Sportpalast ab, auf dem Reinhold Krause ein „artgemäßes Christentum“ verlangte, eine neue deutsche Volkskirche. Der erste Schritt dazu sei „die Befreiung von allem Undeutschen im Gottesdienst …, Befreiung vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lohnmoral, von diesen Viehhändler- und Zuhältergeschichten“. Lassen schon diese Worte erkennen, aus welchem Schoß die Lehre kroch, so wurde Krause in seiner Rede noch deutlicher: „Wenn wir Nationalsozialisten uns schämen, eine Krawatte vom Juden zu kaufen, dann müssten wir uns erst recht schämen, irgendetwas, das zu unserer Seele spricht, das innerste Religiöse vom Juden anzunehmen“. Dieser hasserfüllte Antisemitismus war natürlich nicht das Motiv, das die Manichäer zur Ablehnung des Alten Testaments bewegte.

      Neben der Abneigung gegen „Viehhändler- und Zuhältergeschichten“, eine Abneigung, die Augustinus mit den Manichäern teilte, fand er bei ihnen die Antwort auf die Frage, woher das Böse stamme und was sein Wesen sei, bei ihnen fand er eine angeblich rationale Welterklärung, die Antwort auf die Frage, „what this whole show is all about“. Sechzehn Jahre später, im Buch über den freien Willen, schrieb Augustinus: „Sag mir, warum wir Böses tun! Du regst die Frage an, die mir im Jugendalter viel zu schaffen machte und mich nach vieler Qual zu den Manichäern trieb und niederzog.“

      Mani lehrte, dass es zwei Urprinzipien gäbe, zwei gleichewige Reiche, das des Lichtes, dessen Herrschaft Gott der Vater innehat, und daneben „das Land der Finsternis, in dem feurige Körper“ wohnen, „Verderben bringende Geschlechter“. Das Böse ist also eine ewige kosmische Kraft, nicht Ergebnis eines Sündenfalls. In der Zeit des Anfangs waren die beiden Reiche getrennt.

      Ein unendlich komplizierter Mythos erzählt von der mittleren Zeit, in der die beiden Urprinzipien in einem Krieg, den natürlich das Reich der Finsternis vom Zaun gebrochen hat, gegeneinander kämpfen und sich vermischen. Kosmos und Welt haben in dieser mittleren Zeit ihren Ursprung und auch die Menschen, die „von gewissen Archonten, Dämonen, aus dem Geschlechte der Finsternis geschaffen wurden …, damit das Licht von ihnen, den Menschen, festgehalten würde und nicht entweichen könne.“ Im Menschen ist also Licht gefesselt, Göttliches, die Seele. Er weiß es aber nicht. Das Wissen bringt ihm Jesus, der Leuchtende. Jesus ist zwar der Leuchtende, ist aber nicht wirklich Mensch. Er ist des materiellen Leibes, des Leibes aus Fleisch und Blut entkleidet, hat nur einen Scheinleib.

      Wie das Licht, das im Menschen, aber auch in anderen Teilen der Schöpfung eingeschlossen ist, befreit werden kann, das lehrt die manichäische Ethik, deren Gebote ein arabischer Schriftsteller des 10. Jahrhunderts, an-Nadīm, aufzählt: Die Sinnenlust und die Habgier sind zu bezähmen, das Essen von Fleisch, das Trinken von Wein und die eheliche Vereinigung muss unterlassen werden, auch darf man dem Feuer und dem Wasser keinen Schaden zufügen und hat man die Zauberei und die Heucheleien zu meiden. Diese Vorschriften sind aber nur von den Auserwählten zu beachten, den Electi. Von den übrigen Anhängern der Religionsgemeinschaft, den Hörern, Auditores, sagt al-Nadīm: „Wenn einer aber die Religion zwar liebt, aber über die Sinnenlust und Habgier nicht Herr werden kann, dann möge er Gewinn in jeder Beschützung der Religion und der Rechtschaffenen suchen und möge an Stelle seiner schlechten Taten Zeiten haben, in denen er gute Werke, fromme Dankbarkeit, Wachen, Fürbitte und Demut übt.“

      Bauern und Handwerker quälten nach dieser Lehre das in Acker und Pflanze, in Stein und Eisen eingeschlossene Licht, wenn sie arbeitend ihrem Beruf nachgingen. Sie vollbrachten aber gute Werke, wenn sie den Erwählten Nahrung reichten. Augustinus schildert das in den „Bekenntnissen“: Er habe denen, die man die Auserwählten und Heiligen nannte, Speise zugetragen, aus der sie ihm in ihrer Bauchküche Engel und Götter zubereiten würden, die ihn befreien sollten. Ich „glaubte, wenn man eine Feige pflückte, so weinten sie und ihr Mutterbaum milchige Tränen; äße aber ein ‚Heiliger‘, ein Erwählter, die Feige, die natürlich von fremder, nicht der eignen Frevelhand gepflückt sein musste, so werde sie seinem Inneren anvermischt, und er enthauche beim Seufzen im Gebet und beim Rülpsen Engel oder vielmehr Teilchen Gottes.“

      Diese Teilchen Gottes sammelten sich auf dem Mond, ließen ihn zunehmen. Wenn er abnahm, gab er die Gottesteilchen an die Sonne ab, von wo sie wiederum in das Paradies flogen. So würde der ursprüngliche Zustand der Trennung von Licht und Finsternis wiederhergestellt. Der letzte Akt dieser Trennung würde ein neuerlicher Krieg zwischen Licht und Finsternis sein. Das Böse würde eingeschlossen werden in eine Kugel und nie mehr das Reich des Lichtes angreifen können.

       Lehrer der Rhetorik

      Inzwischen hatte Augustinus das Studium in Karthago beendet und unterrichtete Rhetorik in seiner Heimatstadt Thagaste. Während er also in Karthago Cicero las, sich der Philosophie näherte, war er zugleich überzeugter Manichäer, was unter den Intellektuellen der Zeit als schick galt. Wie die Sektierer jeder Couleur versuchte auch er geschwätzig Menschen zu seiner Ansicht zu bekehren. Seiner Mutter Monnica ging er so auf die Nerven, dass sie ihm das Haus verbot. Erst als sie durch einen Engel im Traum getröstet wurde und ein Bischof, der ihrer Klagen schon ein wenig überdrüssig geworden war, ihr sagte: „Nun geh und lass mich! So wahr du lebst, es ist unmöglich, dass ein Sohn solcher Tränen verlorengeht“. Auf diesen, wenn auch vielleicht etwas mürrisch gegebenen Trost hin nahm sie ihn wieder auf. Zuvor hatte er bei seinem Gönner Romanianus Unterschlupf gefunden, den er dann auch zum Manichäismus bekehrt hatte. Der Freund Alypius ließ sich ebenfalls von Augustins Ansichten überzeugen. Ebenso folgte ihm ein junger Mann, der ihm aus seiner Kindheit bekannt war, mit dem er in die Schule gegangen und mit dem er gespielt hatte. Jetzt schloss er mit ihm, dessen Namen er nie nennt, innige Freundschaft.

      Dieser Freund erkrankte am Fieber, lag geraume Zeit bewusstlos, „und da man ihn schon aufgab, ließ man ihn taufen“. Er überstand die Krankheit und als sie wieder miteinander reden konnten, machte Augustinus sich über die Taufe lustig, weil er sich sicher war, dass auch der andere das, was in seiner Bewusstlosigkeit an ihm geschehen war, nicht ernst nehmen würde. Jedoch erschauerte der Freund vor ihm „wie vor einem Feind, und mit erstaunlichem, jähem Freimut verbat er sich solches Gerede“. Augustinus war verblüfft, glaubte, der andere würde, wenn ganz gesund, sich der alten religiösen Überzeugung wieder zuwenden. „Allein er ward meinem Aberwitz entrissen, um in Dir, Gott, bewahrt zu sein zu meiner Aufrichtung.“ Wenige Tage danach erlitt der Freund einen Rückfall und starb.

      Augustinus war vor Schmerz außer sich, die Heimat wurde ihm zur Qual, da jede Straße, jeder Platz, jedes Haus, in dem sie sich aufgehalten hatten, Erinnerungen wachrief, die ihn peinigten. Eine zerrissene und blutende Seele schleppte er mit sich herum, weswegen er den Schmerzen nicht entfliehen konnte, denn er konnte nicht seiner Seele, nicht sich selbst entfliehen. Gleichwohl floh er, floh aus der Heimat, verließ Thagaste und ging nach Karthago.

       Wieder in Karthago

      Die Zeit heilte seine Wunde, die neue Umgebung brachte neue Eindrücke und neue Freunde, was er im Vierten Buch der „Bekenntnisse“ schildert, neue Freunde, die liebten, was er liebte, „die ungeheuerliche Fabelei“ und „das weitschichtige Truggeschwätz“, die Lehren Manis, des angeblichen Apostels Jesu Christi. Stärker aber als der gemeinsame Glaube zogen andere Dinge sein Gemüt zu den Freunden:

      „mitsammen plaudern und mitsammen lachen und sich einander gefällig erzeigen;

      gemeinsam schöne СКАЧАТЬ