Название: Die Heilkraft christlicher Rituale und Symbole
Автор: Dr. Norbert Weidinger
Издательство: Bookwire
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783863745783
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Impuls
Der poetische Text des deutschen Priesters und Lyrikers Wilhelm Willms hat uns geholfen, als wir vor der Frage standen: Wie können wir uns Heilungen, zeichenhafte Handlungen Jesu vorstellen? Vielleicht lässt dieser Text auch Sie erahnen, welche Art von Beziehung Jesus mit Hilfe suchenden Menschen aufgebaut und auf welche Art er ihnen geholfen hat.
IST DAS WAHR
wußten sie schon
daß die nähe eines menschen
gesund machen
krank machen
tot und lebendig machen kann
wußten sie schon
daß die nähe eines menschen
gut machen
böse machen
traurig und froh machen kann
wußten sie schon
daß das wegbleiben eines menschen
sterben lassen kann
daß das kommen eines menschen
wieder leben läßt
wußten sie schon
daß die stimme eines menschen
einen anderen menschen
wieder aufhorchen läßt
der für alles taub war
wußten sie schon
daß das Wort
oder das tun eines menschen
wieder sehend machen kann
einen
der für alles blind war
der nichts mehr sah
der keinen sinn mehr sah in dieser welt
und in seinem leben
wußten sie schon
daß das zeithaben für einen menschen
mehr ist als geld
mehr als medikamente
unter umständen mehr
als eine geniale operation
(…)
als jesus
den tauben heilte
da ist er mit dem finger
in dessen ohren gegangen
er blieb nicht auf distanz
jesus ist ganz dicht
an den tauben herangegangen
und hat gesagt ▷
komm laß mich mal an deine ohren heran
und dann hat jesus mit dem finger
in seinen ohren gebohrt
die waren nämlich total verstopft
jesus hat den gehörgang des tauben
frei gemacht
von floskeln
von lügen
von allgemeinplätzen
von vorurteilen
ganz tief drinnen17
Wilhelm Willms
Die Spuren der Transzendenz, die Symbolsprache des christlichen Glaubens sind tief verwurzelt in der Gestalt, den Worten und Taten Jesu, seinem Leben, seinen Gleichnissen, Ich-bin-Worten und Zeichenhandlungen, seiner Art zu beten, von Gott zu sprechen. So ist er für uns Vorbild geworden im Glauben, im Beten und in gottesdienstlichen Ritualen bis auf den heutigen Tag. Wir beten noch immer das Vaterunser, feiern das Abendmahl, die Eucharistie, die Taufe, die Krankensalbung. Diese Feiern sind das Wertvollste, was Jesus uns hinterlassen hat mit der Verheißung, unter diesen Symbolzeichen und Ritualen wirkmächtig und heilend gegenwärtig zu sein. Die Sakramente des christlichen Glaubens sind für Christen und Christinnen wirksame Zeichen seiner Transzendenz im Heute. Allerdings müssen sie in jede Zeit und Generation hinein neu übersetzt, nicht nur als alt-ehrwürdige Museumsstücke weitergegeben werden, sondern als wirkungsvolle Zeichen der Nähe Gottes. Ihre Wirkung schafft eine neue Wirklichkeit, wie wenn zwei Menschen sich aus ganzem Herzen zusprechen: »Ich liebe dich.« Vergleichbares geschieht, wenn Menschen zu Gott beten (z. B. das Vaterunser): Dann ist der Ich-bin-da mitten unter uns, und sein Reich wächst unter und mit uns. Auf die gleiche Weise wirkt unter Christen die Bitte um Gottes Segen heilsam.
Quellen der Heilkraft
Sehr viele Menschen – auch Christen – gehen davon aus, dass die Natur Heilkräfte in den Urelementen Wasser, Feuer, Luft und Erde birgt, auch in Heilpflanzen und Bäumen. Eine beredte und unumstrittene Zeugin dafür ist Hildegard von Bingen. Allerdings verweist sie zugleich auf einen ausschlaggebenden Unterschied: Aus dem Verständnis des christlichen Glaubens heraus verdankt sich jede natürliche Heilkraft der Schöpferkraft Gottes, eines – gemäß der Botschaft Jesu – wohl-wollenden Gottes. Auch in der Bibel (Weish 11,26) wird Gott »Freund des Lebens« genannt. Er ist die erste Quelle aller Energie und Heilkraft.
Mit dem ersten Pfingsten (Apg 2,1–42) kommt eine weitere Quelle in den Blick: der Heilige Geist, der göttliche Funke, der sich in jedem Menschen niederlässt in Taufe und Firmung. Hildegard von Bingen preist ihn mit den Worten:
»O du Feuergeist und Tröstergeist, Leben des Lebens aller Geschöpfe, heilig bist du, der du lebendig machst die Gestalten. Du Heiliger, mit deiner Salbe rettest du die Verletzten. Heilig bist du, durch deine Reinigung heilst du die eitrigen Wunden. O du Hauch der Heiligkeit, o du Feuer der Liebe, … beschütze alle, die vom Feind in die Kerker geworfen wurden, befreie, die in Banden liegen, mit göttlicher Kraft willst du sie ja retten. … Du bringst auch immer wieder die Menschen zur Einsicht, beglückst sie durch den Anhauch der Weisheit … du Freude des Lebens, du Hoffnung und mächtige Ehre, du Schenker des Lichts. Amen.«18
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