Tod oder Taufe - Die Kreuzfahrer am Rhein. Jakob Matthiessen
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Название: Tod oder Taufe - Die Kreuzfahrer am Rhein

Автор: Jakob Matthiessen

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783839269923

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СКАЧАТЬ hatte seine Ordnung, er konnte loslassen, die Dinge geschehen lassen. Geradezu heiter war ihm, als er zur zwölften Bitte kam.

      »Den Verleumdern sei keine Hoffnung,

      und alle Ruchlosen mögen im Augenblick untergehen,

      alle mögen sie rasch ausgerottet werden,

      und die Trotzigen schnell entwurzle, zerschmettere, wirf nieder

      und demütige sie schnell in unseren Tagen.

      Gelobt seist Du, Ewiger,

      der Du die Feinde zerbrichst und die Trotzigen demütigst!«

      Das Gebet entglitt ihm erneut. Die Auseinandersetzungen mit Mosche kamen ihm in den Sinn, der auf einer anderen, schärferen Version der zwölften Bitte beharrte. Die freche Regierung mögest du eilends ausrotten in unseren Tagen, so sollte es im Gottesdienst heißen, und, schlimmer noch, die Nazarener und die Ketzer mögen umkommen in einem Augenblick. Warum diese Unversöhnlichkeit, die nur neuen Hass erzeugte? All die zähen Diskussionen im Rat kochten in ihm hoch. Er hatte sie so satt.

      Erneut konnte Chaim seine Gedanken bezwingen und kam zurück in den Fluss, in das Schweben, das er gerade heute so ersehnte, das er gerade jetzt brauchte. Und so fiel alle Last des Tages von ihm ab, und er beendete das Gebet, wenn auch nicht glücklich, so doch ruhiger, gelassener.

      »Verleihe Frieden, Glück und Segen, Gunst und Gnade und Erbarmen

      uns und ganz Israel, Deinem Volke, segne uns, unser Vater,

      uns alle vereint durch das Licht Deines Angesichts,

      denn im Lichte Deines Angesichtes gabst du uns, Ewiger, unser Gott,

      die Lehre des Lebens und die Liebe zum Guten.«

      Er blieb einen Moment sitzen, genoss den warmen Abend und schaute hinaus in Richtung des mächtigen Flusses, der ruhig und kraftvoll sein Wasser hin zum großen Meer fließen ließ.

      Chaim stand auf, füllte Wasser aus dem Tonkrug neben der Kommode in die große Schale auf der marmornen Platte und entkleidete sich. Mit einem Lächeln zog er die oberste Schublade auf und nahm einen der gelben Schwämme heraus. Sündhaft teuer waren diese toten Überreste von seltsamen Lebewesen, für die Taucher an den Küsten Griechenlands sich tief ins Meer vorwagen mussten. Es gab sie nur bei Schmuel, und das wusste der schlaue Kerl auszunutzen. Chaim hasste das Feilschen, aber in diesem Fall konnte er nicht anders. Er hatte Jehudith mit diesem porösen und gleichsam weichen Wirrnis zu ihrem Hochzeitstag überrascht – und Schmuel schließlich mit einem Satz Gläser bezahlen müssen.

      Freudig hatte Chaim ihr gezeigt, wie diese gelben Ballen das Wasser in sich aufnahmen und wie weich man mit ihnen über die Haut streichen konnte. »Das Dreißigfache seines Gewichtes saugt ein solcher Schwamm auf«, hatte er ihr stolz verkündet. Jehudith hatte ihn ausgelacht, weil er immer so exakt mit Zahlen war. Aber ihr Lachen war in Liebe getaucht gewesen, sie hatte sich riesig gefreut.

      Chaim musste an all dies denken, als er den weichen Ballen in die Schale tauchte, der sofort begann, das Wasser gierig in sich aufzunehmen.

      Er rieb sich gründlich ab. Das kühle Wasser erfrischte ihn, zog ihn hinaus aus der seligen Gleichmut, in die ihn das Gebet geführt hatte. Er genoss seine Nacktheit und verzichtete darauf, sich abzutrocknen. Stattdessen setzte er sich auf den Hocker am Fenster und betrachtete den langsam dunkler werdenden Himmel durch das offene Fenster.

      Die Sterne gossen ein zartes Leuchten über die Stadt aus, während sich die Geräusche des Hafens nach und nach in der Stille der Nacht verloren.

      An diesem lauen Maiabend trocknete seine Haut rasch. Er setzte sich auf das Bett, in dem David, Hannah und Benjamin gezeugt und geboren worden waren. Mit dem Rücken lehnte er sich an das hölzerne Kopfende, zog sich die helle Leinendecke über seinen Körper und wartete in freudiger Erregung auf seine Frau.

      Am Bach bei Peters Heim

      Peter ging zunächst zum Bach, mit einem kurzen Wiehern kam Lene auf ihn zugetrabt. Längst wäre es für das Kaltblut an der Zeit gewesen, im Stall zu sein. Nach all den Stunden allein sehnte sich die Stute nach der Wärme der anderen Tiere. Peter nahm den Zügel und zog Lene mit sich, ohne ihr braunes Fell zu streicheln, wie es sonst seine Gewohnheit war. Vom Stall ging er in das gedrungene Grubenhaus, rollte sich in eine Decke ein und drehte sich zur muffigen Holzwand.

      Nun merkte Peter, wie die schwere Arbeit auf dem Acker ihm in den Knochen steckte. Und die Ohrfeige seines Vaters hatte sich wie ein Brandzeichen in seine Seele eingeprägt.

      Er konnte nicht einschlafen. So viele Eindrücke waren heute auf ihn eingestürzt. Der Strom von Pilgern. Dieser seltsame Fremde in der roten Kutte, der gar seinen Namen kannte. Und dann dieser demütigende Schlag, das laute Klatschen der Hand seines Vaters in seinem Gesicht.

      Mainz – in Jehudiths und Chaims Haus

      Nach einiger Zeit vernahm Chaim Jehudiths leise Schritte, die die Treppe hinaufkamen. Als sie die Schlafkammer betrat, setzte er zu einer freundlichen Begrüßung an. Doch legte seine Frau einen Finger auf die Lippen und flüsterte ihm zu: »Die Kinder schlafen endlich alle.« Behutsam schloss sie die Tür und setzte sich zu Chaim aufs Bett. »Nun erzähl mir in allen Einzelheiten, was ihr im Rat besprochen habt?«

      Chaim zögerte zunächst. Dann sagte er: »Ein Heer der Unbeschnittenen hat in Speyer für Unruhe gesorgt.«

      »Christenkämpfer? Darüber gab es viel Gerede in der Gemeinde, einige denken sogar an Flucht. Das erschien mir jedoch alles sehr aufgebauscht«, bemerkte Jehudith. »Die wollen doch Jerusalem erobern. Warum Speyer? Geht es darum, Leute anzuheuern oder Geld zu erpressen?«

      »Wahrscheinlich beides. Jedoch haben sie dort elf der Unseren ermordet.«

      Jehudith sog scharf Luft ein. »Das ist ja furchtbar.« Sie schwieg einen Moment. »Also ist doch etwas dran an dem, was die Leute reden.«

      »Die Mörder wurden jedoch, dem Ewigen sei Dank, von Bischof Johann bestraft.«

      »Das ist gut. Das hat diese Irren hoffentlich gelehrt, unsereinem Respekt zu zollen.«

      Chaim schnaubte. »Sie haben wohl einige der Unseren zu ihrer Taufe gezwungen. Aber als das Heer weiterzog, erlaubte der Bischof unseren Brüdern und Schwestern, zum Glauben an den Einen zurückzukehren.«

      »Dann scheint es ja nicht ganz so schlimm zu sein.«

      »Ich bin jedenfalls besorgt.«

      »Speyer wird diesen Teufeln hoffentlich eine Lehre sein.« Jehudith betrachtete ihren Mann. Ihre Lippen kräuselten sich. »Hab keine Angst, der Eine wird uns beschützen. Erzähl mir lieber, was du mit Raimund übersetzt hast.«

      Jehudiths Augen leuchteten vor Neugierde.

      Chaim war dankbar, dass seine Frau das Thema wechselte. Er wollte sie nicht noch mehr belasten, und auch er sollte sich die Zukunft nicht allzu schwarz malen. Jehudith würde sicher recht behalten, schließlich schien die Sache in Speyer aufgrund des Eingreifens des Bischofs einigermaßen glimpflich ausgegangen zu sein.

      So kam es ihm gelegen, dass er ihr nicht von dem Heer vor Worms erzählen musste. »Wir waren ja leider wegen der Sitzung des Rates gezwungen, СКАЧАТЬ